Politik Pläne: Versorgungsärzte, Zwangsverpflichtung...Reformierung des Systems

  • 585 Aufrufe
  • Letzter Beitrag 24 Mai 2020
Dr. Günter Gerhardt schrieb 04 April 2020

Sowohl Herr Heil (SPD), als auch Herr Söder (CSU) und Herr Laschet (CDU) sprechen von einer Reformierung bzw. Überprüfung des Gesundheitssystems.

Der frühere Gesundheitsminister und heutige Ministerpräsident Bayerns hält nicht von ungefähr die KV Bayerns raus aus seiner Idee der Versorgungsärzte. glauben Sie mir, auch hier nutzt jemand die Gunst der (Corona) Stunde, durchaus vergleichbar mit dem Verhalten von Victor Orbán.

Was es auf sich hat mit der "Liebe" des Herrn Söder zu den Hausärzten (2010) und damit auch der KV, müssen Sie weiter unten lesen: Dr. Hoppenthaller/Korbmodell/Söder.

Das Traurige an der Geschichte: Der Hausärzteverband Bayerns distanziert sich heute von den Aktivitäten ihres ehemaligen Vorsitzenden Dr. Wolfgang Hoppenthaller, hat mir auf meine Anfrage hin einen nichtssagenden wachsweichen Brief geschrieben. 

Genauso wachsweich reagieren jetzt bayerische KV Funktionäre auf die Pläne des Herrn Söder (s.u.): Auch wenn die Verantwortung für die Corona-Bekämpfung nun bei Landräten und Oberbürgermeistern liege: Um die Maßnahmen zum Erfolg zu führen, werde sich Bayerns KV "weiter mit voller Kraft einbringen".

Herr Söder, dessen Idee schon immer die Zerschlagung der Selbstverwaltung KV war und ist, lacht sich in seine bayerische Faust.

Ich bleibe bei meiner alten Meinung: Schade, dass das damals mit dem Korbmodell nicht geklappt hat.

Sortieren nach: Standard | Neueste | Stimmen
Dr. Günter Gerhardt schrieb 04 April 2020

KV nur in zweiter Reihe

Bayern überträgt Landräten und Bürgermeistern die Macht

Im Kampf gegen Corona prescht der Freistaat derzeit bekanntlich etwas voraus. Jetzt hat die Regierung Bayerns bekannt gegeben, wie sie das eigene Katastrophenschutzgesetz umsetzen will: In jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt soll ein "Versorgungsarzt" eingesetzt werden - und der hat umfassende Befugnisse.

Bayern (hier Ministerpräsident Markus Söder) macht keine halben Sachen. Der "Versorgungsarzt" hat das Kommando.
CSU

Dem änd liegt der "Notfallplan Corona-Pandemie" des Gesundheitsministeriums in Bayern vor. Er legt den Schwerpunkt auf die "Aufrechterhaltung der Arztversorgung während des festgestellten Katastrophenfalls". Konkret heißt es dort: "Zur Aufrechterhaltung der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung im Zuge der Bekämpfung der Corona-Pandemie ist in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt bei der Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) ein Versorgungsarzt einzusetzen." Dieser werde vom Landrat beziehungsweise Oberbürgermeister ernannt - und nicht von der Kassenärztlichen Vereinigung. Letztere könne aber dazu aufgefordert werden, geeignete Person zu benennen.

"Der Versorgungsarzt hat die Aufgabe, eine ausreichende Versorgung im jeweiligen Zuständigkeitsbereich mit ärztlichen Leistungen und entsprechender Schutzausrüstung zu planen und zu koordinieren, soweit dies bei der Bewältigung des Katastrophenfalles erforderlich ist. Als Versorgungsarzt können nur Ärzte mit langjähriger beruflicher, insbesondere vertragsärztlicher Erfahrung eingesetzt werden. Sie sollen über eine abgeschlossene Facharztweiterbildung verfügen", heißt es weiter.

Dem Versorgungsarzt sei ein Arbeitsstab zuzuordnen. "Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns sowie die ärztlichen Kreis- und Bezirksverbände unterstützen auf Anforderung des Versorgungsarztes im Rahmen ihrer Ressourcen mit geeignetem Personal." Die Mitarbeiter des Arbeitsstabes unterstehen laut Dokument ausschließlich den Weisungen des Versorgungsarztes, der Versorgungsarzt untersteht den Weisungen des jeweiligen Landrats bzw. Oberbürgermeisters.

Gegenstand der Planung und Koordinierung durch den Versorgungsarzt im jeweiligen Zuständigkeitsbereich sei insbesondere die "Einrichtung von Schwerpunktpraxen für die Untersuchung und Behandlung von COVID-19-Patienten und die Rekrutierung des hierfür erforderlichen Personals". Auch die Planung und Vorbereitung aller notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der ärztlichen Grundversorgung im Katastrophenfall, gehöre dazu.

