Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) soll am Mittwoch vom Kabinett beschlossen werden. Kurz zuvor hat das Ministerium um CDU-Mann Jens Spahn noch kleine Änderungen am Gesetzentwurf vorgenommen. Der fertige Referentenentwurf liegt dem änd nun vor.
Darin heißt es nun, dass in den einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen folgende Zuschläge auf die jeweiligen Versichertenpauschalen aufzunehmen sind: „Ein einmaliger Zuschlag in Höhe von mindestens 25 Prozent der jeweiligen Versichertenpauschale, für den Fall, dass die Leistungen gegenüber Patienten erbracht werden, die in der jeweiligen Arztpraxis erstmals untersucht und behandelt werden oder die mindestens vier Jahre nicht in der jeweiligen Arztpraxis untersucht und behandelt wurden, sowie (...) ein Zuschlag in Höhe von mindestens fünf Euro für die erfolgreiche Vermittlung eines Behandlungstermins (...).“ Bislang war von einem Zuschlag in Höhe von zwei Euro die Rede gewesen.
Auch wird ein Zuschlag auf die jeweilige Grundpauschale in Höhe von mindestens 15 Prozent für den Fall genannt, „dass die Leistungen im Rahmen offener Sprechstunden ohne vorherige Terminvereinbarung erbracht werden“. Bei einem vollen Versorgungsauftrag sei das Vergütungsvolumen des Zuschlages je Arzt auf einen Umfang von bis zu fünf offenen Sprechstunden je Kalenderwoche und bei einem reduzierten Versorgungsauftrag auf die jeweils anteilige Zeit offener Sprechstunden je Kalenderwoche begrenzt.
Neu auch, dass hervorgehoben wird, dass im Gesundheitswesen „verbindliche Regelungen zur Vergabe und Übermittlung von Diagnosen- und Prozedurenschlüssel zur Stärkung der Manipulationsresistenz entwickelt werden“ sollen. Ebenfalls wird in der Kabinettsfassung noch stärker betont, dass die elektronische Patientenakte flächendeckend eingeführt und „der Zugriff auf die elektronische Patientenakte über mobile Geräte wie Smartphones ermöglicht“ werden müsse.
Bei den finanziellen Folgen des Gesetzes tauchen neue Zahlen auf. So heißt es im aktuellen Entwurf, dass die vorgesehenen elektronische Übermittlung von AU-Bescheinigungen die Bürger „um mindestens 43 Millionen Euro“ entlaste.
Wenig schmecken dürfte der Spitze der Kassenärztlichen Bundesvereinigung eine neue Passage, die sich mit den Vergütungen der Vorstände befasst – und die sicher Folge der Debatten um Ex-KBV-Vorstand Dr. Andreas Köhler ist: „Vergütungserhöhungen sind während der Dauer der Amtszeit der Vorstandsmitglieder der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen unzulässig. Zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Vorstandsmitgliedes der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen kann eine über die zuletzt nach § 35a Absatz 6a Satz 1 des Vierten Buches gebilligte Vergütung der letzten Amtsperiode oder des Vorgängers im Amt hinausgehende höhere Vergütung nur durch einen Zuschlag auf die Grundvergütung nach Maßgabe der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes vereinbart werden. Die Aufsichtsbehörde kann zu Beginn einer neuen Amtszeit eines Vorstandsmitgliedes der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen eine niedrigere Vergütung anordnen“, heißt es dort nun. Jegliche finanzielle Zuwendungen seien auf die Vergütung der Vorstandsmitglieder anzurechnen oder an die Kassenärztliche Bundesvereinigung abzuführen.
Jetzt hat das Kind endlich einen Namen: Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) soll die nächste große Reform heißen, die aus dem Hause Spahn kommt und am 1. April 2019 in Kraft treten soll. Was genau geplant ist, zeigt ein erstes Eckpunktepapier aus dem Ministerium, das dem änd vorliegt – und das hat es in sich.
