Für den Erhalt des Sicherstellungsauftrags müssen wir kämpfen. Warum? Siehe Historie.
15. Juni 1883: Einführung der gesetzlichen Sozial- und Krankenversicherung durch Reichskanzler Otto von Bismarck. Diese gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hatte die Rolle der Ärzte von Grund auf verändert, hatte Bismarck doch die Sicherstellung der ärztlichen Versotgung und die Honorierung der Ärzte auf die neu geschaffenen Krankenkassen übertragen. Fortan galt für die Ärzte eine Behandlungspflicht der Mitglieder der gesetzlichen Kassen. Inwieweit ein Arzt für diese Leistungen auch bezahlt wurde, hing davon ab, ob er als "Kassenarzt" anerkannt war - und darüber entschieden die GKVen. Über die Honorierung schlossen sie Einzelverträge mit den Ärzten ab.. Ein Kollektivvertrag zwischen Ärzten und Krankenkassen gab es nicht. Galt die Bismarck'sche Krankenversicherung anfangs nur füreinen kleinen Teil der Arbeiter, so wurde die gesetzliche Pflichversicherung schrittweise auf immer mehr Erwerbstätige ausgedehnt. Gleichzeitig wuchs die Zahl der Krankenkassen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es bereits rund 22.000. Immer mehr Ärzte bemühten sich um die Anerkennung als Kassenarzt. Die große Zahl an Anträgen ermöglichte es den Krankenkassen, die Honorare zu drücken, indem sie Verträge mit denjenigen Ärzten abschlossen, die bereit waren, für das niedrigste Honorar zu arbeiten.
Die Ärzteschaft will diesen Missbrauch des Kassenmonopols nicht länger hinnehmen. Im Jahr 1900 gründet sie deshalb den "Leipziger Verband". Die neue Vertretung der Ärzteschaft fordert Kollektivverträge zwischen Ärzten und Krankenkassen, um so der Willkür der Kassen Einhalt zu gebieten. Seiner Forderung verleiht der Leipziger Verband mit zahlreichen Streikaktionen Nachdruck.
In einem offenen Brief am 25.7.1900 fordert der Leipziger Arzt Dr. Hermann Hartmann seine Kollegen auf, sich zu organisieren, um der übergroßen Macht der Krankenkassen entgegenzutreten. Die Zustimmung ist groß, diktierten doch die Krankenkassen seit Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung1883 den Ärzten die Kosten der Kassenbehandlung. Hartmanns Brief führt dann am 13.9.1900 zur Gründung des "Verbandes der Ärzte Deutschlands zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen", auch "Leipziger Verband" genannt.
Die neue Standesorganisation schloss Tarifverträge mit den Krankenkassen ab. Erste Erfolge gab es 1906 mit dem Tarifvertrag mit der "Norddeutschen LIoyd" im Interesse der Schiffsärzte. Beim Abschluss des Berliner Abkommens 1913 war der Leipziger Verband Verhandlungsvertreter der Ärzteschaft. 1924 änderte der Verband zu Ehren des ein Jahr zuvor verstorbenen Gründers Hermann Hartmann seinen Namen in "Hartmannbund".
Die Weltwirtschaftskrise 1929 führte zueiner erneuten Zuspitzung der Auseinandersetzung zwischen Ärzten und Krankenkassen. In den heftigen Auseinandersetzungen mit den Krankenkassen ging es immer wieder um die unzureichende Vergütung der Kassenärzte.Die Reichsregierung reagierte mit einer Notverordnung. So führte sie im Juli 1930 eine Selbstbeteiligung der Versicherten in Form einer Krankenscheingebühr ein, um das System zu entlasten. Auch die Ärzte blieben nicht verschont.Eine weitere Notverordnung vom 1.12.1930 sah u.a, eine Zulassungsbeschränkung bei der Neubesetzung von Kassenarztsitzen vor. Der Hartmannbund reagierte prompt mit einer Großkundgebung in Berlin am 9.12.1930. Auch die Krankenkassen konnten in Zeiten der Krise nicht mehr auf ihre priviligierte Stellung vertrauen. Sie mussten erhebliche Eingriffe nin ihre Autonomie und Selbstverwaltung befürchten.
Als die Regierung imFrühjahr 1931 mit der Verstaatlichung des Gesundheitswesens drohte, wurde die Beteiligten an einen Tisch gebracht. Das Ziel der Verhandlungen des Jahres 1931 konnte nur sein, die ärztliche Versorgung der Versicherten auf Dauer sicherzustellen und stabile Verfahren der Konfliktregelung zu etablieren.
Nach zähen Verhandlungen fanden die Kontrahenten einen Kompromiss, den die Regierung am 8.12.1931 in Form einer präsidialen Notverordnung auf den Weg brachte, eine völlige Neuordnung der Krankenversorgung. Kassen und Ärzteschaft hatten sich auf eine Kopfpauschale geeinigt, deren Entwicklung sich an den Reallöhnen orientierte, ein weitreichendes Zugeständnis des Hartmannbundes und bedeutete den Verzicht auf die Einzelleistungsvergütung. Die Krankenkassen verpflichteten sich im Gegenzug, Kollektivverträge mit der Ärzteschaft abzuschließen und eine mit öffentlich-rechtlichem Status versehene Vertretung der Ärzte zu akzeptieren: Die "Kassenärztlichen Vereinigungen" (1.1.1932).