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns, die Bayerische Landesärztekammer, die ärztlichen Kreis- und Bezirksverbände, die Bayerische Landeszahnärztekammer sowie die zahnärztlichen Bezirksverbände seien zur Kooperation mit den Versorgungsärzten verpflichtet. "Notwendige Anordnungen zur Umsetzung der Planung und Koordinierung durch den Versorgungsarzt trifft der jeweilige Landrat bzw. Oberbürgermeister als Leiter der örtlichen Katastrophenschutzbehörde."

Das komplette Dokument finden Sie im Folgenden:

28.03.2020 08:26:53, Autor: js

 

Dr. Günter Gerhardt schrieb 04 April 2020

Warum Ärztefunktionäre wütend auf Söder sind

Markus Söder hat der Kassenärztlichen Vereinigung in Bayern die Verantwortung für die Patientenversorgung entzogen. Das sorgt für heftigen Streit.

Mit einem „Notfallplan Corona-Pandemie“ hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bayerns überraschend die Zuständigkeit für die ärztliche Versorgung im Land entzogen – und die Mediziner-Funktionäre heftig erbost. Einen derartigen Eingriff in die Selbstverwaltung habe es seit dem Krieg nicht gegeben, hieß es in der Münchner KV. 

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, sprach von einer inhaltlich unsinnigen „Panikreaktion“. Und auch der Bundesvorsitzende der niedergelassenen Ärzte im Virchowbund (NAV), Dirk Heinrich, gab sich hellauf empört. „Anstatt die eigenen, staatlichen Verpflichtungen zu erfüllen, wird der Freistaat übergriffig und versucht durch eine Politik mit der Brechstange, Handlungsfähigkeit zu beweisen“, schimpfte er.

Söders Notfallplan, der mit der Verkündung am vergangenen Freitag auch sofort in Kraft getreten ist, ordnet pro Landkreis beziehungsweise kreisfreie Stadt die Einsetzung eines sogenannten „Versorgungsarztes“ an„Zur Aufrechterhaltung der ärztlichen Versorgung der Bevölkerung im Zuge der Bekämpfung der Corona-Pandemie ist in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt bei der Führungsgruppe Katastrophenschutz (FüGK) ein Versorgungsarzt einzusetzen,“ heißt es in dem Erlass des Innen- und Gesundheitsministeriums. 

Diese medizinischen Koordinatoren verfügen auf Wunsch der Politik hin über umfassende Befugnisse, sie sind damit quasi der KV übergeordnet. Auf ihre Anforderung hin müssen sich die Haus- und Fachärzte der Region beispielsweise nicht nur selber zur Verfügung halten, sie haben auch geeignetes Personal an Corona-Schwerpunktpraxen und örtliche Testzentren abzutreten.

Notfalls auch per Anordnung
Möglich ist dieser Eingriff in die Selbstverwaltung durch den Katastrophenfall, den Söder bereits am 16. März ausgerufen hat. In Bayerns KV sprach man gleichwohl von einem „Überraschungscoup“. Und einem gewagten Blindflug: Momentan wisse keiner, wie die Kooperation vor Ort laufen solle. Man hoffe, dass die Politik nun wenigstens schlau genug sei, hierfür „das Knowhow derer zu nutzen, die sich seit Jahr und Tag mit Patientenversorgung beschäftigen“.
Infrage kämen für den Job des Versorgungsarztes nur Mediziner „mit langjähriger beruflicher, insbesondere vertragsärztlicher Erfahrung“ und abgeschlossener Facharztausbildung, heißt es in der Verordnung. Ihre Aufgabe sei es, für die Dauer des Katastrophenfalls „eine ausreichende Versorgung im jeweiligen Zuständigkeitsbereich mit ärztlichen Leistungen und entsprechender Schutzausrüstung zu planen und zu koordinieren“.
Soweit möglich sollten die Versorgungsärzte ihre Aufgaben im Konsens mit den niedergelassenen Ärzten vor Ort und den ärztlichen Standesorganisationen erfüllen, sagte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Im Fall der Fälle müssten die nötigen Maßnahmen aber auch mittels Anordnung umgesetzt werden können. 
Die Ministerin erläuterte: „Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn vor Ort keine Einigung über die Festlegung von Schwerpunktpraxen für die Untersuchung und Behandlung von Covid-19-Patienten möglich ist oder sich auf freiwilliger Basis nicht ausreichend Personal zum Betrieb von Schwerpunktpraxen, örtlichen Testzentren oder für die Aufrechterhaltung der ärztlichen Grundversorgung gewinnen lässt.“

KBV-Chef Gassen prophezeit Versorgungschaos

Es handle sich um einen Eingriff in die Selbstverwaltung, den er „nicht für möglich gehalten hätte“, sagte KBV-Chef Gassen dem Tagesspiegel Background Gesundheit. Mit seinen Versorgungsärzten stelle Söder die bisherige Aufgabenteilung auf den Kopf und konterkariere alles, was bisher mühselig aufgebaut worden sei und relativ gut funktioniere. Für die Engpässe bei der Schutzausrüstung könne man schließlich nichts. Die Vorsorge für den Pandemiefall sei Sache der Länder, die „hier in toto versagt“ hätten.
Er sei froh, jetzt nicht in Bayern leben zu müssen, betonte der KBV-Vorsitzende. Dem Freistaat drohe nun eine Chaotisierung der medizinischen Versorgung. „Kleinteiliger, als Bürgermeistern und Landräten die Einsetzung von Versorgungsärzten zu übertragen, geht es nicht.“ Eine föderale „Hitparade“ von Corona-Bekämpfern nütze den Patienten überhaupt nichts, so Gassen. In einer Epidemie profitierten sie viel eher von abgestimmten Lösungen. Weil sich das aber erst in einigen Monaten zeigen werde, sei es gut möglich, dass der bayerische Weg nun auch noch Nachahmer finde.