Spahn setzt um, was er in den vergangenen Wochen schon zum Teil angekündigt hatte: Die Aufgaben der Terminservicestellen werden deutlich erweitert und die niedergelassenen Ärzte verpflichtet, mehr Sprechstunden anzubieten, heißt es in dem Papier mit Stand vom 21. Juli. In unterversorgten und von Unterversorgung bedrohten Gebieten müssen die Kassenärztlichen Vereinigungen künftig außerdem eigene Praxen eröffnen oder Versorgungsalternativen anbieten. Auch werden die Krankenkassen verpflichtet, für ihre Versicherten elektronische Gesundheitskarten bis spätestens 2021 anzulegen.
Wichtig natürlich auch: Das Gesetz soll „extrabudgetäre und zusätzliche Vergütung für die erfolgreiche Vermittlung eines dringlich notwendigen Behandlungstermins durch den Hausarzt zum Facharzt“ festlegen. Eine extrabudgetäre Vergütung von ärztlichen Leistungen ist auch vorgesehen, wenn Termine von der Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung vermittelt werden. Darüber hinaus schreibt Spahn eine „extrabudgetäre Vergütung und erhöhte Bewertung der ärztlichen Leistungen der Versicherten- und Grundpauschalen bei der Behandlung von in den Arztpraxen neuen Patienten“ vor.
Aber lesen Sie selbst: Der änd dokumentiert das komplette Eckpunktepapier im Folgenden im Originaltext:
Gesetz für schnellere Termine und bessere Versorgung (Terminservice- und Versorgungsgesetz, TSVG)
I. Ambulante haus- und fachärztliche Versorgung
A. Sprechstundenangebot
1. Terminservicestellen (TSS)
• Bisher: TSS der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) vermitteln bei Vorliegen einer Überweisung (Ausnahme: Augen- und Frauenarzt) innerhalb von einer Woche Termin beim Facharzt mit Wartezeit von regelmäßig nicht mehr als 4 Wochen.
• Neu: Die TSS werden zu Servicestellen mit zusätzlichen Aufgaben weiterentwickelt:
o auch Terminvermittlung zu Haus- und Kinderärzten und Unterstützung bei Suche nach dauerhaft behandelnden Haus-, Kinder- und Jugendärzten;
o Zusammenlegung mit bisheriger bundesweit einheitlicher Notdienstnummer (116 117);
o in Akutfällen erfolgt auch während der üblichen Sprechstundenzeiten unmittelbare Vermittlung einer ärztlichen Versorgung in offener Arztpraxis oder im Bedarfsfall in Notfallambulanz; bei lebensbedrohlichem Notfall Weiterleitung an Notrufzentrale 112;
o über bundesweit einheitliche Rufnummer 116 117 an 24 Stunden täglich an sieben Tagen der Woche (24/7) erreichbar;
o Rufnummer muss in künftiges System der im Koalitionsvertrag vorgesehenen gemeinsamen Notfallleitstellen integrierbar sein (Zusammenlegung mit 112);
o Online-Angebot zu Terminservicestellen (damit Termine nicht nur telefonisch, sondern auch online oder per App vereinbart werden können);
o KBV regelt in Richtlinie Näheres zur einheitlichen Umsetzung durch KVen (auch Zertifizierung der Praxissoftware).
2. Mindestsprechstunden
• Bisher: Nach Vereinbarung im Bundesmantelvertrag bei vollem Versorgungsauftrag mindestens 20 Stunden pro Woche Sprechstunde/Präsenzpflicht für GKV-Versicherte.
• Neu: verbindliche Regelung in Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV):
o mindestens 25 Stunden pro Woche (Hausbesuchszeiten werden angerechnet);
o KVen veröffentlichen die Sprechstundenzeiten der Vertragsärzte;
o Arztgruppen der unmittelbaren und wohnortnahen Versorgung (z.B. Haus- und Kinderärzte, konservativ tätige Augenärzte, Frauenärzte, Orthopäden, HNO-Ärzte), müssen mindestens 5 Stunden pro Woche als offene Sprechstunde anbieten (ohne vorherige Terminvereinbarung); Bundesmantelvertragspartner vereinbaren zeitnah Einzelheiten;
o KVen überwachen Einhaltung der Mindestsprechstunden (einheitliche Prüfkriterien und jährliche Ergebnisberichte an Landes- und Zulassungsausschüsse sowie Aufsichtsbehörden).
