Haben die KV'en ihre Macht verloren?

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Dr. Günter Gerhardt schrieb 18 September 2018

Internistentag

BDI konstatiert Machtverlust der KVen

Die Selbstverwaltung verkomme mit Jens Spahns geplantem Gesetz zur nachgeordneten Behörde, beklagt der Verband. Und plädiert selbst dafür, den KVen die Zuständigkeit für die Notfallversorgung zu nehmen.

Spies: „Man muss sich fragen, ob die KVen überhaupt noch fähig sind, die Interessen der niedergelassenen Ärzte zu vertreten.“
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Die Spitze des Berufsverbands Deutscher Internisten (BDI) hat anlässlich des Internistentags in Berlin am Freitag erneut deutlich gemacht, dass sie das System der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) kurz vor dem Ende sieht. Aus der ärztlichen Selbstverwaltung, sagt BDI-Präsident Dr. Hans-Friedrich Spies, werde immer mehr eine Behörde, die die Anweisungen des Bundesgesundheitsministeriums umsetzen müsse. „Mit dem Unterschied“, so Spies weiter, „dass diese Behörde von ihren Mitgliedern bezahlt werden muss“, also den niedergelassenen Ärzten. Das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplante Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) mit seinen zahlreichen Eingriffen und Vorgaben sei die logische Folge dieses Trends und ähnlich einschneidend wie der „Kompromiss von Lahnstein“ aus dem Jahr 1992, als die Budgetierung ärztlicher Leistungen beschlossen wurde. „Man muss sich fragen, ob die KVen überhaupt noch fähig sind, die Interessen der niedergelassenen Ärzte zu vertreten.“ Spies sagte das nicht ohne Grund: Durch die schleichende Entmachtung der KVen, schloss er, steige die politische Bedeutung der Berufsverbände. In diese Lücke wolle auch der BDI springen.

„Positiv zur Kenntnis“ nehme der BDI beim TSVG-Entwurf die dort geplante Entbudgetierung mancher ärztlicher Leistungen, etwa von zusätzlichen und offenen Sprechstunden. Allerdings dürfe es hier nicht ein Bewegung „von der linken in die rechte Tasche“ der Ärzte geben, sagte Spies. Er bezog sich damit auf die Bereinigung der Budgets, die die Kassen vornehmen werden. Dies sei legitim, betonte Spies. Allerdings dürfe nur „mit Beträgen bereinigt werden, die tatsächlich beim Vertragsarzt netto ausgezahlt wurden. Dieses Vorgehen scheint bei Krankenkassen nicht selbstverständlich zu sein.“ Neue Leistungen müssten auch zusätzlich vergütet werden und nicht etwa jenen Kollegen genommen werden, die diese nicht erbringen.

Weniger Macht der KV

Das TSVG steht im Mittelpunkt des noch bis Samstag dauernden Internistentages, doch es werden auch andere Forderungen verhandelt. Etwa die, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu entreißen. Bis jetzt wird der MDK von den Kassen finanziert, die dort angestellten Ärzte würden damit auch im Sinne der GKV prüfen, monierte der BDI-Präsident. „Der MDK leidet unter ökonomischen Zwängen“, sagte Spies, dies würde nicht immer zu medizinisch korrekten Beurteilungen führen. „Natürlich wird der MDK auch genutzt, um Vorgaben im System durchzusetzen.“ Er plädierte deshalb dafür, für die MDKs eine neue Trägerschaft zu finden. Zum Beispiel beim Gemeinsamen Bundesausschuss, also der aus Krankenhausgesellschaft, Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Krankenkassen bestehenden Selbstverwaltung. „Grundsätzlich geht es um eine unabhängige Finanzierung“, sagte Spies. „Wir sind für jedes Modell offen, das den MDK wieder neutral macht.“