„Völlig unnötig und demotivierend“
NAV-Chef Heinrich nannte den bayerischen Erlass „völlig unnötig und demotivierend“. Was ihn daran vor allem empöre, sei die „Zwangsverpflichtung von Kassenärzten“ zum Einsatz in Testzentren. „Wir werden bei der Behandlung von Covid-19-Patienten dringender benötigt als bei der Testung von derzeit rund 90 Prozent negativ getesteter Nicht-Corona-Patienten“, sagte Heinrich. Das Testen sei „keine Aufgabe der Vertragsärzteschaft, sondern des öffentlichen Gesundheitsdienstes“.

Gleichzeitig warf der Ärztefunktionär der Politik vor, „diesen Sektor jahrelang vernachlässigt zu haben“, was durch solche Vorstöße nun offensichtlich „kaschiert“ werden solle. Heinrich plädierte dafür, die ambulante Versorgung lieber „denen zu überlassen, die davon etwas verstehen. Wie staatliche Stellen mit der Organisation von beispielsweise Schutzmaterialien umgehen können, sehen wir leidvoll seit einigen Wochen.“

Bayerns Funktionäre äußern ihre Kritik nur vorsichtig

In Bayern dagegen hört man laute Kritik nur noch hinter vorgehaltener Hand. Offiziell mühen sich die KV-Funktionäre, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. „Dass man von staatlicher Seite nun statt auf Freiwilligkeit auf eine Zwangsrekrutierung setzt, ist ein unnötiger Ausdruck des Misstrauens gegenüber der hoch leistungsfähigen und -willigen Ärzteschaft“, heißt es zwar pflichtschuldig in einer abgestimmten Stellungnahme des Vorstands, bestehend aus Wolfgang Krombholz, Pedro Schmelz und Claudia Ritter-Rupp. Gleichzeitig betont das Trio jedoch: „Es ist jetzt nicht an der Zeit, um über Kompetenzen und grundsätzliche Regularien in unserem Gesundheitssystem zu diskutieren.“

Der derzeitige Katastrophenfall stelle „eine absolute Ausnahmesituation dar, die nur mit Bündelung aller Kräfte bewältigt werden kann“, so die örtlichen KV-Funktionäre. Klare Zuständigkeiten und abgestimmte Prozesse seien von entscheidender Bedeutung, ein eigener bayerischer Notfallplan für die ärztliche Versorgung insofern sinnvoll. Und auch wenn die Verantwortung für die Corona-Bekämpfung nun bei Landräten und Oberbürgermeistern liege: Um die Maßnahmen zum Erfolg zu führen, werde sich Bayerns KV „weiter mit voller Kraft einbringen“.

Dr. Günter Gerhardt schrieb 05 April 2020

Berufspolitik

Hoppenthaller empfiehlt Hausärzten den KV-Ausstieg

Der Bayerische Hausärzteverband forciert mit einem Aufruf an seine Mitglieder die geplante Ausstiegskampagne.

Veröffentlicht: 05.11.2010, 12:19 Uhr

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hoppenthaller empfiehlt Hausärzten den KV-Ausstieg

BHÄV-Chef Dr. Wolfgang Hoppenthaller: Korruptes Zwangssystem der Kassenärztlichen Vereinigung.

© dpa

MÜNCHEN (sto). Der Bayerische Hausärzteverband (BHÄV) wird seinen Mitgliedern empfehlen, "aus dem korrupten Zwangssystem der Kassenärztlichen Vereinigung auszuscheiden".

Das hat BHÄV-Vorsitzender Dr. Wolfgang Hoppenthaller in einem Offenen Brief an Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer angekündigt. Dieses Schreiben hat der BHÄV am Freitag bayernweit als Zeitungsanzeige veröffentlicht.

Seehofer sei es nicht gelungen, sein Versprechen einzuhalten und die hausärztliche Versorgung zu schützen, begründet Hoppenthaller die Ankündigung unter Hinweis auf die gesetzlichen Änderungen, die zum 1. Januar 2011 in Kraft treten sollen und durch die der Paragraf 73b de facto wieder abgeschafft werde.

Die Bestandsgarantie bis Mitte 2014 für bestehende Hausarztverträge sei nur eine "Beruhigungspille, um die Hausärzte Bayerns ruhig zu stellen", so Hoppenthaller.

Zugleich hat der BHÄV mehrere regionale Veranstaltungen angekündigt, bei denen bayernweit der Systemausstieg diskutiert werden soll. Den Anfang macht eine Veranstaltung am 10. November in der Stadthalle Bayreuth, den Abschluss bildet eine Veranstaltung am 13. Januar in Fürth.