3. Sprechstundenvergütung
• Extrabudgetäre und zusätzliche Vergütung für die erfolgreiche Vermittlung eines dringlich notwendigen Behandlungstermins durch den Hausarzt zum Facharzt;
• extrabudgetäre Vergütung von ärztlichen Leistungen, die von der Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung vermittelt werden;
• extrabudgetäre Vergütung und erhöhte Bewertung der ärztlichen Leistungen der Versicherten- und Grundpauschalen bei der Behandlung von in den Arztpraxen neuen Patientinnen und Patienten;
• extrabudgetäre Vergütung der ärztlichen Leistungen der Versicherten- und Grundpauschale in der offenen Sprechstunde, die wöchentlich zusätzlich zu einem vertragsärztlichen Leistungsvolumen im Umfang von 20 bzw. 10 Wochenstunden erbracht werden;
• extrabudgetäre Vergütung von ärztlichen Leistungen in Akut- und Notfällen während der Sprechstundenzeiten;
• Überprüfung und Aktualisierung des einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen hinsichtlich der Bewertung technischer Leistungen zur Nutzung von Rationalisierungsreserven zur Förderung der „sprechenden Medizin“;
• durch Festlegung von Praxisbesonderheiten von Landarztpraxen in den Vereinbarungen zu den Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die im Vorfeld von Prüfverfahren als besonderer Versorgungsbedarf anzuerkennen sind, werden insbesondere Hausbesuche und gefördert.
B. Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung
1. Regionale Zuschläge
• Bisher: regionale Zuschläge können in Gebieten gezahlt werden, in denen Unterversorgung besteht oder droht oder zusätzlicher lokaler Versorgungsbedarf besteht (entweder als von Gesamtvertragspartnern vereinbarte Zuschläge auf den Orientierungswert oder als Sicherstellungszuschläge, über die Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen entscheidet und die KV und Krankenkassen jeweils zur Hälfte finanzieren).
• Neu: regionale Zuschläge werden obligatorisch und vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen festgesetzt; Finanzierung wie bisher.
2. Strukturfonds der KV
• Bisher: freiwilliger Strukturfonds der KV mit 0,1 Prozent der vereinbarten Gesamtvergütung und zusätzlich gleichem Betrag der Krankenkassen Mittel insbesondere für Zuschüsse zu Investitionskosten für Neuniederlassung oder der Gründung von Zweigpraxen, für Zuschläge zur Vergütung und zur Ausbildung sowie für die Vergabe von Stipendien
• Neu: Strukturfonds werden verbindlicher, größer und im Verwendungszweck flexibilisiert:
o künftig für alle KVen verpflichtend;
o Mittel des Strukturfonds auf bis zu 0,2 % der vereinbarten Gesamtvergütung verdoppelt, die Krankenkassen zahlen wie gehabt die Hälfte; es ist sicherzustellen, dass bereitgestellte Mittel für Fördermaßnahmen auch ausgeschöpft werden;
o nicht abschließende gesetzliche Aufzählung der Verwendungszwecke u.a. ergänzt um: Investitionskosten bei Praxisübernahmen, Förderung der Errichtung von Eigeneinrichtungen und lokalen Gesundheitszentren für medizinische Grundversorgung, Förderung von Sonderbedarfszulassungen.
3. Eigeneinrichtungen der KV
• Streichung der Voraussetzung, dass die KVen des Benehmens mit der Kassenseite bedürfen;
• gesetzliche Klarstellung, dass dieses Sicherstellungsinstrument gleichrangig neben anderen Sicherstellungsmaßnahmen;
• Verpflichtung zu Eigeneinrichtungen in Gebieten, in denen Unterversorgung oder drohende Unterversorgung festgestellt;
• Kooperationen und gemeinsamer Betrieb der KVen mit Kommunen und Krankenhäusern möglich;
• Klargestellung, dass Eigeneinrichtungen auch durch mobile oder digitale Sprechstunden, mobile Praxen, Patientenbusse oder ähnliche Versorgungsformen betrieben werden können;
• Eigeneinrichtungen nehmen an der Honorarverteilung teil und sind den übrigen Leistungserbringern gleichgestellt; auch für Eigeneinrichtungen in Gebieten, in denen Unterversorgung oder drohende Unterversorgung festgestellt, keine Maßnahmen zur Fallzahlbegrenzung oder -minderung anzuwenden.
