Corona war der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.: "Zwangs-TI-Konnektoren mit Honorarabzug, E-Akte und Regelungswut gepaart mit der ausuferndenGesundheitsbürokratie".
Corona macht's möglich: Raus aus der Kassenknechtschaft
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- Letzter Beitrag 12 Juli 2020
Es gibt nie nur einen einzigen Grund aufzuhören“
Notbetrieb, fehlende Schutzkleidung, Kurzarbeit: Die Corona-Pandemie hat auch den niedergelassenen Ärzten einiges abverlangt. „Wie ist es Ihnen mit Ihrer Praxis in der Krise (bislang) ergangen?“, haben wir unsere Leser gefragt – und eine Reihe von Erfahrungsberichten erhalten. Der heutige kommt von Dr. Michael Blees aus einer Kleinstadt in Rheinland-Pfalz.
privat
Der Gynäkologe führt bereits seit 1996 eine Einzelpraxis in einer Stadt auf dem Land. Und jetzt kann er es kaum erwarten, sie zu schließen: „Gott sei Dank nur noch 166 Tage in Kassenknechtschaft“, berichtet er dem änd.
Diese Entscheidung war während der Corona-Krise gereift: Innerhalb von zwei Wochen habe sich sein Entschluss, dem System ohne Nachfolgeregelung sofort den Rücken zu kehren, zur Tat gewandelt. „Ich fühle mich frei wie nie zu vor“, so der 65-Jährige.
Aber: Corona war nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. „Es gibt nie nur einen einzigen Grund aufzuhören“, sagt er: „Systemfehler“ seien seit 2012 bekannt, mit dreisten Gesetzesvorschlägen erwirke man eine Zwangsverpflichtung für Ärzte, außerdem würden „Zwangs-TI-Konnektoren mit Honorarabzug, E-Akte und Regelungswut gepaart mit der ausufernden Gesundheitsbürokratie“ zu den Gründen zählen.
Nie mehr als drei Patientinnen gleichzeitig in der Praxis
Trotz aller Widrigkeiten: Auf den Lockdown wegen der Pandemie habe die Praxis schnell reagieren können. Innerhalb von zwei Tagen sei sie unstrukturiert worden. Kein Problem, „da wir sehr flexibel sind“.
So hat sich der Ablauf in der Praxis konkret verändert: Damit die Abstandsregeln eingehalten werden konnten, durften sich nie mehr als drei Patientinnen gleichzeitig in der Praxis aufhalten. Auch das Personal arbeitete weniger. „Es hatte von Anfang an Kurzarbeit, die auch sofort beantragt und bewilligt wurde.“
Schwangere und Notfälle seien zunächst nur noch an zwei Tagen pro Woche versorgt worden. Jede Patientin habe einen Mundschutz erhalten, den Blees‘ Frau angefertigt hatte „100 hat sie an einem Tag genäht“, erinnert er sich. Nach dem Gebrauch seien sie in einem Extraeimer zum Waschen gelandet.
Nicht genügend Desinfektionsmittel
Der Praxis sei nicht genügend Desinfektionsmittel zur Verfügung gestellt worden. Deshalb habe sich jede Patientin beim Eintritt die Hände waschen müssen. Schutzkleidung habe die Praxis für den Notfall aus der eigenen Palliativtätigkeit vorgehalten und selbst organisiert, sei aber bislang nie benötigt worden.
Da nur an zwei Tagen Patientinnen in die Praxis kamen, hat sich das Patientenaufkommen in der Praxis spürbar reduziert. „Wir hatten 60 bis 70 Prozent weniger als üblich“, so Blees. Aber: Finanzielle Einbußen erwarte er nur in Höhe von etwa 10 Prozent, „dank Palliativ- und Honorardienst und Kurzarbeitergeld“.
Auf die Frage, wie er die Unterstützung seiner Kassenärztlichen Vereinigung während der Krise beurteilt, hagelte es Kritik an der Kommunikation. „Welche Unterstützung? Weder KV noch Gesundheitsamt hatten eine Hotline.“ Erst nach einem Anruf im Vorzimmer der Gesundheitsministerin habe er erfahren, dass weder Schutzanzüge noch Desinfektionsmittel zur Verfügung standen. „Gut, dass unsere lokale Schnapsbrennerei mit Alkohol aushelfen konnte!“
Mittlerweile, sagt der Arzt, sei man wieder im Normalbetrieb angekommen. „Das war innerhalb kürzester Zeit wieder möglich.“ Allerdings habe es einen „Rückschlag“ aufgrund einer zwischenzeitlichen Quarantäneregelung gegeben. Für die Zukunft habe seine Praxis deshalb festgelegt, nach wie vor keine Termine ohne Anmeldung zuzulassen und maximal drei Patientinnen zur gleichen Zeit ins Wartezimmer zu lassen.
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