Am 26. Januar soll dann bei einer Großveranstaltung in Nürnberg per Abstimmung über den Ausstieg entschieden werden.

Nach dem Ausscheiden aus dem KV-System werde der BHÄV "auf der Basis der jetzt noch gültigen Verträge" mit den Kassen freie Vollversorgungsverträge abschließen, kündigte Hoppenthaller in seinem Schreiben an Seehofer an.

Erst die hausärztliche Tarifhoheit auf Dauer und die Vertragspartnerschaft mit den Kassen auf Augenhöhe stelle für Hausärzte und für den hausärztlichen Nachwuchs eine Zukunftsperspektive dar.

Berufspolitik

Bayerischer Hausärzteverband droht mit "Systemumstieg"

Der Bayerische Hausärzteverband bereitet sich auf eine neue Kraftprobe vor: Wird Paragraf 73b geändert, soll Ende Januar in einer Versammlung in Nürnberg über den Ausstieg aus dem GKV-System abgestimmt werden.

Von Jürgen StoschekVeröffentlicht: 26.10.2010, 14:54 Uhr

·         

·         

·         

·         

·         

 

·         

 

·         0

Bayerischer Hausärzteverband droht mit "Systemumstieg"

Ende Januar plant der Hausärzteverband eine Veranstaltung, bei der der Ausstieg ad hoc entschieden werden soll.

© Figge / imago

MÜNCHEN. Für den Fall, dass der Paragraf 73b zur hausarztzentrierten Versorgung geändert wird, will der Bayerische Hausärzteverband (BHÄV) den Hausärzten im Freistaat den "Systemumstieg" empfehlen. Die Entscheidung über einen Austritt aus dem KV-System soll dann am 26. Januar 2011 in Nürnberg fallen.

Das hat die Landesdelegiertenversammlung des BHÄV in Manching mit 99 zu elf Stimmen beschlossen. Die Beschlüsse der Delegiertenversammlung und deren Begründung seien inzwischen dem Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und Gesundheitsminister Markus Söder mitgeteilt worden, hieß es.

Sollte der 73b "entsprechend den Plänen der FDP und des Bundesgesundheitsministers Rösler" im GKV-Finanzierungsgesetz geändert werden, will der BHÄV seine Mitglieder Anfang Dezember ausführlich über die Rechtssituation und über das weitere Vorgehen informieren.

Für neue Hausarztverträge will die Koalition den Fallwert de facto auf KV-Niveau begrenzen. Bei der geplanten Vollversammlung Ende Januar in der Nürnberger Arena sollen sogenannte "Vertragsarztverzichtserklärungen", die mit einem Strichcode versehen sind, noch während der Versammlung eingescannt werden.

Die Veranstaltung sei keine Korbveranstaltung wie vor drei Jahren, betonte der BHÄV. Vielmehr werde an diesem Tag die Entscheidung fallen, ob die Hausärzte aus dem Kollektivvertragssystem aussteigen werden. Der Stand der Abstimmung werde auf eine Großleinwand übertragen werden.

Sollte es nach einer Entscheidung für den Systemumstieg zu "Auseinandersetzungen mit den Kassen" kommen, will der BHÄV den Hausärzten in Bayern mehrwöchige oder unbefristete Praxisschließungen vorschlagen, beschloss die Delegiertenversammlung.

Zugleich forderten sie zur Teilnahme an der KV-Wahl auf. Um zu verhindern, dass die KV Bayerns weiter Politik gegen den Hausärzteverband mache, dürfe dem Verband keine Stimme verloren gehen, hieß es.

Berufspolitik

Ausstieg scheitert, Hoppenthaller geht

Nach dem gescheiterten Systemausstieg der bayerischen Hausärzte und dem Rücktritt von Hausärzteverbandschef Hoppenthaller müssen die Weichen für die Hausarztversorgung in Bayern neu gestelllt werden.

Von Jürgen Stoschek und Christoph FuhrVeröffentlicht: 27.12.2010, 13:35 Uhr

·         

·         

·         

·         

·         

 

·         

 

·         0

Ausstieg scheitert, Hoppenthaller geht

Rieseninteresse, begeistert gefeierte Redner - und doch war am Ende die Frustration vieler Hausärzte in der Nürnberg Arena groß.

© Wolfgang Geyer

MÜNCHEN. Politiker und Vertreter der Krankenkassen haben den Rücktritt von Bayerns Hausärzteverbandschef Dr. Wolfgang Hoppenthaller begrüßt. Nach dem gescheiterten Versuch des Hausärzteverbands, am vergangenen Mittwoch in Nürnberg aus dem System der gesetzlichen Krankenversicherung auszusteigen, hatte Hoppenthaller das Handtuch geworfen. Das selbstgesteckte Ziel, mit mindestens 3815 ausstiegswilligen Kollegen die Kassen unter Druck zu setzen, war deutlich verfehlt worden.

In seiner Rücktrittserklärung teilte Hoppenthaller mit, die Verzichtserklärungen, die von 2801 Hausärzten vorliegen, würden "umgehend" vernichtet. Hoppenthaller erklärte zu seinem Rücktritt, er sei weiterhin der Meinung, dass der Hausärzteschaft in Bayern nur noch die Systemdiskussion bleibe, nachdem der Gesetzgeber ihr das Tarifrecht entzogen habe.

Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) begrüßte Hoppenthallers Rückzug. Er hatte den Verbandschef bereits unmittelbar nach dem gescheiterten Ausstieg zu diesem Schritt aufgefordert. "Wir wollen die Selbstverwaltung der Ärzte reformieren", kündigte Söder an. Darin sei er sich mit Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) einig.

Bayerns AOK-Chef Fritz Schösser sagte, die Idee der hausarztzentrierten Versorgung habe durch die "gesundheitspolitische Geisterfahrt" des Bayerischen Hausärzteverbandes nicht gelitten, es werde auch künftig Hausarztverträge geben". "Dabei müssen jedoch Patienteninteressen Vorrang vor verbandspolitischem Kalkül haben", so Schösser

Die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern bezeichnete den Ausgang der Vollversammlung als Sieg der Vernunft. Zu einer ähnlichen Einschätzung kam der stellvertretende Vorstandschef des GKV-Spitzenverbands Johann-Magnus von Stackelberg.

Auch der Präsident des Bundesversicherungsamtes Maximilian Gaßner begrüßte die Entscheidung und forderte zugleich die Änderung der Zulassungsbestimmungen. Danach sollte in Zukunft eine Zulassung nur durch den Arzt selbst oder einen individuellen Vertreter zurückgegeben werden können ,aber nicht durch einen "kollektivbeauftragten Verbandsvertreter".

Der Bayerische Facharztverband hingegen wertete den gescheiterten Ausstieg der Hausärzte als "einen mutigen Versuch, dem man unbedingten Respekt zollen muss".

 

Berufspolitik

Hausärzte zwischen Euphorie und grenzenloser Enttäuschung

Die Welt scheint in Ordnung, als Dr. Wolfgang Hoppenthaller am vergangenen Mittwochnachmittag unter dem Jubel von mehr als 6000 Hausärzten in die Nürnberg Arena einmarschiert. Systemumstieg jetzt - das ist die Botschaft. Am Ende kommt alles ganz anders.

Von Christoph FuhrVeröffentlicht: 27.12.2010, 14:47 Uhr

·         

·         

·         

·         

·         

 

·         

 

·         0

Hausärzte zwischen Euphorie und grenzenloser Enttäuschung

Mit der Tröte im Einsatz: Die Stimmung in der Halle ist gut, doch der Schein trügt.

© Wolfgang Geyer

Die Regie spielt Marius Müller-Westernhagens Ohrwurm "Freiheit ist das einzige, was zählt" ein, Wolfgang Hoppenthaller, Chef des Bayerischen Hausärzteverbandes (BHÄV) wird am Mittwoch in der Nürnberg Arena mit stehenden Ovationen empfangen.

Seine Rede ist kämpferisch, seine Vorwürfe sind harsch: "Dieses System hat mit einer rechtsstaatlichen Ordnung nicht mehr das geringste zu tun", sagt er, "das ist Zwangsbewirtschaftung durch die Kassen und Politik, das ist Machtmissbrauch eines Kastensystems aus Politik und Großkapital".

Der Optimismus in der Halle ist spürbar. 60 Prozent der Ärzte müssen hier und heute ihre Ausstiegserklärung aus dem Kassensystem abgeben. Wenn der ohrenbetäubende Lärm und die begeisterte Zustimmung in der Arena der Maßstab sind, dann, so glauben auch viele Beobachter, müsste das eigentlich funktionieren.

Hausärzte zwischen Euphorie und grenzenloser Enttäuschung

Kämpferische Parolen - aber nicht alle Hausärzte sind überzeugt vom Ausstiegskonzept.

© Wolfgang Geyer

Patientenvertreterin Renate Hartwig geht ans Rednerpult. Sie fackelt nicht lange und fordert die Ärzte auf, sofort mit ihrer Ausstiegserklärung zu den Urnen zu gehen: "Einwerfen!, ruft sie, "ich sage: Einwerfen!"

Viel Applaus für Werner Baumgärtner

Eberhard Mehl überbringt als Hauptgeschäftsführer die Grüße des Deutschen Hausärzteverbands, Medi-Chef Dr. Werner Baumgärtner lässt nicht den geringsten Zweifel an der Solidarität der Kollegen aus Baden-Württemberg, und auch er erntet donnernden Applaus .

Wie viele Ärzte sind nach knapp zwei Stunden ausgestiegen? Die mit Barcode versehenen Erklärungen werden eingescannt, die Ergebnisse an eine Großbildleinwand projiziert. Und dann zeigt sich: Es könnte eng werden. Lediglich 1638 Ärzte haben nach 120 Minuten schriftlich ihren Ausstieg erklärt. Das entspricht etwa einem Anteil von 23 Prozent. Zu wenig, um am Ende erfolgreich zu sein.

Hoppenthaller geht ein zweites Mal ans Rednerpult. "Der Jubel allein nutzt mir nichts", sagt er fast beschwörend, "liebe Kollegen, erklären Sie jetzt die Abgabe der Kassenzulassung, sonst haben Sie verloren."