4. Medizinische Versorgungszentren (MVZ)
• Bisherige generelle Möglichkeit zur Nachbesetzung einer Angestellten-Arztstelle auf sachgerechtes Maß beschränkt; Zulassungsausschuss prüft künftig Bedarf für die Nachbesetzung (allerdings nur „Ob“ und nicht „Wie“ der Nachbesetzung, damit MVZ angestellte Ärzte weiterhin selbst auswählen kann);
• Zulassungsausschuss hat auf einen im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens ausgeschriebenen Vertragsarztsitz das besondere Versorgungsangebot des MVZ zu berücksichtigen;
• Klarstellung, dass Vertragsarzt auf Zulassung zugunsten eines in einem anderen Planungsbereich gelegenen MVZ verzichten kann, wenn er ausschließlich in der Zweigpraxis des MVZ in seinem bisherigen Planungsbereich tätig wird;
• um Einfluss von reinen Kapitalinvestoren zu begrenzen, wird Möglichkeit von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen, MVZ zu gründen, auf fachbezogene MVZ beschränkt;
• kein Zulassungsentzug nach Ausscheiden (z.B. aus Altersgründen) aller Gründer eines MVZ, wenn angestellte Ärzte Gesellschafteranteile übernehmen, solange sie im MVZ tätig sind;
• Klarstellung, dass eine Trägergesellschaft auch mehrere MVZ tragen kann;
• Klarstellung, dass die im Gesetz für den Fall einer MVZ-Zulassung als GmbH genannten Sicherheitsleistungen gleichwertig und optional nebeneinander stehen;
• zur Sicherstellung der Versorgung wird das Potential anerkannter Praxisnetze weitergehend genutzt und diesen die Möglichkeit gegeben, in unterversorgten Regionen MVZ zu gründen.
5. Bedarfsplanung
• Fristanpassung für die Überprüfung und Weiterentwicklung der Bedarfsplanungs-Richtlinie durch den G-BA (bis Mitte 2019 auf Grundlage der für Herbst 2018 geplanten Veröffentlichung des dazu beauftragten umfangreichen wissenschaftlichen Gutachtens);
• gesetzliche Grundlagen der Bedarfsplanung und Regelungskompetenzen des G-BA werden angepasst, damit die Voraussetzungen dafür erfüllt, dass innerhalb der neu festgelegten gesetzlichen Frist die Beratungen abgeschlossen und die erforderlichen Anpassungen für eine bedarfsgerechte Versorgung getroffen werden können;
• Aufhebung von Zulassungsbeschränkungen für Rheumatologen, Psychiater und Pädiater bis der gesetzliche Auftrag an den G-BA zur Überprüfung der Bedarfsplanungs-Richtlinie umgesetzt ist;
• In ländlichen Gebieten entfallen Zulassungssperren für die Neuniederlassung von Ärztinnen und Ärzten. Die Bestimmung der von dieser Regelung erfassten Gebiete obliegt den Ländern. Korrespondierend mit der Schaffung zusätzlicher Arztsitze in den von den Ländern bestimmten Regionen erhalten die Länder ein Mitberatungs- und Antragsrecht in den Zulassungsausschüssen.
C. Weitere Themen
1. Sektorenübergreifende Konfliktlösung
• Bisher: bestehende gesetzliche Regelungen zu Schiedsverfahren bei dreiseitigen Vereinbarungen zwischen KBV, GKV-Spitzenverband und DKG zeigen historisch gewachsene Heterogenität auf, die sach- und interessengerechte Lösungen erschwert bzw. sogar unmöglich macht.
• Neu: Schaffung eines neuen Schiedsgremiums für sektorenübergreifende Entscheidungen, das für alle Konfliktlösungen im dreiseitigen Bereich zuständig ist; derzeitige unterschiedliche Konstellationen und damit verbundene Probleme und Unsicherheiten werden beseitigt, die Regelungen werden vereinfacht und eine einheitliche und klare Systematik geschaffen.
2. Zahnersatz
• Festzuschuss:
o Festzuschuss für Zahnersatz von 50 auf 60 % der vom G-BA festgesetzten Beträge für zahnärztliche und zahntechnische Leistungen der Regelversorgung erhöht;
o Erhöhung des Bonus von 60 auf 65 bzw. 70 auf 75 % bei vollständigem Bonus-Heft;
o Anpassung der Härtefallregelungen an die Anhebung der Festzuschüsse.
