Teure 11en, die helfen. Wer zahlt? Wir, oder?

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  • Letzter Beitrag 20 Januar 2020
Dr. Günter Gerhardt schrieb 19 Januar 2020

 Ein großer Aufreger sind „die Elfen, die helfen“. Nicht nur die Werbung für die 11 6…11 7 ist misslungen, sondern auch die Umsetzung. Seit 1. Januar 2020 helfen die 11en rund um die Uhr, also 24 Stunden, an 365 Tagen und Nächten im Jahr, aber nicht nur akut im Erkrankungsfall (gemeint und gewollt ist wohl die Zeit außerhalb der Sprechstundenzeiten, was von vielen Patienten aber anders verstanden wird, nämlich immer), sondern auch auf der Suche nach einem Termin bei einer Ärztin, einem Arzt  jedweder Fachrichtung für die der Patient entweder bereits eine Überweisung in den Händen hält oder es wird mithilfe einer Software eine qualifizierte Ersteinschätzung durchgeführt, über die Patienten in die richtige medizinische Versorgungsebene geführt werden (sollen). Das Wecken von Begehrlichkeiten hat in den ersten Januartagen mit aller Härte zugeschlagen, sprich einem massiven Anrufaufkommen, sodass es zu erheblichen Wartezeiten gekommen ist, einerseits auf einen Hausbesuch, in Warteschleifen, in Bereitschaftspraxen, innerhalb der Ersteinschätzung oder Leitungen sind einfach zusammen gebrochen. Fazit: Die Verknüpfung der Zuständen geführt. Die Patienten haben mir einerseits von langen Wartezeiten erzählt, finden es andererseits aber ganz toll, was diese 116117 alles kann „und Herr Doktor, das ist ja noch längst nicht alles, in Zukunft werden mir ja die Krankmeldung und Rezepte aufs Handy geschickt“.

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Dr. Günter Gerhardt schrieb 19 Januar 2020

Kosten für 116 117

KBV will Spahn die Rechnung präsentieren

Der gesetzlich verordnete Ausbau der Terminstellen und des Bereitsschaftsdienstes kommt die Niedergelassenen teuer zu stehen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung taxiert die Mehrbelastungen auf einen dreistelligen Millionenbetrag. Gegenfinanzierung? Fehlanzeige. Doch das soll sich ändern.

Bild mit Elfen, die helfen: der KBV-Vorstand im Sommer bei der Vorstellung der Werbekampagne für die 116 117.
© KBV

Auf einen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag schätzt der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung die Mehrbelastungen, die durch den Aufbau der neuen Bereitschaftsdienststrukturen auf die Kassenärztlichen Vereinigungen zukommen. Die gute Nachricht: Die laufenden Kosten sollen niedriger ausfallen und vor allem auf die gestiegenen Personalkosten für die Callcenter zurückzuführen sein.

 

Doch auch dafür gebe es – Stand heute– keinerlei Gegenfinanzierung aus dem Vergütungssystem. Die Niedergelassenen zahlen den Ausbau der Terminservicestellen zu rund um die Uhr erreichbaren Callcentern, die sich nicht wirtschaftlich betreiben ließen, wie der KBV-Vorstand betont, also aus der eigenen Tasche.

„Es gibt mehrere KVen, die deshalb bereits ihre Verwaltungsumlage erhöhen mussten“, sagt KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister. In Westfalen-Lippe steige die zum Beispiel um 0,3 Prozentpunkte. Man wolle die konkreten Mehrbelastungen aus den einzelnen KVen zusammentragen und der Politik die Rechnung präsentieren, kündigt der KBV-Vorstand an. Ziel müsse eine Refinanzierung sein.

Dabei setzt die KBV auch auf die Reform der Notfallversorgung. Hauptgrund für die Novelle ist bekanntlich das Verhalten der Patienten. Die suchen in Scharen die Notaufnahmen auf – oft nur, um Bagatellen behandeln zu lassen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen müssen den Krankenhäusern dafür bislang jedes Jahr Kosten in Milliardenhöhe überweisen. Dies könnte sich mit der Reform ändern. KBV und Bundesgesundheitsministerium hoffen durch die geplanten Intergrierten Notfallzentren an ausgewählten Klinikstandorten auf eine effektivere Steuerung der Patienten.

Mit dem Start der neuen 116 117 zeigt sich KBV-Chef Dr. Andreas Gassen dagegen zufrieden. Man habe die Bekanntheit der Nummer deutlich steigern können, dazu die Erreichbarkeit auf einen Rund-um-die-Uhr-Betrieb ausgebaut. Die technische Gesamtverfügbarkeit liege bei 99,97 Prozent, das heißt, es werde jährlich zu einem technischen Ausfall von maximal zwei Stunden kommen. Damit bewege man sich annähernd auf dem Niveau der 110, der Notrufnummer der Polizei.

