Innerer NC in der Vorklinik? Familienzusammenführung nicht für deutsche Studenten möglich?

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  • Letzter Beitrag 09 Juli 2017
Dr. Günter Gerhardt schrieb 05 Juli 2017

Noch ein NC? Unglaublich, aber wahr....aber lesen Sie bitte selbst:

Juso HSG lädt ein

Bitte teilnehmen und mitdiskutieren (am 5.7., 11.7. und 17.7.17), u.a. weil...s.Auszug aus dem Brief der Fachschaft Vorklinik

"Aus dem Prodekangespräch und der Unterrichtskommission haben wir erfahren, dass ein sogenannter Innerer NC (=in diesem Fall ein Losverfahren ohne Einfluss von Noten), sollte kein kapazitätsneutrales Geld vom Ministerium kommt, beschlossen wird. Ab nächstem Semester, für alle vorklinischen Semester und für alle Pflichtveranstaltungen.
Wir sind deutlich mehr Studierende, als die errechnete Lehrkapazität es vorsieht . Entsprechend wird gelost, wer im kommenden Semester Veranstaltungen belegen kann und wer nicht. Die „Verlierer" verlieren damit definitiv ein Semester, das sie mit Nichtstun verbringen können, je nach Fach ( bei mikroskopischer und makroskopischer Anatomie) sogar bis zu einem ganzen Jahr.
Beim Losen wird es voraussichtlich verschiedene Prioritätengruppen geben:
1. Sichere Plätze für "Unverschuldet in Verzug Geratene" d.h. Leute, die bereits ein Semester durch z.B. Krankheit verloren haben. Dazu zählen auch Eingeklagte, die durch die noch laufende Klage erst später anfangen konnten.
2. Wiederholer
3. Die große Gruppe der normalen Studierenden in Regelstudienzeit
4. wahrscheinlich "verschuldet in Verzug Geratene", also Leute die Fächer gesplittet oder Klausuren freiwillig geschoben haben. 
Diese Auswahlkriterien (v.a. das mit den Eingeklagten) sind für uns schwer nachvollziehbar. Es ist jedoch auch noch etwas unklar, ob Sie so durchgesetzt werden.
Es soll versucht werden, nur Fächer zu losen, durch die man kein ganzes Jahr verlieren würde.
Für andere Fächer bedeutet das  aber zum Beispiel Folgendes:
aktuell im Physio-Praktikum im 3. Semester: 265 Studenten
Kapazität des 4. Semesters: 215 Studenten
=> 50 Drrittsemester werden warten müssen. So ähnlich wird es in allen anderen vorklinischen Semestern auch aussehen.
Ursache sind 

1. die ständigen Überbuchungen durch Hochschulstart,

2. viele erfolgreiche Klagen und 

3. chronische Unterfinanzierung und Desinteresse beim Ministerium. 

Das Dekanat und die Lehre überbrücken diese Differenz seit Semestern mit „Lückenstopferei" und arbeiten am Anschlag. Deren studentenfreundliche Einstellung ist nun leider auch am Limit angekommen. Als Zeichen, dass sie sich diesen Teufelskreis vom Ministerium nicht länger gefallen lassen, ziehen sie jetzt diese Konsequenz.
Damit verlagern sie im Endeffekt ein Problem, dass sie selbst nicht lösen konnten auf das nächste Glied der Kette, nämlich uns, und hoffen auf unsere Intitiative. 

Die zentralen Ungerechtigkeiten sehen wir insbesondere darin, 

—>dass sich unsere Studienzeit je nach Veranstaltung, die nicht besucht werden kann, bis zu einem ganzen Jahr verlängern kann

—> dass es am härtesten die Menschen trifft, die sowieso schon Probleme bei der Studienfinanzierung haben und durch das Verlassen der Regelstudienzeit Probleme mit dem Stipendiengeber/ dem Bafög-Amt bekommen werden oder einen Kredit aufnehmen müssen

—> dass wir einen Ärztemangel haben und jetzt nach dem schwierigen Zutritt zum Studium auch noch das Durchführen dessen enorm erschwert wird

—> dass ein verwaltungstechnisches und politisch bedingtes Problem an uns Studierenden ausgelassen wird

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Dr. Günter Gerhardt schrieb 09 Juli 2017

Der Hochschuldialog mit Malu Dreyer hat am 5.7.2017 stattgefunden. Hier der Text einer Teilnehmerin:

 

Hochschuldialoge 16/17                                                                       (05.07.2017)

 

Wie geht Gerechtigkeit heute? – Mit Malu Dreyer

 

 

Nach einem kurzen Überblick über die Arbeit der SPD in Rheinland-Pfalz, beantwortet Malu Dreyer Fragen anwesender Studierenden.