Hausärzte zwischen Euphorie und grenzenloser Enttäuschung

Nur Mut! Werner Baumgärtner (r.) und Wolfgang Hoppenthaller diskutieren den Verlauf der Abstimmung.

© Wolfgang Geyer

Die Versammlung ist an einem Punkt angelangt, an dem alle Analysen gemacht, die Widersprüche des Systems bis ins letzte Detail konkretisiert, die Handlungsoptionen und Ziele der Ärzte nach einem möglichen Ausstieg differenziert erläutert worden sind - mehr Transparenz geht nicht. Spätestens jetzt wäre eigentlich der Zeitpunkt gekommen, an dem sich auch all die Ärzte zu den Abgabe-Urnen begeben müssten, die bisher ihren Ausstieg formal noch nicht vollzogen haben.

Ärzte von der Basis geben noch einmal persönliche Statements ab. "Worauf wartet ihr noch", fragt einer, der seine Erklärung schon in die Urne geworfen hat. "Fürs Zögern und Zaudern gibt es keinen Grund!"Ärzten, die nicht mitmachen wollen, wird Mut gemacht. Niemand gehe ein Risiko ein, heißt es. Werde die Teilnahmegrenze von 60 Prozent nicht überschritten, dann würden die Dokumente mit den Name der Aussteiger vernichtet. Über 60 Prozent Teilnahmequote aber bedeute: die geballte Macht der Ausgestiegenen sei groß genug, "wer will es wagen, dann noch zu sanktionieren?"

Die Zeit läuft davon, Hoppenthaller und der BHÄV-Landesvorstand beschließen, die Ausstiegs-Frist bis zum 18. Februar zu verlängern, den Korb also noch einmal aufzumachen. Einige Hausärzte reagieren irritiert. In den Regionen soll für das Projekt getrommelt werden, eine aus der Not geborene Idee, die bereits einen Tag später wieder vom Tisch sein wird.

Das Korbmodell hat am Ende keine Chance

Hausärzte zwischen Euphorie und grenzenloser Enttäuschung

Riesenleinwand, Transparenz total - wie viele Hausärzte sind in den Regionen bisher ausgestiegen?

© Wolfgang Geyer

Lediglich 2751 der etwa 7000 organisierten Hausärzte haben am Ende für den Ausstieg gestimmt, das sind knapp 40 Prozent. Hoppenthallers leidenschaftliche Appelle haben nicht gefruchtet: "Ich habe Angst, die Angst vor dem Unbekannten könnte Sie lähmen und mutlos machen", hat er in seiner Rede gesagt. Jetzt sieht er sich in dieser Sorge bestätigt. Einen Tag später tritt der Verbandschef von allen Ämtern zurück.

Am Ende bleibt bei manchen Aussteigern Verbitterung. Der Bezirksvorsitzende des BHÄV Schwaben Dr. Jakob Berger etwa äußert in der "Augsburger Allgemeinen" Wut über Kollegen, die zwar fünf Hot Dogs in Nürnberg gegessen und sich schön unterhalten hätten, aber nicht bereit gewesen seien, den Weg "in die Freiheit ohne Gängelung und überbordende Bürokratie zu gehen".

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nach genauer Analyse der nun eingetretenen politischen Situation trete ich von allen politischen Ämtern zurück.

Ich bin weiterhin der Meinung, dass der Hausärzteschaft Bayerns nur noch die Systemdiskussion blieb, nachdem ihr entgegen den Zusagen der Bayerischen Staatsregierung vom Gesetzgeber wieder ihr Tarifrecht entzogen wurde, die AOK Bayern schon während der Diskussion zu dieser Gesetzesänderung angekündigt hatte, den Hausarztvertrag massiv zu boykottieren und das Ende des Vertrages für das Jahr 2011 angekündigt hatte.

Nach der Ablehnung unseres Vertragsverlängerungsangebotes seitens der AOK Bayern, in dem wir unser Honorar sogar um 10 Prozent reduziert hatten, wurde die endgültige Entscheidung getroffen, diese Abstimmung herbeizuführen.

Die heftigen Drohungen seitens der Kassen und der Bayerischen Staatsregierung hat viele Kollegen davon abgehalten, diesen entscheidenden Schritt aus dem Kollektivvertragssystem heraus mitzugehen. Dass sich jedoch nahezu jeder zweite bayerische Hausarzt zu diesem Schritt entschlossen hat, sollte die Kassen und die Politik bezüglich der Situation der hausärztlichen Versorgung in Bayern nachdenklich machen.

Um künftigen Verhandlungen mit der Bayerischen Staatsregierung und mit den Krankenkassen nicht im Wege zu stehen, habe ich mich dazu entschlossen, alle politischen Ämter niederzulegen.

Gleichzeitig haben ich und meine Vorstandskollegen aufgrund der aktuellen Entwicklung entschieden, den Korb zu schließen.

Ich danke den 2801 Kolleginnen und Kollegen, die ihre Verzichtserklärung abgegeben hatten, für ihren Mut und ihre Courage. Ihre Verzichtserklärungen werden umgehend vernichtet.