Aktuell verzeichne man in Spitzenzeiten bundesweit bis zu 1.000 Anrufe pro Minute. Dass es da anfangs noch zu längeren Warteizeiten kommen kann, sei normal. Dies werde sich mit der Zeit aber zurechtruckeln. Er habe sich den Auftakt der neuen Bereitschaftsdienstnummer deutlich „rumpeliger“ vorgestellt.

Wie die Kassenärztlichen Vereinigungen den Start der neuen zentralen Servicenummer bewerten und wie sie diese organisiert haben, lesen Sie am Montag auf aend.de.

19.01.2020 09:12:54, Autor: mm

 

Dr. Günter Gerhardt schrieb 20 Januar 2020

Neue Servicenummer

116117-Start „weitgehend gut geglückt“

Seit dem 1. Januar ist unter der Nummer 116 117 nicht mehr nur der Bereitschaftsdienst, sondern auch die KV-Terminservicestelle zu erreichen – und das, wie gesetzlich vorgegeben, rund um die Uhr. Zum Start gab es bei der KV Niedersachsen durch die hohe Anzahl der Anrufe Probleme. Der änd hat bei den anderen KVen nachgefragt, wie bei ihnen der Start der neuen zentralen Servicenummer gelaufen ist und wie sie diese organisiert haben.

Mehrere KVen arbeiten mit Callcentern zusammen - insbesondere, wenn das Anruferaufkommen hoch ist.
© contrastwerkstatt/Fotolia.com

Die Antworten zeigen: Bis auf kleinere Anlauf-Probleme ist die „neue“ 116117 offensichtlich erfolgreich gestartet. Wie die KVen das ganze organisieren, zum Beispiel ob mit oder ohne Callcenter-Unterstützung, ist unterschiedlich. Und auch wenn nicht alle die Kosten für die neue zentrale Servicenummer genau beziffern können, weil sie Teil eines größeren Kostenblocks ist, wird klar: Billig ist das ganze nicht – und zahlen müssen es über die Verwaltungskostenumlage im Endeffekt die Niedergelassenen.

Deutlich mehr Anrufe hat zwar auch die KV Baden-Württemberg verzeichnet, dort lief das ganze aber ohne Probleme. Die Vermittlung der Termine verlaufe gut, heißt auf Anfrage des änd. „Allerdings müssen sich die Patienten erst noch an die neue Rufnummer 116 117 gewöhnen beziehungsweise lernen, dass unter der 116 117 verschiedene Services (Terminservicestelle, docdirekt – Telemedizinische Beratung und der ärztliche Bereitschaftsdienst) angeboten werden.“

Aktuell seien zehn Mitarbeiter in der TSS beschäftigt, allerdings auch Teilzeitkräfte. Derzeit übernähmen in Baden-Württemberg noch die Integrierten Rettungsleitstellen die 116117 im Rahmen des ärztlichen Bereitschaftsdienstes, also außerhalb der Sprechstundenzeiten abends und nachts sowie an den Wochenenden und Feiertagen. „Aktuell sind wir dabei eine eigene Service-Gesellschaft aufzubauen, die dann rund um die Uhr alle 116 117-Services (also auch die Terminvermittlung im Akutfall) wahrnehmen soll“, teilt die Pressestelle der KVBW weiter mit. „Wir gehen dabei von 150 bis 170 Mitarbeitern für Baden-Württemberg aus, darunter aber auch viele geringfügig Beschäftigte.“

Für den Aufbau der neuen 24/7-Callcenter-Infrastruktur über eine eigene Service-Gesellschaft investiere die KVBW „einen Millionenbetrag“. Aber: „Dagegen stehen in 2020 Einsparungen über eine (partielle) Ablösung der Leitstellenvermittlung beziehungsweise über die nach dem TSVG mögliche anteilige Refinanzierung der Servicestelle über den Strukturfonds.
“

Hohe Nachfrage über die Feiertage

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns hat bereits seit Ende November - also deutlich vor dem offiziellen Start - die 116 117 als Gesamtservicenummer für den Bereitschaftsdienst und die Terminservicestelle geschalten. Über Weihnachten und Neujahr sei es zu längeren Wartezeiten auf Grund der hohen Nachfrage gekommen. „Durch eine vorausschauende Planung und den Einsatz erweiterter Personalressourcen wurde die erhöhte Nachfrage jedoch erfolgreich bewältigt. Es kam auch auf der technischen Seite zu keinen Einschränkungen oder Ausfällen“, antwortete die Pressestelle dem änd.