Studierende der Medizin zeigen große Präsenz im Audimax der Johannes-Gutenberg Universität und machen damit ihre Unzufriedenheit mit den gesundheitspolitschen Entscheidungen der derzeitigen Regierung deutlich.

Gleich die erste Frage konfrontiert die Ministerpräsidentin bereits mit unserer Problematik („Losverfahren für Pflichtveranstaltungen in der Vorklinik“).

Frau Dreyer weist zunächst Vorwürfe an die Politik, zu wenig Geld zur Verfügung zu stellen, zurück und führt stattdessen Verteilungsprobleme durch Verantwortliche an der Universität an. Sie verweist auf im Juli stattfindende Gespräche zwischen dem Wissenschaftsministerium und den Verantwortlichen der Universität. Geringe Zustimmung aus den Reihen der anwesenden Studierenden drückt Enttäuschung über die wagen Worte der Ministerpräsidentin aus. Auf erneute Nachfrage konkretisiert Malu Dreyer ihre Aussage. Sie werde mit dem Wissenschaftsminister sprechen und stellt den Studierenden eine schnelle Lösung in Aussicht.

Zu einem späteren Zeitpunkt findet ein weiteres Thema aus dem Bereich der Gesundheitspolitik Gehör. Mit dem Ruf nach mehr Gerechtigkeit bei der Bezahlung niedergelassener Ärzte, bei der Versorgung von Privat-und Kassenpatienten.

Malu Dreyer erklärt, dass das Gesundheitssystem einer Reform bedürfe. „Der Privatpatient ist genauso viel Wert, wie der gesetzlich Versicherte.“ Es könne daher nicht sein, dass sich das Honorar des behandelnden Arztes danach richtet, welche der genannten Gruppen er behandelt. Daher müsse es eine Honorarangleichung niedergelassener Ärzten geben, und zwar nicht auf dem Niveau der GKV. Vielmehr plädiere sie dafür, sich mit den Ärzten an einen Tisch zu setzen und gemeinsam über ein auskömmliches Honorar zu diskutieren. 

 

 

Neben diesen gesundheitspolitischen Themen werden auch allgemeine Themen diskutiert. Unteranderem die Frage nach einer Anhebung des Bafög-Satzes oder gar eines für alle Studierenden geltendes Elternunabhängiges Bafög. Die Staffelung der Rundfunkgebühren und die Abschiebung von Flüchtlingen nach Afghanistan.

Eine regelmäßige Anpassung des Bafög-Satzes an die steigenden Ausgaben von Studierenden hält Frau Dreyer für unbedingt notwendig. Gerade da die Umstellung des Studiums in das Bachelor-und Mastersystem das Arbeiten neben dem Studium nur bedingt ermöglicht. Ein Elternunabhängiges Bafög für alle Bafög-beziehenden Studieren sei allerdings zu teuer.

Die Frage, ob nicht alles Studierenden vom Rundfunkbeitrag befreit werden sollten, oder eine Staffelung der Beitragssätze nach dem jeweiligen Einkommen gerecht wäre, verneint die Ministerpräsidentin und begründet dies mit der Schutzbedürftigkeit des Qualitätsjournalismus in der heutigen Zeit.

Auf die Frage der Abschiebung von Flüchtlingen aus Afghanistan, gibt es ein deutliches Nein. Es würden keine Flüchtlinge in Rheinland-Pfalz nach Afghanistan abgeschoben. Abgesehen von solchen, die als Gefährder eingestuft werden könnten und diese gebe es in Rheinland-Pfalz derzeit nicht.

 

 

Malu Dreyer steht vielen Fragen der Anwesenden Rede und Antwort.

Den Dialog beendet sie mit den Worten. „Gehen Sie wählen. Sie haben es in der Hand.“

 

 

 

 

 

Dr. Günter Gerhardt schrieb 09 Juli 2017

 Anbei ein Brief der Fachschaft Medizin Vorklinik:

Lieber Herr Dr. Gerhardt,

 hier eine Zusammenfassung unseres aktuellen Problems in der Vorklinik.

 In den letzten Semestern kam es immer wieder zu Überbuchungen der vorhandenen Studienplätze durch Hochschulstart. Im Zusammenhang damit kam es auch immer mehr zu erfolgreichen Studienplatzklagen.