Mit den besten Wünschen für Ihre Zukunft!

Ihr Wolfgang Hoppenthaller

Dr. Günter Gerhardt schrieb 05 April 2020

Berufspolitik

Pressestimmen zum gescheiterten Systemausstieg der bayerischen Hausärzte

Der geplante Systemausstieg des Bayerischen Hausärzteverbands, das Scheitern dieser Pläne und der Rücktritt Wolfgang Hoppenthallers hat ein breites Medienecho ausgelöst. Lesen Sie hier die Kommentare einiger Publikumsmedien.

Veröffentlicht: 27.12.2010, 15:44 Uhr

Der Ausstieg ist abgeblasen, Hoppenthaller ist gegangen, die Hausärzte arbeiten wieder in ihren Praxen - zurück zur Tagesordnung? Wohl kaum. Wenn 40 Prozent der Hausärzte lieber eine ungewisse Zukunft in Kauf nehmen als weiter in diesem Gesundheitssystem zu arbeiten, müssen bei Politik und Kassen Alarmglocken schrillen. Denn die Mediziner, die in Nürnberg ihre Zulassungen zurückgeben wollten, sind keine Revoluzzer und Hasardeure. In ihrer Kritik an Überreglementierung und Intransparenz steckt viel Wahres, weshalb Politik und Kassen jetzt nicht in allzu lautes Triumphgeheul ausbrechen sollten.

Süddeutsche Zeitung: Spartakus des Doktorenstandes

Auf den Rausch folgt der Kater. Das Aufwachen nach der gescheiterten Revolte muss für die bayerischen Hausärzte sehr schmerzhaft sein. Durch ihr "Nein" zur kollektiven Rückgabe der Kassenlizenz ist ihnen jetzt auch der Vorsitzende abhanden gekommen. (...) Zu viel Schaden hat dieser Spartakus des Doktorenstandes bei diesem letzten Versuch angerichtet. Die bayerischen Hausärzte werden spätestens im nächsten Quartal erkennen, dass sie der Kampf ihres Vorsitzenden sehr viel Geld kosten wird. Ein neuer Hausarztvertrag wird deutlich schlechter honoriert sein als der alte.

Frankfurter Allgemeine: Drohung war leeres Geschwätz

Der bayerische Hausärztelöwe konnte zwar brüllen, aber beißen konnte er nicht. Seine Drohung mit dem kollektiven Umstieg aus dem Kassen- in das Privatarztsystem war leeres Geschwätz. Der Rückritt von allen politischen Ämtern war die notwendige Folge. (...) Bayerns Hausärzte sollten sich auf selbst verschuldete Einbußen einstellen. Immerhin hat das Getöse um den Vertrag auch eine gute Seite. Es macht klar, dass es falsch ist, nur einen Interessenverband zum Kassen-Verhandlungspartner zu bestellen. Der Fehler wurde in der großen Koalition gemacht. Aber Schwarz-Gelb hat ihn nicht korrigiert.

Main Post: Jetzt keine neuen Daumenschrauben!

Ärzte wie Krankenkassen sollten die besinnlichen Weihnachtstage nutzen, um die in den letzten Wochen gefährlich vertieften Gräben wieder zuzuschütten. Der Hausärzteverband wäre dabei gut beraten, den Plan, doch noch eine Mehrheit für einen Ausstieg zu finden, endgültig aufgeben. Und die Kassen sollten ihre Genugtuung über die Niederlage von Hoppenthaller nicht an allen Hausärzten auslassen und die Tür für neue, auch für die Mediziner akzeptable Hausarztverträge öffnen. Statt neue Daumenschrauben auszupacken, könnten direkte Gespräche nichts schaden. Im Sinne der Patienten wäre dies allemal.

Mittelbayerische: Söder - eine ganz besondere Zierde seiner Zunft

Markus Söder ist schon eine ganz besondere Zierde seiner Zunft. (...) Da taucht er angesichts der Auseinandersetzung zwischen AOK und Hausärzten seit Tagen weitgehend unter, um einen Tag nach der Abstimmung der Mediziner ein Fähnchen aus seinem Mäuseloch zu halten. Was Söder wohl getan hätte, wenn der oberste bayerische Standesvertreter das Votum gewonnen hätte? Wahrscheinlich hätte er Dr. Hoppenthaller zu seinem persönlichen Freund erklärt, die völlig grundlose Kündigung des Hausärztevertrages durch die "Gesundheitskasse" angeprangert und die "Gutsherrenart" der AOK scharf verurteilt.

Stuttgarter Zeitung: Niemand weiß, ob es eine Neuauflage des Aufstands gibt

War die Rebellion also nur ein bayerischer Sonderfall? Die Antwort lautet: Jein.

Spätestens 2014 werden alle Krankenkassen die Karten auf den Tisch legen müssen: Dann, so hat es Schwarz-Gelb beschlossen, dürfen Kassen Hausärzten höhere Vergütungen nur zahlen, wenn dies an anderer Stelle finanziell ausgeglichen wird. Jeder Kasse, der dies nicht gelingt, stehen in diesem Fall massive Honorarkonflikte mit den Hausärzten bevor.

