Bundessozialgericht
Arzneimittelmischpreise doch rechtmäßig
Am Ende war es viel Aufregung um nichts: Das Bundessozialgericht hat die Rechtmäßigkeit von Mischpreisen für Arzneimittel bestätigt. Und damit ein Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg gekippt. Die Pharmahersteller atmen auf.
Das Bundessozialgericht hat das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg aufgehoben und damit die Klagen des GKV-Spitzenverbandes gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle zurückgewiesen (B 3 KR 20/17 R). Die Schiedssprüche für Arzneimittelpreise sind also in vollem Umfang rechtmäßig. „Mischpreise seien bei Patientengruppen mit unterschiedlichem Zusatznutzen „unerlässlich“, urteilten die Richter.
Das LSG Berlin-Brandenburg hatte im vergangenen Jahr für Aufregung gesorgt, indem es die Mischpreiskalkulation für innovative Arzneimittel für rechtswidrig erklärte (L 9 KR 437/16 KL ER). Für Patienten, denen die Mittel keinen Zusatznutzen bringen, sollte der G-BA demnach eine Leistungseinschränkung oder einen Leistungsausschluss erwägen. Die Begründung der Berliner Richter damals: Der Mischpreis verstoße gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil er für die Mehrheit der Patienten ohne Zusatznutzen zu hoch ist.
Hersteller und GKV-Spitzenverband handeln die Preise neuer Medikamente im ersten Jahr nach der Zulassung auf Basis einer Nutzenbewertung aus. Gemessen wird, ob das neue Medikament allen oder einem Teil der Erkrankten gegenüber einer „zweckmäßigen Vergleichstherapie“ einen zusätzlichen Nutzen bringt. Nur dann kann ein höherer Preis verhandelt werden, als die Vergleichstherapie kostet.
Nach dem heutigen Urteilsspruch des Bundessozialgerichts bleibt die bislang übliche Praxis der Mischpreisbildung erlaubt. Die Pharmahersteller sind erleichtert: „Die Entscheidung, dass die Mischpreisbildung rechtmäßig ist, ist eine gute Nachricht für Patienten und Ärzte“, sagt Dr. Hermann Kortland, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH), die Entscheidung. „Die seit Jahren praktizierte Mischpreisbildung sichert Patienten den Zugang zu Arzneimittelinnovationen und stärkt Ärzte in ihrer therapeutischen Freiheit“, ergänzt Kortland.
Ein Verbot der Mischpreisbildung, so der Pharmaverband, hätte zu Unsicherheiten in der Verordnungspraxis geführt, die Wirtschaftlichkeitsprüfung für Ärzte also massiv erschwert – insbesondere dann, wenn Patientengruppen dazugehören, bei denen der G-BA zum Beispiel aus formalen Gründen keinen Zusatznutzen ausgesprochen hat.
Ähnlich äußert sich der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie: „Der Mischpreis für AMNOG-bewertete Produkte ist sinnvoll und funktioniert. Eine wirtschaftliche Versorgung liegt damit in der Verhandlungsverantwortung von Krankenkassen und der Hersteller; zu Mischpreisen gibt es keine gangbare Alternative“, sagte Verbandschef Dr. Martin Zentgraf. Wirtschaftlichkeitsprüfungen gegenüber den Ärzten müssten nun der Vergangenheit angehören. „Ärzte müssen ohne Angst vor Regressen entscheiden können, was für ihre Patienten die beste und nicht allein die wirtschaftlichste Therapie ist.“