Neues Arzt-Info-System = neue Kosten

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  • Letzter Beitrag 15 Dezember 2016
Dr. Günter Gerhardt schrieb 11 Oktober 2016

Gehen Sie liebe Kolleginnen und Kollegen regelmäßig auf die Seite des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) um nach den Nutzenbewertungsbeschlüssen zu suchen? Sorry, ich will Sie nicht veräppeln. Weil wir das nicht tun, zieht der Gesetzgeber daraus die Konsequenz und beauftragt den GBA damit, Ärzten in maschinenlesbarer Form zumindest die Essenz der Nutzenbewertungsbeschlüsse bekannt zu machen und sie so aufzubereiten, dass sie aktuell auch in der Praxis-EDV verfügbar werden.
Die KBV moniert zwei Punte:
1. mögliche neue Kosten, die Softwareanbieter den Ärzten in Rechnung stellen, für die Einrichtung und ständige Aktualisierung dieses neuen Informationsinstruments-
2. die geplanten Hinweise zur Wirtschaftlichkeit, insbesondere für Subgruppen von Patienten, für die der GBA keinen Zusatznutzen anerkannt hat. Das könnte von den Kassen als Einfallstor für Regresse wegen Verstoßes gegen die Arzneimittelrichlinien genutzt werden. (lesen Sie bitte den angehängten Kommentar von Helmut Laschet von der ÄZ, er bringt es mal wieder auf den Punkt)
Und Sie liebe Kolleginnen und Kollegen schauen dann vor der Verordnung immer im Internet nach, ob Ihr Patient in eine solche Subgruppe passt.
Zur Erinnerung: Das AMNOG hatte als Ziel, Ärzten die Furcht vor Regressen zu nehmen, die wirtschaftliche Verantwortung vom Arzt auf den Hersteller zu verlagern und die Morbiditätsentwicklung auch  von uns weg hin zu den Kr'kassen zu übertragen. Das hat nicht geklappt. Es bleibt für uns das unsägliche Regressrisiko, welches unseren Nachwuchs abschreckt. Ein Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetz (AMVSG) wird daran wohl auch nichts ändern. Unsere Forderung, für die wir auch kämpfen müssen, muss nach wie vor lauten:
In dem Moment, wo sich Industrie und Kassen - unabhängig davon ob ein Zusatznutzen festgestellt worden ist -  auf einen Preis geeinigt haben, ist das Medikament für uns in den Versorgerpraxen wirtschaftlich (natürlich muss die Indikation stimmen). Dann können wir auch auf eine Mitteilung des Erstattungsbetrages verzichten, weil - und hier meldet sich Frau Feldmann wieder zu Wort - Vertragsärzte sichdarauf verlassen können müssen, dass die zwischen der GKV und dem pharmazeutischen Unternehmen verhandelten Preise wirtschaftlich sind.

Helmut Laschet interviewt Birgit Fischer von VfA und KV WLVorstand Dr. Wolfgang-Axel Dryden zum Arznei-Infosystem, einem für Ärzte wichtigen Reformelement.

Der Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages berät die Details des BMG-Entwurfs zum GKV-AMVSG vom 12.12.2016. Empfehlung an den Gesundheitsausschuss:"Ja" zur Information über die GBA-Beschlüsse, "Nein" zur Verknüpfung mit Wirtschaftlichkeitshinweisen

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Dr. Günter Gerhardt schrieb 11 Oktober 2016

 

 

Infos zum AMNOG bzw. zur Novelle dem AMVSG: Sprengstoff liebe Kolleginnen und Kollegen:

