KV schlägt Alarm

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  • Letzter Beitrag 25 März 2020
Dr. Günter Gerhardt schrieb 25 März 2020

 

 KV Berlin schreibt Brief an Regierenden Bürgermeister Michael Müller: Der drohende Zusammenbruch der medizinischen Versorgung in Berlin müsse verhindert werden (s.u.)

Dr. Günter Gerhardt schrieb 25 März 2020

KV Berlin schlägt Alarm

„Niedergelassene fühlen sich an vorderster Front alleine gelassen“

Mit einem Offenen Brief hat sich die KV Berlin an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller gewendet. Der drohende Zusammenbruch der medizinischen Versorgung in Berlin müsse verhindert werden, fordern die Vertreterversammlung und der Vorstand darin.

Vorstand und VV - hier Vorsitzenden Dr. Christiane Wessel - fordern die Politik zum Handeln auf.
© KV Berlin

Spätestens zu Ostern könne das Gesundheitssystem an seine Grenzen kommen, weil die Intensiv- und Beatmungskapazitäten bereits überbelegt seien und weitere gebraucht werden, heißt es in dem Schreiben, das auch an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn gegangen ist. „Jeden Tag behandeln die Vertragsärzte ungeschützt Patienten, die zunehmend auch infiziert sind oder es sein könnten. Noch immer fehlt die dringend benötigte Schutzkleidung. Und Bundes- sowie Landespolitik sind ausschließlich auf die Unterstützung von Krankenhäusern fokussiert; die Niedergelassenen fühlen sich an vorderster Front alleine gelassen“, beklagen die Ärztevertreter.

 

„Wir fordern Sie aus medizinischen Gründen auf, sehr schnell zu reagieren und ein umfangreiches Maßnahmenpaket aufzusetzen. Dies ist die einzige Möglichkeit, den Schaden noch zu begrenzen. Die Überforderung unseres Gesundheitssystems lässt sich nach heutigem Stand bereits nicht mehr abwenden“, heißt es in dem Brief. Folgende Forderungen stellt die KV:

 

"Die ambulante Versorgung benötigt dringend Schutzausrüstung! Wir fordern Sie auf, dafür zu sorgen, dass die Praxen in Berlin mit ausreichend Schutzausrüstung ausgestattet werden. Nur dann sind die Vertragsärzte in der Lage, die ambulante Versorgung weiterhin aufrechtzuerhalten.

 

Es ist unabdingbar, schnell weitere spezifische Versorgungsstrukturen aufzubauen. Aktuell arbeitet die KV Berlin gemeinsam mit Krankenhäusern und Berufsverbänden am Aufbau medizinischer Zentren für infizierte und erkrankte Patienten (Fieberambulanzen), die im Worst Case die Versorgung mit auffangen müssen, sollte es weiterhin keine oder zu wenig Schutzausrüstung geben. Diese und weitere Versorgungsstrukturen müssen dringend gebildet werden, damit Berlins Gesundheitssystem keinen Kollaps erleidet.

Wir fordern Sie außerdem auf, die bundesweiten Bemühungen der Kassenärztlichen Vereinigungen dabei zu unterstützen, dass Niedergelassene einen finanziellen Ausgleich erhalten, sollten sie elektive Eingriffe auf Grund der aktuellen Situation verschieben bzw. ausfallen lassen müssen. Die für die Krankenhäuser getroffene Regelung muss zwingend auch für die Praxen gelten. Nach der überwundenen Krise können die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen nicht mit wirtschaftlichen Auswirkungen kämpfen."

 

 

 


Der änd dokumentiert den Brief im Folgenden im Volltext:

 

Offener Brief: Berliner Gesundheitswesen ist in Gefahr - Was zu tun ist!

Sehr geehrter Regierender Bürgermeister, sehr geehrter Herr Müller,

das Gesundheitssystem in Berlin steht vor sehr großen Herausforderungen. Aktuell arbeiten alle Bereiche - stationär wie ambulant - mit größter Kraftanstrengung daran, die Verbreitung des Coronavirus in unserer Stadt aufzuhalten, die medizinische Versorgung auf das Schlimmste vorzubereiten und einen Zusammenbruch zu verhindern. Vor diesem Hintergrund wenden wir ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte uns an Sie in Ihrer Funktion als Regierender Bürgermeister, um Sie aufzufordern, die Arbeit im Gesundheitsbereich mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel zu unterstützen. Folgende Punkte sind essentiell:

1. Hochrechnungen zeigen, dass spätestens zu Ostern das Berliner Gesundheitssystem an seine Grenzen kommen wird, weil dann die Intensiv- und Beatmungskapazitäten bereits überbelegt sind und weitere gebraucht werden.