Diese Aufwärtsspirale kann nun nicht mehr durch sogenannte "kapazitätsneutrale" Förderung aufgefangen werden, weil das entsprechende Gesetz "Wissen schafft Zukunft II" ausgelaufen ist und die darauf folgende verstetigte Förderung eine Finanzierung solcher Überkapazitäten nicht mehr vorsieht. Das Dekanat stößt mit seiner Bitte nach Finanzierung der überbuchten Studienplätze auf taube Ohren im Wissenschaftsministerium und kann unsere Lehrveranstaltungen nicht mehr finanzieren.

Als Hilferuf des überforderten Dekanats soll am 13.7. im Fachbereichsrat ein "Innerer Numerus Clausus" auf unsere Pflichtveranstaltungen eingeführt werden.  Dadurch werden Studenten aus ihren Pflichtkursen im nächsten Semester herausgelost werden, weil die Anmeldezahlen die finanzierbare Kapazität übersteigen. Bis zur 100 Studenten der Vorklinik können im nächsten Semester betroffen sein, genaue Zahlen gibt es am 14.7. nach Ende der Anmeldephase und Veröffentlichung der offiziellen Kapazitäten durch das Wissenschaftsministerium.

Die Konsequenz für die betroffenen Studenten wird ein halbes Jahr erzwungenes Nichtstun sein, wodurch sich auch unser Berufseinstieg um ein halbes Jahr verzögern wird. Und das mit allen persönlichen und gesellschaftlichen Folgekosten:

Betroffen sind wir unter anderem durch den Verlust von Bafög und Stipendien, verschwendeten Semesterbeitrag, Kindergeld bis/Krankenversicherung ab 25 Jahren und entgangenes Gehalt durch verspäteten Berufseinstieg.

Gesellschaftlich bedeutet der Innere NC zig verlorene Ärzte-Arbeitsjahre (Ärztemangel), einhergehenden Wohlfahrtsverlust, entgangene Wirtschaftsleistung und Steuereinnahmen.

 Dazu kommt noch, dass durch den Inneren NC die bestehenden Probleme nicht gelöst werden, sondern einfach eine "Medizinerhalde" aufgeschüttet und jedes Semester vor sich her geschoben wird. Gleichzeitig kann es weiterhin zu Überbuchungen und Klagen im ersten Semester kommen.

Ein solches Armutszeugnis sollte das Wissenschaftsministerium in der einzigen Ausbildungsstätte für Ärzte in Rheinland-Pfalz nicht ablegen wollen.

Versteht man das? Da warten deutsche Studentinnen und Studenten 7 Jahre auf einen Studienplatz, nur weil v.a. die Jungs nicht ganz so fleißig waren und als Jugendliche mal lieber nachmittags auf den Bolzplatz gegangen sind, was dann 7 Jahre Warten bedeutet.

 

angehängte Datei: Anmeldungs- und Kapazitätszahlen für das 2. Semester (WS 2017/ 2018)

 

 

 

Dr. Günter Gerhardt schrieb 09 Juli 2017

Eine Studentin erzählt ihre Geschichte:

Sie studiert über den 2. Bildungsweg Medizin, ist Ergotherapeutin und hat vor wenigen Wochen ihr erstes Kind bekommen. Ihr Freund studiert in Heidelberg Medizin, er ist Osteopat. Jetzt als junge Eltern wäre es verständlicherweise in vielerlei Hinsicht ideal, wenn die Beiden in der gleichen Stadt studieren könnten. Mainz würde sich anbieten, da die Studentin in der UniversitätsMedizin Mainz arbeitet und ihr Freund in einer osteopathischen Praxis in der Nähe von Mainz. Der (Härtefall-) Antrag wurde jedoch abgelehnt. So wie ich die Studentin verstanden habe, wäre ein Wechsel von ihr nach Heidelberg kein Problem gewesen.

In meinem Seminar spielt der politische Dialog eine große Rolle. Wir haben auch einen relativ großen Ausländeranteil im Seminar. Gerade die Syrer haben sehr die Möglichkeit der Familienzusammenführung, die die Bundesrepublik bietet, gelobt. Natürlich haben wir in diesem Zusammenhang auch über die nicht mögliche Familienzusammenführung von der Studentin, ihrem Freund und deren Neugeborenem gesprochen. Einhellige Meinung: Nicht nachvollziehbar, ungerecht und Wasser auf die Mühlen von rechtspopulistischem Gedankengut, was wir in unserem Seminar zum Glück nicht haben.

 

 

 

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