• Punktwertdegression: Abschaffung der Punktwertdegression für vertragszahnärztliche Leistungen, um Hemmnisse bei der Niederlassung in strukturschwachen Gebieten zu beseitigen.
• Kieferorthopädische Leistungen: durch Schaffung Mehrkostenregelung klargestellt, dass Mehrkostenvereinbarungen nach GOZ auch im kieferorthopädischen Bereich zulässig; Leistungsanspruch der Versicherten bleibt davon unberührt.
• Vertragszahnärztliches Gutachterverfahren: Ermächtigungsgrundlage für das im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehene Gutachterverfahren sowie einer sozialdatenschutzrechtlichen Begleitregelung zur Verarbeitung dafür erforderlicher personenbezogener Daten.
3. SAPV
• Bisheriges Einzelvertragsmodell wird auf Zulassungsmodell umgestellt, um vergaberechtliche Einwände gegen Vertragspraxis auszuräumen;
• künftig einheitliche (Rahmen-) Versorgungsverträge auf Landesebene (entspricht bisheriger Praxis der Musterverträge);
• SAPV-Teams, die Anforderungen erfüllen, haben Anspruch auf Teilnahme an Versorgung und entsprechenden schiedsfähigen (Einzel-) Versorgungsvertrag mit Krankenkassen.
4. Digitalisierung
• Elektronische Patientenakte:
o elektronisches Patientenfach mit elektronischer Patientenakte (ePA) begrifflich zusammengeführt;
o Vereinfachung der Einwilligung des Versicherten in die Nutzung der medizinischen Anwendungen (unter Beachtung der Datenschutzgrundverordnung – DSGVO);
o mobiler Zugriff auf medizinische Daten der ePA auch ohne Einsatz der eGK mittels Smartphone oder Tablet;
o Krankenkassen werden verpflichtet, ihren Versicherten spätestens ab 2021 eine ePA zur Verfügung zu stellen und darüber zu informieren.
• Gematik: Gesellschaft für Telematik hat BMG über Störungen mit beträchtlichen Auswirkungen auf Sicherheit oder Funktionsfähigkeit der Telematik-Infrastruktur und über die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben zu informieren.
II. Andere Versorgungsbereiche
A. Krankenversicherung
1. Leistungsrecht
• Präexpositionsprophylaxe (PrEP): Versicherte mit erhöhtem HIV-Infektionsrisiko erhalten Anspruch auf ärztliche Beratung, erforderliche Untersuchung und Arzneimittel auf Kassenkosten; KBV und GKV-Spitzenverband vereinbaren das Nähere innerhalb von 3 Monaten; BMG evaluiert Regelung bis 2020.
• Kryokonservierung: Erweiterung des Leistungsanspruchs auf künstliche Befruchtung um die Kryokonservierung von Keimzellgewebe, Ei- und Samenzellen in Fällen, in denen Krebserkrankung zu Fertilitätsverlust führen könnte und Kryokonservierung erforderlich ist, um nach Genesung künstliche Befruchtung zu ermöglichen.
• Möglichkeit der stufenweisen Wiedereingliederung: Arzt hat spätestens ab einer Arbeitsunfähigkeit von 6 Wochen regelmäßig festzustellen, ob eine stufenweise Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit in Betracht kommt. G-BA regelt Näheres zum Verfahren.
• Dienstordnungs-Versorgungsempfänger (Kostenerstattung): Klarstellung, dass nicht nur aktive DO-Angestellte der Krankenkassen sondern auch DO-Versorgungsempfänger Teilkostenerstattungstarif in Anspruch nehmen können.
• Bedürftigkeitsprüfung bei Ruhen der Ansprüche: Klarstellung, dass beim Ruhen von GKV-Leistungen wegen Beitragsschulden die Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach SGB II oder SGB XII von zuständigen Trägern und nicht von Krankenkassen durchzuführen ist.
