Internistentag
BDI konstatiert Machtverlust der KVen
Die Selbstverwaltung verkomme mit Jens Spahns geplantem Gesetz zur nachgeordneten Behörde, beklagt der Verband. Und plädiert selbst dafür, den KVen die Zuständigkeit für die Notfallversorgung zu nehmen.
Die Spitze des Berufsverbands Deutscher Internisten (BDI) hat anlässlich des Internistentags in Berlin am Freitag erneut deutlich gemacht, dass sie das System der Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) kurz vor dem Ende sieht. Aus der ärztlichen Selbstverwaltung, sagt BDI-Präsident Dr. Hans-Friedrich Spies, werde immer mehr eine Behörde, die die Anweisungen des Bundesgesundheitsministeriums umsetzen müsse. „Mit dem Unterschied“, so Spies weiter, „dass diese Behörde von ihren Mitgliedern bezahlt werden muss“, also den niedergelassenen Ärzten. Das von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplante Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) mit seinen zahlreichen Eingriffen und Vorgaben sei die logische Folge dieses Trends und ähnlich einschneidend wie der „Kompromiss von Lahnstein“ aus dem Jahr 1992, als die Budgetierung ärztlicher Leistungen beschlossen wurde. „Man muss sich fragen, ob die KVen überhaupt noch fähig sind, die Interessen der niedergelassenen Ärzte zu vertreten.“ Spies sagte das nicht ohne Grund: Durch die schleichende Entmachtung der KVen, schloss er, steige die politische Bedeutung der Berufsverbände. In diese Lücke wolle auch der BDI springen.
„Positiv zur Kenntnis“ nehme der BDI beim TSVG-Entwurf die dort geplante Entbudgetierung mancher ärztlicher Leistungen, etwa von zusätzlichen und offenen Sprechstunden. Allerdings dürfe es hier nicht ein Bewegung „von der linken in die rechte Tasche“ der Ärzte geben, sagte Spies. Er bezog sich damit auf die Bereinigung der Budgets, die die Kassen vornehmen werden. Dies sei legitim, betonte Spies. Allerdings dürfe nur „mit Beträgen bereinigt werden, die tatsächlich beim Vertragsarzt netto ausgezahlt wurden. Dieses Vorgehen scheint bei Krankenkassen nicht selbstverständlich zu sein.“ Neue Leistungen müssten auch zusätzlich vergütet werden und nicht etwa jenen Kollegen genommen werden, die diese nicht erbringen.
Weniger Macht der KV
Das TSVG steht im Mittelpunkt des noch bis Samstag dauernden Internistentages, doch es werden auch andere Forderungen verhandelt. Etwa die, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu entreißen. Bis jetzt wird der MDK von den Kassen finanziert, die dort angestellten Ärzte würden damit auch im Sinne der GKV prüfen, monierte der BDI-Präsident. „Der MDK leidet unter ökonomischen Zwängen“, sagte Spies, dies würde nicht immer zu medizinisch korrekten Beurteilungen führen. „Natürlich wird der MDK auch genutzt, um Vorgaben im System durchzusetzen.“ Er plädierte deshalb dafür, für die MDKs eine neue Trägerschaft zu finden. Zum Beispiel beim Gemeinsamen Bundesausschuss, also der aus Krankenhausgesellschaft, Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Krankenkassen bestehenden Selbstverwaltung. „Grundsätzlich geht es um eine unabhängige Finanzierung“, sagte Spies. „Wir sind für jedes Modell offen, das den MDK wieder neutral macht.“
Als drittes großes Thema rief Spies die anstehende Neuordnung der Notfallversorgung auf. Man unterstütze den Ansatz des Sachverständigenrats (SVR), der im Kern einen gemeinsamen Tresen vorsieht, an dem Notfälle in ambulanten und stationären Sektor triagiert werden, und zwar in integrierten Notfallzentren und Leitstellen. Allerdings will der BDI hierbei den KVen eine weniger zentrale Rolle zugestehen. Organisiert werden sollte die Notfallversorgung, so die Forderung des Verbands, über Selektivverträge zwischen Krankenkassen, KVen, Kliniken, Leitstellen, Rettungsstellen und allen anderen Beteiligten. „Die KV würde in diesem Fall ihren Sicherstellungsauftrag für die Notfallversorgung an die Vertragspartner abgeben“, fasste Spies zusammen. „Das System würde dann darüber definiert, wer sich daran beteiligt. Vor Ort könnte man dann bestimmen, wer den Hut aufhat.“