Killt Upcoding Verbot Selektivverträge?

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  • Letzter Beitrag 13 Februar 2017
Dr. Günter Gerhardt schrieb 10 Oktober 2016

Auf die Kolumne "Mir stinkt's" antwortet der Kollege Rabe mit "Dem Kodieren kann man sich nicht entziehen".

Bundesregierung: Kodierberatung von Ärzten durch Kr'kassen ist unzulässig!

Die GroKo will das Upcoding von Diagnosen verhindern und nimmt v.a. Betreungsstrukturverträge aufs Korn.
Noch ein Reperaturgesetz fragt mit Recht Helmut Laschet von der ÄZ in seinem Kommentar.

Die Prüfungen durch Bundesversicherungsamt (BVA) sieht die BARMER GEK gelassen

Wer Ärzte bewegen kann, möglichst "genau" die Krankheit der Versicherten zu beschreiben, kann tendenziell das finanzielle Wohl und Wehe einer Kasse beeinflussen. Aber, ist die geforderte Kodierung nicht etwa ein abgekartetes Kassen-Spiel?
Bundesunmittelbare Kassen müssen ihr Geschäftsgebahren im Clinch mit dem Bundesversicherungsamt austragen. Anders die Ortskrankenkassen: Sie unterliegen der Aufsicht der Landesgesundheitsministerien, die immer auch Standortinteressen hegen und pflegen (s. angehängten Kommentar von Florian Staeck)

Konsequenzen werden gefordert: Die Aufsichtsbehörden der Kassen sind zuständig und müssen Verstöße konsequent aufdecken und verfolgen.

Uns wird eine Mitverantwortung zugeschoben, weil wir die Einführung einer Kodierungspflicht boykottiert hätten. Na klar, wir sind schuld, wer denn sonst? Und die gleichen Kassen sind es liebe Kolleginnen und Kollegen, die uns das Leben in Prüfungen schwer machen, uns den Spaß an unserer Arbeit vergällen, uns unsere Leistung nicht adäquat honorieren.

 

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Dr. Günter Gerhardt schrieb 21 Oktober 2016

Straf-. zivil- und berufsrechtliche Konsequenzen von falschem Kodieren bei der Diagnosestellung.
Achtung liebe Kolleginnen und Kollegen, hier droht Ungemach. Das Rundschreiben der KV RLP (2016 unter U.K.) kann auch falsch verstanden werden!
Einerseits überziehe ich die Mitglieder mit Plausiverfahren wenn sie aufmucken, schicke den Staatsanwalt und formuliere andererseits so ein "Kochrezept" wie man richtig codiert und erkläre in Verträgen mit der TK, dass auch Verdachtsdiagnosen gesicherte Diagnosen ("G") sein können

 

Dr. Wolfgang Wodarg von Transparency Deutschland: "Krankenkassen bestechen Ärzte, um sich Vorteile aus dem Gesundheitsfonds zu verschaffen. Solche Auswüchse des Kassenwettbewerbs sind krank und müssen behandelt werden!"

Dr. Günter Gerhardt schrieb 23 Oktober 2016

 2016

Was zum Thema Upcoding derzeit abgeht, ist schon interessant liebe Kolleginnen und Kollegen.

Der Vorstandsvorsitzende der TK  Jens Baas stellt uns als die schummelnden, nimmersatten Ärzte an den Pranger. Wir sind die Verursacher hoher Kosten, die durch den Wettbewerb der Kassen um einen möglichst großen Anteil aus dem Risikostrukturausgleich entstehen. Herr Baas  erläutert das so: „Die Kassen bezahlen zum Beispiel Prämien von zehn Euro je Fall für Ärzte, wenn sie den Patienten auf dem Papier kränker machen… Sie bitten dabei um „Optimierung“ der Codierung…Dafür haben die Kassen seit 2014 eine Milliarde Euro ausgegeben. Die fehlt für die Behandlung der Patienten…“. Was er aber nicht sagt ist, dass wir  Ärzte wie immer mit kleinsten Beträgen geködert werden. Außerdem verschweigt Herr Baas, dass mit einem Vertrag zwischen seiner TK und der KV RLP versucht werden soll, dass die TK in Zukunft nicht wie bisher Geld in den Risikostrukturausgleich einzahlen muss, sondern aus diesem Topf das große Geld zur TK fließt. Da sind die lächerlichen 6, 8 oder 12 Euro, die wir pro Fall pro Quartal bekommen, wenn wir, sofern wir es verantworten können, upcodieren mit Diagnosen aus Listen, die zu den Verträgen gehören. Mit diesen Diagnosen hoffen alle Kassen auf das große Geld aus dem Topf des Risikostrukturausgleiches.