Ursprünglich waren wir guter Hoffnung, dass wir uns mit der Einführung von Preisverhandlungen nicht mehr um die Kosten pharmakologischer Innovationen kümmern müssen. Wir gingen und gehen immer noch davon aus -  und sollten uns auch vehement dafür einsetzen -  dass der zwischen dem GKV (=Gesetzliche Kranken Versicherung) Spitzenverband und dem Hersteller vereinbarte Erstattungsbetrag die Wirtschaftlichkeit des Arzneimittels über das gesamte Anwendungsgebiet herstellt. Ich betone ausdrücklich  ‚gesamte Anwendungsgebiet‘, weil es bei Arzneiinnovationen mehrere Subgruppen geben kann, von denen ein Zusatznutzen nur in einer oder mehreren dieser Subgruppen anerkannt worden ist. In der Folge wurde deshalb dann ein Mischpreis gebildet für die Innovation mit ihren Subgruppen. Jetzt haben die Krankenkassen plötzlich bemerkt, dass für eine Arzneiinnovation der gleiche Preis erstattet wird, auch wenn es sich um eine Subgruppe ohne anerkannten Zusatznutzen handelt. Warum aber haben dann die Krankenkassen nach den Preisverhandlungen von einer Mischkalkulation für den Erstattungsbetrag gesprochen? Wie auch immer, das ist nicht unser Problem! Für diese o.g. Wirtschaftlichkeit über das gesamte Anwendungsgebiet nach vereinbartem Erstattungsbetrag muss sich unsere KV als unsere Interessenvertretung stark machen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Krankenkassen jetzt dazu übergehen, gezielte Regressanträge in einer Subgruppe zu stellen  bei einer sich auf das gesamte Anwendungsgebiet beziehenden, indikationsgerechten Verordnung. Die Ablehnung eines Zusatznutzens in einer Subgruppe stellt allerdings den Nutzen rechtlich nicht infrage, sodass der Regressantrag deswegen nur auf Unwirtschaftlichkeit gestützt werden kann.
Als 2010 das AMNOG  in Kraft trat, lautete die Begründung, dass es jetzt nicht mehr erforderlich sei, dass die Ärzte die Verantwortung für die Preisgünstigkeit der Arzneimittel übernehmen, weil die Verantwortung für Preise und Morbiditätsentwicklung auf die Krankenkassen übergehen würde. Die Verantwortung des Arztes beschränke sich auf die Indikation und die Menge, und das System der Wirtschaftlichkeitsprüfung solle - weg von Richtgrößen -  auf Leitsubstanzen und Dosierungen umgestellt werden. Und jetzt Rolle rückwärts: Uns droht ein Regress wegen Unwirtschaftlichkeit einer medizinisch indizierten, aber als Folge der Mischkalkulation überteuerten Verordnung. Geregelt werden soll das im AMVSG (s.o.). Darin heißt es auch, der GBA veröffentlicht innerhalb eines Monats nach dem Nutzenbewertungsbeschluss eine maschinenlesbare Fassung zu dem Beschluss, die zur Abbildung in der Praxis-EDV geeignet ist und wir liebe Kolleginnen und Kollegen dürfen dann nur solche Praxis Programme einsetzen, die u.a. auch über die Nutzenbewertung des GBA informieren. Merken Sie was? Zumindest haben jetzt mal die KV Baden-Württemberg, die KV Bayerns und die KV Westfalen-Lippe beim Gesundheitsministerium angefragt, ob die Kassen das Arzt-Informations-System dazu instrumentalisieren wollen, die ärztliche Therapiefreiheit zu beschneiden und klar gefordert, bereits im Gesetz selbst dafür zu sorgen, dass die Arztinformation weder als  Leitlinie noch als Prüfkriterium taugen darf. Gut auch, dass in der Vertreterversammlung der KBV am 18.9.2016 Frau Feldmann klare Kante gezeigt hat mit dem Satz „Was wir ablehnen sind Wirtschaftlichkeitshinweise, die zu faktischen Verordnungsausschlüssen führen oder zu Anträgen auf Einzelfallprüfungen und damit zu Regressen für Vertragsärzte“.
Sollte das alles trotzdem, so wie vom Gesetzgeber und den Krankenkassen geplant/ gewünscht, umgesetzt werden, dann würde damit unser Praxisalltag lahmgelegt und eine Flut von Prüfanträgen würde über uns hereinbrechen. Ein kleiner Vorteil: Spätestens dann würden die Kolleginnen und Kollegen, die sich nicht für KV und Gesundheitspolitik interessieren mit voller Wucht wach gerüttelt.

Dr. Günter Gerhardt schrieb 20 Oktober 2016

Bessere und schnellere Infos zu neuen Medikamenten durch Anpassung der Arzneimitteldatenbank in der Praxissoftware.

Die Kosten bleiben wohl an uns hängen.

Dr. Günter Gerhardt schrieb 15 Dezember 2016

Sollen wir die echten Preise kennen?

Wir werden im geplanten Arztinformationssystem möglicherweise über die realen Preise von Medikamenten informiert sein. "Man muss sehen, ob es lediglich zu einem Wirtschaftlichkeitshinweis kommt, oder ob die Ärzte die tatsächlichen Preise kennen", sagte Stroppe.

BMG Staatssekretär Lutz Stroppe: Die Einführung des Medikationsplans ist geräuschlos verlaufen.

Schlimm genug liebe Kolleginnen und Kolloegen, dass er das so sagen kann. Die Politik hatte mit uns in den letzten Jahren ein leichtes Spiel. Das waren auch die Worte des Mitglieds aus RLP im Gesundheitsausschuss des deutschen Bundestages MdB Rüddel am Beispiel Antikorruptionsgesetz.

Bitte die kurze angehängte Datei "Sollen Ärzte doch die echten Preise kennen? lesen. Wir sollen also evtl. die echten Preise nicht kennen, damit Pharmaunternehmen mehr Freiheiten bei der Preisgestaltung in anderen Ländern erhalten. Deutschland ist eines der Referenzpreisländer.

         

 

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