Ärzte an SPD: GKV ist schuld an 2-Klassen-Medizin

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  • Letzter Beitrag 24 Juni 2018
Dr. Günter Gerhardt schrieb 10 Juli 2017

Union und SPD im Bundestag haben die Vorschläge von Linken und Grünen für eine Bürgerversicherung abgelehnt. s. auch Kategorie Bundestagswahl 2017

Dr. Günter Gerhardt schrieb 24 Juni 2018

Ärzte an SPD ÄZ 23.01.2018

GKV ist schuld an Zwei-Klassen-Medizin

Was genau will die SPD in den Koalitionsverhandlungen erreichen? Am Tag nach dem Parteitagsbeschluss reagieren die Ärzte mit konstruktiver Kritik auf neue Trippelschritte Richtung Bürgerversicherung.

Von Anno Fricke

BERLIN. Die SPD will laut dem Beschluss des Parteitages vom Sonntag "das Ende der Zwei-Klassen-Medizin" einleiten. Die Ärzteschaft hat am Montag darauf reagiert und fordert ihrerseits ein Ende der Budgetierung, vor allem von ärztlichen Grundleistungen, und ein Ende des Denkens in Quartalen.

Begriffe wie Bürgerversicherung, einheitliche Gebührenordnung und Wartezeiten kommen in dem Beschlusstext nicht vor. Abgestimmt haben die 600 Delegierten plus die 45 Mitglieder des Vorstands über folgende Formulierung: "Wir wollen das Ende der Zwei-Klassen-Medizin einleiten. Dazu muss sich die Versorgung nach dem Bedarf der Patientinnen und Patienten und nicht nach ihrem Versicherungsstatus richten. Hierzu sind eine gerechtere Honorarordnung, die derzeit erhebliche Fehlanreize setzt, sowie die Öffnung der GKV für Beamte geeignete Schritte."

Im Verlauf der Debatte am Sonntagnachmittag hatte die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles allerdings angekündigt, dass man über Themen wie die Bürgerversicherung in den Koalitionsgesprächen verhandeln werde, "bis es quietscht".

Vor ideologiegeleiteten Forderungen nach Pseudoreformen hat daraufhin der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Frank Ulrich Montgomery, gewarnt. Die stellten die enorme Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems in Deutschland in Frage, sagte Montgomery am Montag der „Ärzte Zeitung“.

Honorarsystem der GKV am Pranger

Nicht die PKV, sondern die gesetzliche Krankenversicherung sei der Auslöser von langen Wartezeiten für Patienten am Quartalsende. Sie sei damit verantwortlich für vermeintliche Klassenunterschiede zwischen privater und gesetzlicher Versicherung, meldete sich der Vorsitzende des rund 70.000 Mitglieder starken Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, zu Wort. Für unterschiedliche Entwicklungen bei der Terminvergabe seien "maßgeblich im Honorarsystem der GKV implementierte Fehlsteuerungen" verantwortlich. "Die pauschalierte Bezahlung ärztlicher Leistungen in Quartalen unter dem Deckel eines begrenzten Budgets generiert unnötige Patientenkontakte und führt nicht nur gegen Ende des Quartals zu Terminengpässen", sagte Reinhardt der "Ärzte Zeitung". Abhelfen könne eine Umstellung auf zum Beispiel halbjährliche Abrechnung. Reinhardt leitet den Gebührenordnungsausschuss der Bundesärztekammer.

In einer ersten Reaktion auf die Ereignisse beim SPD-Sonderparteitag hat KBV-Chef Dr. Andreas Gassen vor "gefährlichen Experimenten" gewarnt. Das Beispiel England zeige aktuell sehr drastisch, wohin staatlich definierte Einheitsvergütungen und Bürgerversicherungen führen, teilte Gassen am Montagvormittag mit. In Deutschland hätten alle Bürger unabhängig vom Versicherungsstatus Zugang zu neuesten medizinischen Verfahren. Es sei eine Zumutung für Ärzte und gesetzlich Versicherte, dass 10 bis 20 Prozent der ärztlichen Leistungen aufgrund des Budgetdeckels nicht vergütet würden.Dies auszugleichen wäre angesichts der guten Kassenlage ohne Beitragserhöhungen möglich.

 

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