Und wie verhält sich die KV RLP (2016 unter U.K.!)? Sie unterstützt ihre Mitglieder bei der richtigen Codierung und lässt deshalb ein ICD-Regelwerk über die Abrechnung laufen, um auf evtl. bessere Kodierungen in bestimmten Fällen aufmerksam zu machen. Der Arzt wird hoffentlich die bessere Codierung nur dann anwenden, wenn er dies verantworten kann. Trotzdem, ein mulmiges Gefühl beschleicht den Leser des Rundschreibens der KV vom Oktober2016 zur Prüfung der Diagnosenverschlüsselung schon.

Wir werden von den Kassen und der KV aufgefordert, Diagnosen zu ändern, um eine höhere Morbidität zu dokumentieren. Wenn wir, so die Meinung des Vorstands der KV RLP,  eine entsprechende Änderung oder Ergänzung ebenfalls(!) für medizinisch zutreffend und notwendig halten, sollen wir den zutreffenden gesicherten ICD-Code (Zusatzkennzeichen“G“) hinter den Namen des Patienten setzen. Das „G“, so steht es im TK Vertrag, ist auch dann zu verwenden, wenn eine Verdachtsdiagnose nicht endgültig und nicht sachgerecht gesichert werden kann, aber eine sachgerechte und medizinisch stimmige spezifische Behandlung so erfolgt, als wäre diese Diagnose gesichert. Die Änderungen sollen wir möglichst umgehend, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen, auf der durch eine Unterschrift bestätigten FAX-Antwort und der ergänzten Patientenliste zurück an die KV senden. Die wird nach Erhalt der Antwort die von den Mitgliedern gewünschten (?) Änderungen in der Abrechnung vornehmen.

Vertritt die KV 2016 damit unsere Interessen, oder drohen uns mit diesen Empfehlungen schon wieder straf- zivil- und berufsrechtliche Konsequenzen?


Die  KV 2016, die uns unsere Arbeit vergällt  mit Anordnungen, Prüfungen, Regressen, Plausiverfahren und dem Staatsanwalt, schlägt uns ein Verhalten vor, was uns genau wieder die gleichen Probleme bescheren kann.
Und die Kassen versuchen uns ebenfalls - mit Almosen - vom Upcoding zu überzeugen, so dass uns doch fast nichts anderes übrig bleibt als zu funktionieren, sind es doch ein Berufsleben lang diese beiden Institutionen -  KV und Kassen - , deren "Paragraphenbriefe" täglich in unseren Praxen ankommen und die viele Kolleginnen und Kollegen erst abends oder sogar erst am WE öffnen. 

 

Dr. Günter Gerhardt schrieb 23 Oktober 2016

Den sofortigen Einsatz von Kodierrichtlinien im ambulanten Bereich sowie die Einbeziehung aller Krankheiten in den Morbi-RSA fordert der AOK-Bundesverband

AOK PLUS  Vorwürfe der Manipulation zurückgewiesen

"zu keinem Zeitpunkt auf Ärzte eingewirkt, Krankheiten zu dokumentieren, die nicht vorlagen"

Dr. Günter Gerhardt schrieb 24 Oktober 2016

Die gesplittete Aufsicht über Kassen führt zu uneinheitlicher Aufsicht - ändern will die Regierung dies nicht.