• Krankengeld:
o Wahlmöglichkeit Selbstständige: Klarstellung, dass hauptberuflich Selbstständige die Möglichkeit zur Wahl eines Krankengeldanspruches haben und zwar unabhängig davon, ob nachrangig pflichtversichert oder freiwillig versichert;
o Wahlerklärung: um missbräuchliche Gestaltung des Krankengeldanspruchs auszuschließen, wird klargestellt, dass für Zeitraum, in dem bereits Arbeitsunfähigkeit besteht, keine Wahlerklärung zur Absicherung des Krankengeldanspruchs möglich;
o Krankengeld bei verspäteter Folge-AU-Bescheinigung: für Versicherte, deren Mitgliedschaft vom lückenlosen Bestand des Krankengeldanspruchs abhängig, wird bei verspäteter, aber nach Wegfall des Hinderungsgrundes unverzüglicher Vorlage der Folge-AU-Bescheinigung sichergestellt, dass Krankengeld nicht entfällt und nach Säumniszeit weiter geleistet;
o Verletztengeld-Berücksichtigung bei Höchstdauer des Krankengeldes: damit Bezug von Verletztengeld der Unfallversicherung rechtssicher bei Feststellung der Leistungsdauer des Krankengeldes berücksichtigt, Verletztengeldbezug (wieder) in Ruhens-Regelung aufzunehmen;
o Folgeregelung Flexirentengesetz: Regelung zur Abgrenzung von Kranken- und Rentenversicherung bei Rentenbezug und gleichzeitigem Hinzuverdienst: Ausschluss Krankengeld bei Rentenbezug von mehr als 2/3-Teilrente oder bei rückwirkender Aufhebung Rentenbescheid wegen Überschreiten Hinzuverdienstgrenze;
o Folgeregelung Flexirentengesetz: Krankenkassen können Versicherte mit Teilrente zur Antragstellung nach § 34 Absatz 3e SGB VI auffordern (Berücksichtigung von Änderungen des Rentenanspruchs bei Änderungen des Hinzuverdienstes auf Antrag).
• Elektronische AU-Bescheinigung: verbindliches elektronisches Verfahrens zur Übermittlung von Arbeitsunfähigkeitsdaten durch Ärzte an Krankenassen; technische Umsetzung bedarf zeitlichen Vorlauf, daher erst 2021 in Kraft.
• Spätaussiedler: Erstattungsverfahren für Leistungen der Krankenkassen an Aussiedler aus Bundesmitteln (BVFG – Bundesvertriebenengesetz) wird wegen des übermäßigen Aufwandes bei geringen Fallzahlen abgeschafft; Leistungsanspruch der Betroffenen gegenüber Krankenkassen davon unberührt.
2. Mitgliedschafts- und Beitragsrecht
• Abfindungen bei Gesamteinkommen in der Familienversicherung: Berücksichtigung von Abfindungen / Entlassungsentschädigungen beim Gesamteinkommen in der Familienversicherung unabhängig von Auszahlungsweise.
• Familienversicherung von behinderten Kindern: für behinderte Kinder wird Familienversicherung ohne Altersgrenze auch in Fällen ermöglicht, in denen dies bisher nach Ablauf Vorrangversicherung nicht möglich.
• Vereinfachung der Familienversicherung für Stiefkinder und Enkel: Krankenkassen prüfen überwiegenden Unterhalt nur dann, wenn sie nicht in häuslicher Gemeinschaft mit dem Mitglied leben.
• Keine Vorversicherungszeit für erwachsene Stief- und Adoptivkinder: Keine Anrechnung von Kindererziehungszeiten auf Vorversicherungszeit für KVdR, wenn Elterneigenschaft durch Adoption oder Eheschließung erst nach maßgeblichen Altersgrenzen (keine Anrechnung für erwachsene Stief- und Adoptivkinder).
• Unterhaltsersetzende Versorgungsbezüge bei Waisenrentnern: Beitragsfreistellung unterhaltsersetzender Versorgungsbezüge bei Waisenrentnern; damit bestehende beitragsrechtliche Ungleichbehandlung hinsichtlich verschiedener unterhaltsersetzender Hinterbliebenenleistungen beseitigt.
• Rente und Versorgungsbezug: verwaltungsverfahrensrechtliche Rechtsgrundlage, damit Beitragsbescheide freiwillig Versicherter bei Nachzahlung von Renten und Versorgungsbezügen rückwirkend angepasst werden können.