Als drittes großes Thema rief Spies die anstehende Neuordnung der Notfallversorgung auf. Man unterstütze den Ansatz des Sachverständigenrats (SVR), der im Kern einen gemeinsamen Tresen vorsieht, an dem Notfälle in ambulanten und stationären Sektor triagiert werden, und zwar in integrierten Notfallzentren und Leitstellen. Allerdings will der BDI hierbei den KVen eine weniger zentrale Rolle zugestehen. Organisiert werden sollte die Notfallversorgung, so die Forderung des Verbands, über Selektivverträge zwischen Krankenkassen, KVen, Kliniken, Leitstellen, Rettungsstellen und allen anderen Beteiligten. „Die KV würde in diesem Fall ihren Sicherstellungsauftrag für die Notfallversorgung an die Vertragspartner abgeben“, fasste Spies zusammen. „Das System würde dann darüber definiert, wer sich daran beteiligt. Vor Ort könnte man dann bestimmen, wer den Hut aufhat.“

15.09.2018 07:52:30, Autor: tt

Dr. Günter Gerhardt schrieb 19 September 2018

Ja lieber Herr Kollege Spies, die KV'en haben ihre Macht verloren. Die Interessenvertretung findet nur noch marginal statt, wird aber auch von der Politik immer unmöglicher gemacht. Wenn das der Chef des HÄ-Verbandes RLP im Beisein des KV Vorstandes so äußert, wird dem nocht einmal mehr widersprochen. Die KV könnte aber die Kolleginnen und Kollegen mobilisieren, zur Informationsveranstaltung ("Demo") aufrufen. Geht nicht? Doch! Ich hatte als Vorstandsvorsitzender der KV RLP am 2.12.2009 diese Veranstaltung der Vertreterversammlung vorgestellt, die Mehrheit war dafür, so dass ich Kolleginnen und Kollegen aus RLP dazu eingeladen habe. Mit Bussen sind HÄ und FÄ angereist und haben ihren Unmut lautstark mit Kapelle und Sarg zum Ausdruck gebracht. Die damalige Gesundheitsministerin Malu Dreyer hat über eine Stunde an der Veranstaltung teilgenommen, mit diskutiert und anschließend nachweislich bei dem damaligen Bundesgesundheitsminister Rösler im Sinne der KV RLP interveniert.

Einige Juristen (nicht alle) der KV RLP hatten mir im Vorfeld dringend von der Demo abgeraten; es war übrigens die bislang erste und einzigste von einer KV organisierte Demo. Mit welchen Drohszenarien man mich damals abhalten wollte, die Demo zu organisieren. Mein Kollege und Vorstandsmitglied Dr. Michael Siegert hatte mich tatkräftig unterstützt und auch eine flammende Rede gehalten. Meine damalige Stellvertreterin im Amt Frau Dr. Ultes-Kaiser erschien nicht zu der Demo, sondern hat sie in einem Interview mit der Ärztezeitung als populistische Maßnahme abqualifiziert und auf die Bundesebene verwiesen.Die Demo habe ich ohne Schaden überstanden, es trat anschließend  nichts, aber auch gar nichts von den angekündigten Szenarien ein.
Es muss ja nicht unbedingt eine Demo sein, zu der die KV aufruft, es können auch Bürgerveranstaltungen sein, wo eben die Probleme dargestellt werden, die Ärzte und Patienten gemeinsam tangieren. Hatten wir in RLP 2009/2010 auch schon einmal, war ein großer Erfolg, die Säle waren immer gut gefüllt.
Die KVen könnten also schon unsere Interessen vertreten, am besten dort, wo die Politik nicht eingreifen kann.

Ich gebe Ihnen auch Recht, dass die politische Bedeutung der Berufsverbände steigt, nur mit dem Unterschied, dass die Vorsitzenden der Berufsverbände in ihren Praxen arbeiten müssen, von der Aufwandsentschädigung können sie nicht leben, handelt es sich doch nicht um eine hauptamtliche Tätigkeit.

Den Sicherstellungsauftrag darf die KV allerdings auch nicht in Teilbereichen verlieren, das wäre der Anfang vom Ende. Ist der Sicherstellungsauftrag erst mal weg, wir bekämen ihn nie wieder mit allen Konsequenzen, die ich Ihnen lieber Herr Spies nicht erklären muss.

 

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