 

Die Terminservicestelle wird durch eine 100% Tochtergesellschaft Gedikom der KVB in Bayreuth umgesetzt. Aktuell seien etwa 300 Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit für die Servicenummer 116 117 notwendig. Weitere mögliche Einstellungen hingen davon ab, wie die Patienten den neuen Service annehmen.

 

Zu den genauen Kosten hält sich die KVB bedeckt: „Da wir noch keine ausreichenden Erfahrungswerte über die Inanspruchnahme der Terminservicestelle haben, können wir die tatsächlichen Kosten, welche die Terminservicestelle verursachen wird, zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht abschätzen. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Einrichtung von Terminservicestellen bei 17 KVen bundesweit insgesamt mehrere Millionen Euro kosten wird.“

„Nach rund zwei Wochen des Echtzeitbetriebs der 116117 auch tagsüber können wir für Schleswig-Holstein feststellen, dass der Start weitgehend gut geglückt ist“, heißt es von der KV Schleswig-Holstein. Es habe vereinzelt Wartezeiten von mehreren Minuten gegeben, aber keine größeren Probleme.

Die KVSH arbeitet nicht mit externem Dienstleistern zusammen. Sie verfüge bereits seit mehreren Jahren über eine eigene Leitstelle für den ärztlichen Bereitschaftsdienst. Diese sei in den vergangenen Monaten ausgebaut worden: Es gebe neue Abläufe, intensive Schulungen der Mitarbeiter, zusätzliches Personal und Investitionen in die Technik.

Die KVSH geht davon aus, dass rund 80 Mitarbeiter zum Betrieb des 24/7-Angebots benötigt werden, überwiegend in Teilzeit. Diese Zahl sei derzeit noch nicht erreicht; es fänden noch Einstellungen statt. Die weitere Personalplanung hänge auch von den Erfahrungen im Realbetrieb der 116117 ab.

Die genauen Kosten nur für die neue Servicenummer könne man nicht ausweisen, da diese mit verschiedenen Angeboten verzahnt seien. Die Gesamtkosten für den Betrieb der Servicenummer 116117, der Terminservicestelle und der ärztlichen Notdienststrukturen betragen demnach rund 10 Millionen Euro jährlich.

© KBV
In Westfalen-Lippe und Nordrhein zeigen sich die KVen ebenfalls zufrieden mit dem Start der „neuen“ 116117. Die technischen Lösungen funktionierten, heißt es. Die beiden KVen haben die gemeinsame Arztrufzentrale NRW mit derzeit 180 Mitarbeitern. Dazu kommen 13 Mitarbeiter in der KVWL-Terminservicestelle. Die Anstellung weiterer Mitarbeiter in der Arztrufzentrale NRW und in der KVWL-Terminservicestelle sei geplant. „Im Bedarfsfall“ werde die Unterstützung eines externen Dienstleisters in Anspruch genommen, heißt es aus Westfalen-Lippe. Auch die KV Nordrhein wird von einem Dienstleister unterstützt.

Für Nordrhein übernimmt seit Januar Arztrufzentrale NRW (ARZ) auch die Anrufe für die Termin-Servicestelle (TSS). Dort seien tagsüber vorwiegend ankommende Termin-Anfragen von Patienten bearbeitet worden. Auch samstags und sonntags erreichten die ARZ pro Tag etwa zwischen 120 und 240 Termin-Anfragen. In nur sehr geringem Maße würden Facharzttermine bisher auch in den Nächten erfragt (1 bis 2 pro Stunde).

„Derzeit prüfen wir, inwiefern wir die Patienten über unsere Vorab-Ansage noch besser in die richtige Versorgungsebene steuern können“, betont die KVWL. Sie hat für 2020 1,8 Millionen Euro für den Betrieb der neuen zentralen Servicenummer eingeplant, bei der KVNO sind es 1,5 Millionen Euro.

Ohne überdurchschnittliche Wartezeiten oder technische Probleme ist auch die KV Hessen gestartet. Lediglich die Onlinedienste seien aufgrund der teils großen Nachfrage zeitweise etwas langsamer als gewöhnlich gewesen. Zur Zeit beschäftigt die KV Hessen rund 200 Mitarbeiter für die 116117. Neues Personal wurde erst einmal nicht eingestellt. „Sollten unsere regelmäßigen Analysen Bedarfe ergeben, werden wir gegebenenfalls nachjustieren.“

 

Für den Fall eines stark erhöhten Anruferaufkommens hat die KV einen externen Dienstleister beauftragt. Das Callcenter bearbeite mit etwa 15 Mitarbeitern allerdings ausschließlich Terminanfragen.