• Zahlstellenverfahren für Beiträge aus Versorgungsbezügen: Verwaltungsvereinfachung und Bürokratieabbau durch Ausweitung des Zahlstellenverfahrens für Beiträge aus Versorgungsbezügen.
• AAG (Behindertenwerkstätten): Herausnahme der bei anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis stehenden behinderten Menschen aus den Arbeitgeberausgleichsverfahren nach dem AAG.
3. Verbänderecht, Aufsicht
• Fehlverhaltensbekämpfungsstellen der Krankenkassen und KVen: Befugnis zur Übermittlung personenbezogener Daten insbesondere an Zulassungsstellen wird klargestellt.
• Musterkassenordnung: GKV-Spitzenverband wird verpflichtet, mit dem BVA eine Musterkassenordnung nach § 3 Sozialversicherungs-Rechnungsverordnung (SVRV) für die Krankenkassen abzustimmen.
• Prüfung nach § 274 SGB V der Spitzenverbände: Zur Unterstützung der Prüfung nach § 274 SGB V über GKV-Spitzenverband, MDS, KBV, KZBV wird dem BMG die Möglichkeit eröffnet, in besonderen Fällen selbst Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwaltskanzleien zu beauftragen.
4. Sozialdatenschutz
• Betriebsärzte: Förderung von Schutzimpfungen durch Betriebsärzte durch Ermöglichung der Vertragsabrechnung über Abrechnungsstellen (wie Hausarzt- und Selektivverträge).
• Sozialdatenschutz in der Qualitätssicherung: Datenverarbeitung zum Zweck der Qualitätssicherung: Leistungserbringer dürfen übermittelte Versichertendaten mit eigenen Versichertendaten zusammenführen.
• Sozialdatenschutz (z.B. bei der ePA): Befugnis zur Übermittlung von Leistungs- und Abrechnungsdaten durch Krankenkassen an Dritte (z.B. für eine elektronische Patientenakte) auf Verlangen und mit Einwilligung des Versicherten.
B. Arzneimittel
• Zahnärzte:
o Klarstellung im Arzneimittelgesetz (AMG), dass die bestehende Regelung für die erlaubnisfreie Herstellung von Arzneimitteln durch Ärzte auch für Zahnärzte gilt;
o Folgeregelungen im Transfusionsgesetz, die die Sicherheit der Herstellung und Anwendung von Blutzubereitungen durch Zahnärzte nach dem anerkannten Stand der Wissenschaft und Technik in der Zahnheilkunde gewährleisten (Richtlinien BZÄK im Einvernehmen mit PEI).
• Impfstoffausschreibungen: Krankenkassen sind verpflichtet, auch Preis des zweitgünstigsten Herstellers zu übernehmen.
• Großhandelszuschlag: pharmazeutischer Großhandel darf auf Festzuschlag von 70 Cent gemäß Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) keine Rabatte oder Skonti gewähren.
• AMNOG-Schiedsstelle: Bestellung der Unparteiischen durch die Aufsichtsbehörde (anstatt Losverfahren).
• G-BA-Beschlüsse zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln: Veröffentlichung auch auf Englisch.
C. Gesundheitsschutz
• Fristverlängerung Krebsregister: Nachbesserungsfrist zur Erfüllung der Kriterien als Voraussetzung der finanziellen Förderung klinischer Krebsregister durch GKV von 1 Jahr auf 2 Jahre verlängert.
D. Pflegeversicherung
• Anschlussregelung Betreuungsdienste:
o Betreuungsdienste, die sich auf häusliche Betreuung und Haushaltshilfe konzentrieren, werden zugelassene Leistungserbringer in der sozialen Pflegeversicherung (nach Modellvorhaben des GKV-Spitzenverband); es gelten im Wesentlichen die Regeln wie für ambulante Pflegedienste;
o Verbreiterung der Fachkräftebasis, da als verantwortliche Fachkraft bei den Betreuungsdiensten sowie als weiteres Personal statt Pflegefachkräften auch andere Fachkräfte zum Einsatz kommen können;
o Übergangsregelungen zur Qualitätssicherung für Betreuungsdienste bis Umsetzung des neuen wissenschaftsbasierten Qualitätssystems nach PSG II ab 2020.