Bundesweit geöffnete Kassen unterliegen der Aufsicht durch das Bundesversicherungsamt (BVA) in Bonn, Ortskrankenkassen werden durch das jeweils zuständige Landesministerium beaufsichtigt

aquarius schrieb 25 Oktober 2016

Meines Erachtens muss einiges klar gestellt werden: die angeprangerte Regelung des Zusatzkennzeiches "G" bei unsicheren Diagnosen, die aber so behandelt wurde, als wären sie vorhanden, stammt von 2011, aus der gemeinsamen Vereinbarung zur Codierung der KBV und der Spitzenverbände der Krankenkassen! Also weder neu noch von irgendjemand erfunden, um mehr Geld zu verdienen, sondern Konsens der Verbände von 2011!

Und:
Die Dokumentation der Krankheiten in der BRD mittel ICD ist derzeit sehr schlecht. Mindestens 30% der vorliegenden Niereninsuffizienzen werden nicht dokumentiert, bei COPD und Herzinsuffzienz fehlt in aller Regel der Schweregrad, Asthma und COPD werden verwechselt, Diabetestypen gehen munter durcheinander, Komplikationen des Diabetes sind kaum erfasst, äusserst wichtige Morbiditätsfaktoren fehlen komplett, andere ICD sind so massenhaft vorhanden, dass sie Morbi-RSA-wirksam werden, obwohl es gar keine Erkrankung gibt, die dem dokumentierten Code entsprechen würde...
Es wäre ein Segen für die Behanlungssicherheit unserer Patienten, wenn im Gesundheitswesen mehr kommuniziert würde, wie viel Arbeit macht es uns, dass uns Befunde und Diagnosen fehlen. Wieviel Geld kostet uns das! Wieviel Zeit könnten wir sparen, wenn bei einer Überweisung, einer Einweisung, bei jeder Behandlung alle Diagnosen zur Verfügung stünden, evtl auch sogar auf der EGK!
Aber: Diagnosen austauschen, die so fehlerhaft sind, so unvollständig, so unuzuverlässig??
Versorgung planen, wenn bei manchen Krankheiten in 80% die Dokumentation fehlt, wie bei den Demenzen????

Dr. Günter Gerhardt schrieb 01 Januar 2017

Kodierungsbetrug! Mir stinkt's, schreibt Frau Kollegin Frauke Höllering in ihrer MT Kolumne

Dr. Günter Gerhardt schrieb 17 Januar 2017

Der Kollege Zobel aus Lorsch fragt "Was tun gegen Kodierungsbetrüger?" und "Was soll ich tun?"

Angehängte Dateien

Dr. Günter Gerhardt schrieb 13 Februar 2017

Das nachträgliche Kodieren von Diagnosen hat den Kassen Extra-Geld beschert. Jetzt stoppt die Koalition das Upcoding. Kassen reagieren mit ihrer alten Forderung eines Codierzwangs.

Bei der Anhörung des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes (HHVG) am13.2.2017 im Gesundheitsausschusws des Bundestags drängten Kassenvertreter die Koalition, die Vorgaben für niedergelassene Ärzte zu verschärfen.

Angedockt an das HHVG wollen die Koalitionsfraktionen regeln, dass die "Beratung" von Ärzten, die allein das Ziel hat, Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds zu erhöhen, verboten wird.

Das Problem sind jetzt die Selektivverträge, sie sind von diesem geplanten Verbot bisher nicht erfasst. Hier bröckelt die Kassenallianz: Innungs- und Betriebskrankenkassen drängen darauf, auch die hausarztzentrierte Versorgung (HzV), FA Verträge und Integrationsverträge einzubeziehen. In diesen Verträgen werde die Vergütung der Ärzte an die Übermittlung bestimmter Diagnosen gekoppelt. BKK Verbanschef Knieps (früher unter Ulla Schmidt Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium) mahnte die Abgeordneten, in Selektivverträgen nicht Spielräume für Manipulationen zu eröffnen "Kassen sind findige Institutionen"
AOK und Ersatzkassen erheben diese Forderungen nicht.

Tja, wenn das konsequent zu Ende gedacht, geregelt und verboten wird, könnte es das Ende der Selektivverträge bedeuten. 

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