2. Jeden Tag behandeln wir ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte mit unseren engagierten Teams ungeschützt Patienten, die zunehmend auch infiziert sind oder es sein können.

3. Noch immer fehlt die Schutzkleidung; es gibt so gut wie keine sterilen und auch keine unsterilen Handschuhe, Gesichtsmasken, Schutzanzüge und Desinfektionsmittel, ob-wohl diese im medizinischen Bereich dringend gebraucht werden.

4. Bundes- und Landespolitik versprechen deren Beschaffung; die eintreffenden Lieferungen sind aber, wenn sie überhaupt ankommen, viel zu gering.

5. Bundes- und Landespolitik fokussieren sich ausschließlich auf die Unterstützung von Krankenhäusern; wir Niedergelassene fühlen uns zurzeit an der vordersten Front alleine gelassen, obwohl wir die ersten Kontaktpersonen für die Patienten sind.

Wir fordern Sie aus medizinischen Gründen auf, sehr schnell zu reagieren und ein umfangreiches Maßnahmenpaket aufzusetzen. Dies ist die einzige Möglichkeit, den Schaden noch zu begrenzen. Die Überforderung unseres Gesundheitssystems lässt sich nach heutigem Stand bereits nicht mehr abwenden. Folgende Maßnahmen sind uns wichtig:

1. Die ambulante Versorgung benötigt dringend Schutzausrüstung! Wir fordern Sie auf, dafür zu sorgen, dass die Praxen in Berlin mit ausreichend Schutzausrüstung ausgestattet werden. Nur dann sind die Vertragsärzte in der Lage, die ambulante Versorgung weiterhin aufrechtzuerhalten.

Bisher wird die Versorgung medizinischer Einrichtungen mit Schutzausrüstung in dieser Stadt sehr einseitig betrieben. Alle Ärzte und alles medizinisches Personal – ob im stationären oder im ambulanten Bereich tätig – muss ausreichend mit Schutzkleidung aus-gestattet sein, um die medizinische Versorgung von Corona-Patienten, wie lange sie auch andauern mag, aufrechterhalten zu können.

2. Es ist unabdingbar, schnell weitere spezifische Versorgungsstrukturen aufzubauen. Aktuell arbeitet die KV Berlin gemeinsam mit Krankenhäusern und Berufsverbänden am Aufbau medizinischer Zentren für infizierte und erkrankte Patienten (Fieberambulanzen), die im Werst Case die Versorgung mit auffangen müssen, sollte es weiterhin keine oder zu wenig Schutzausrüstung geben. Diese und weitere Versorgungsstrukturen müssen dringend gebildet werden, damit Berlins Gesundheitssystem keinen Kollaps erleidet.

3. Wir fordern Sie außerdem auf, die bundesweiten Bemühungen der Kassenärztlichen Vereinigungen dabei zu unterstützen, dass Niedergelassene einen finanziellen Ausgleich erhalten, sollten sie elektive Eingriffe auf Grund der aktuellen Situation verschieben bzw. ausfallen lassen müssen. Die für die Krankenhäuser getroffene Regelung muss zwingend auch für die Praxen gelten. Nach der überwundenen Krise können die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen nicht mit wirtschaftlichen Auswirkungen kämpfen.

Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister, aus den Reihen der Niedergelassenen gibt es bereits eine sehr große Bereitschaft, Krankenhäuser oder andere Strukturen mit der ärztlichen Expertise unterstützen zu wollen. Das zeigt uns, dass nur wir alle gemeinsam die Krise meistern können. Dazu gehört es auch, dass jede Seite weiß, was die andere tut, und alle Beteiligten in die Koordination der Maßnahmen involviert sind. Eine abgestimmte Kommunikation sowie gemeinsame Sprachregelungen sind dafür unabdingbar. Wir gehen davon aus, dass Ihnen die ambulante Versorgung in Berlin ebenso wichtig ist wie uns. Wir sind bereit, für die Umsetzung der Maßnahmen mit Ihnen oder dem zuständigen Ressort in den Dialog zu treten. Wir wünschen Ihnen und uns viel Kraft für die kommenden Wochen. Bleiben Sie gesund.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Christiane Wessel
Vorsitzende Vertreterversammlung

Dr. Gabriela Stempor
stellv. Vorsitzende Vertreterversammlung

Dr. Margret Stennes
Vorstandsvorsitzende

Dr. Burghard Ruppert
stellv. Vorstandsvorsitzender

Günter Scherer
Vorstandsmitglied



 

25.03.2020 09:47:01, Autor: ks

 

 

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