„Keine Probleme“ meldet auch die KV Brandenburg, die rund 50 Mitarbeiter für die Servicenummer beschäftigt und auf einen externen Dienstleister verzichtet. Kosten: Rund drei Millionen Euro.

Gesprächsdauer ist durch Ersteinschätzung angestiegen

Bei der KV Berlin wird die zentrale Nummer bereits seit Mitte 2019 genutzt. Der Anrufer wähle selbst, ob akute medizinische Beschwerden vorlägen oder ein Wunsch zur Terminvermittlung bestehe. Der Start ins neue Jahr sei „reibungslos“ gestartet. „Die telefonische Warteschleife für den ärztlichen Bereitschaftsdienst ist aktuell länger und lag zum Beispiel über den Jahreswechsel bei durchschnittlich 14 Minuten“, führt die KV aus. Auch die Gesprächsdauer sei angestiegen. Der Grund dafür sei das medizinische Ersteinschätzungsverfahren SmED.

Auch die Vermittlung von Terminen habe – bis auf vereinzelte Probleme gut funktioniert. Allerdings sei die 24-Stunden-Erreichbarkeit erst ab dem 2. Januar gewährleistet gewesen. Zahlen zur Wartezeit für den Terminservice lägen noch nicht vor. Probleme bei der Online-Buchung seien nicht bekannt.

 

Insgesamt 38 Mitarbeiter seien derzeit im Drei-Schicht-System beschäftigt, weitere sieben Mitarbeiter sollen im Laufe des Jahres folgen. Kommt es zu vielen Anrufen, würden Anrufer, die einen Termin wollen, nach zwei Minuten Wartezeit an einen externen Dienstleister weitergeleitet. Für die gesamte Leitstelle betragen die Kosten mehr als 2 Millionen Euro für das Jahr 2020.

Im Bereich der KV Bremen gab es keine technischen Probleme. Anrufer verbrachten in der ersten Woche im Durchschnitt vier Minuten in der Warteschleife für den Terminservice. Gespräche im Ärztlichen Bereitschaftsdienst seien im Schnitt in weniger als einer Minute angenommen worden.

 

Die KV Bremen habe weitere Mitarbeiter im Umfang von drei Vollzeitäquivalenten im Ärztlichen Bereitschaftsdienst eingestellt. In der Bereitschaftsdienstzentrale Bremen-Stadt wird die Ersteinschätzung mittels SmED vorgenommen und zwar sowohl am Telefon, als auch vor Ort am gemeinsamen Tresen. Da die Mitarbeiter auch die „traditionellen“ Aufgaben übernehmen, sei eine scharfe Abgrenzung der Tätigkeitsfelder nicht möglich.

 

Zwischen 6:45 bis 22 Uhr erfolge die telefonische Terminvermittlung über die 116117 über einen externen Anbieter. In der übrigen Zeit werde diese Aufgabe von den Mitarbeitern im Ärztlichen Bereitschaftsdienst wahrgenommen. Für den Betrieb der neuen zentralen Servicenummer sind 830.000 Euro eingeplant, darin enthalten Personal-, Raum- und Sachkosten.

Bei der KV Thüringen läuft die Organisation über die KVT-Notdienst Service gGmbH, einer 100%igen Tochter der KV Thüringen. Rund 60 Mitarbeiter sitzen an den Telefonen. Für den Betrieb der zentralen Servicenummer hat die KV 1,5 Millionen Euro insgesamt eingeplant: darin einbezogen TSS, Ersteinschätzungsverfahren, Vermittlung Bereitschaftsdienst und Akutfälle. Technische Probleme habe es zum Start nicht gegeben.

Bei der KV Saarland räumt man „geringfügige Startschwierigkeiten“ ein, diese seien jedoch gelöst. Kurzfristig seien Wartezeiten entstanden, jedoch keine größeren Probleme. Bislang habe man gut 5.200 Anrufe registriert. Im Schnitt würden täglich knapp 300 Personen die neue Rufnummer anrufen. Aktuell gebe es acht Mitarbeiter, ein weiterer Ausbau sei in der Umsetzung. Die KV arbeite mit der Integrierten Leitstelle Saarland zusammen.

Größere Probleme technischer Art oder ungewöhnlich lange Wartezeiten sind auch in Hamburg nicht aufgetreten. „Es gab vereinzelt einige kleinere System- und Ablauf-Optimierungen, insgesamt ist der Start aber sehr gut gelungen“, teilt die KV Hamburg mit. Zur Zeit arbeiteten rund 34 Mitarbeiter für die Servicestelle 116117, der Personalbedarf werde weiter steigen.

 

20.01.2020 15:53:36, Autor: ks/sk

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