Niemand weiß, ob eine Neuauflage des Aufstands der Bayern nicht doch zum "Systemausstieg" führt.

Neue Westfälische: Das Hauptproblem war Maßlosigkeit

Man kann ja verstehen, dass die Hausärzte - und nicht nur sie - sich am Kassenarztsystem abarbeiten. Das was die bayerischen Hausärzte unter ihrem radikalen Anführer, dem notorischen Verbandsfunktionär Wolfgang Hoppenthaller, gezeigt haben, war indes nicht geeignet, Sympathie zu erzeugen. Es ging ihnen nämlich - wenn überhaupt - höchstens nachrangig um eine bessere Versorgung ihrer Patienten.

In erster Linie ging es ihnen um mehr Geld für bayerische Hausärzte, selbst auf Kosten der eigenen Kollegen. Ihr Hauptproblem war Maßlosigkeit.

Nordbayerischer Kurier: Mit dem Scheitern sind die Probleme nicht vom Tisch

Die Verantwortung für die Pleite trägt nach den von ihm geweckten hohen Erwartungen Hoppenthaller selbst.

Die Patienten, die die Leidtragenden einer massenhaften Hausärzteverweigerung gewesen wären, können aufatmen - vorerst. Denn mit dem Scheitern des Verbandes sind die Probleme nicht vom Tisch.

Viele Hausärzte sind überlastet, auf dem Land droht bald Mangel. Darunter haben dann alle zu leiden: Ärzte und Patienten.

Dr. Günter Gerhardt schrieb 05 April 2020

Söder: Hoppenthaller soll zurücktreten

München - Nach dem gescheiterten Aufstand des Bayerischen Hausärzteverbandes gegen das Kassensystem hat Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) Ärzte-Chef Wolfgang Hoppenthaller zum Rückzug aufgefordert.

“Der Hausärzteverband braucht einen grundlegenden Neuanfang, inhaltlich und personell“, sagte Söder am Donnerstag in München. “Ich gehe fest davon aus, dass Herr Doktor Hoppenthaler bald seine Zulassung zurückgeben wird und muss.“

In Berlin will die bayerische Staatsregierung gemeinsam mit Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) eine Reform der Ärzteorganisationen in Angriff nehmen. Gedacht ist offensichtlich an eine schärfere Kontrolle. Aufsichts- und Eingriffsmöglichkeiten durch die Behörden müssten verstärkt werden, sagte Söder. “Wir nehmen niemanden an die Kandare, aber wir achten auf das Recht.“

 

Dr. Günter Gerhardt schrieb 10 April 2020

Heimbetreuung in Bayern

Erste Zwangsverpflichtung von Vertragsärzten

Die neue Notstandsgesetzgebung in Bayern gibt den Städten und Gemeinden umfassende Handlungsbefugnisse – und die Stadt Würzburg macht nun davon Gebrauch: Dem änd liegen Schreiben an Hausärzte vor, die zur ärztlichen Betreuung von Menschen in Pflege- und Behinderteneinrichtung zwangsverpflichtet werden. Der Ton des Vollzugsschreibens lässt Einsatzbefehle der Bundeswehr fast schon wie freundliche Einladungen wirken.

Die Stadt Würzburg verpflichtet Hausärzte zum Dienst in Pflegeheimen.
© Franz Gerhard/Adobe.Stock.de

Tägliche Visiten, ständige telefonische Erreichbarkeit – und kein Wort des Dankes oder über außerplanmäßige Vergütung. Ärzte im Raum Würzburg erhalten derzeit eine schriftliche „Anordnung zur Heranziehung zu Dienstleistungen“, wenn sie in der Nähe von Pflegeeinrichtungen praktizieren.

„Die Stadt Würzburg als untere Katastrophenschutzbehörde erlässt folgenden Bescheid: Sie werden als Arzt der Pflegeeinrichtung/Behinderteneinrichtung .... zugeteilt und werden verpflichtet, in Absprache mit den weiteren dieser Einrichtung auf Grundlage des BayKSG zugeordneten Ärzten die hausärztliche Versorgung dieser Einrichtung und deren Bewohner*innen sicherzustellen“, heißt es wörtlich in der Anordnung.

Solange in der genannten Einrichtung eine aktive Covid-19-Erkrankung eines Bewohners vorliege oder eine entsprechende Quarantäne angeordnet sei, „ist durch Sie eine tägliche Visite durchzuführen“, heißt es weiter. „Sie haben sicherzustellen, dass Sie oder einer der auf Grundlage des BayKSG der in Ziffer 1 genannten Einrichtung zugeordneten Ärzte von Montag bis Freitag telefonisch zwischen 8:00 Uhr und 22:00 Uhr und am Wochenende zwischen 9:00 Uhr und 20 Uhr erreichbar sind“, schreibt die Stadt Würzburg.

An den Wochenenden könnten sich die für die Einrichtung verpflichteten Ärzte zusammenschließen, damit eine telefonische Erreichbarkeit zwischen 9:00 Uhr und 20 Uhr gewährleistet sei. Die Einsatzplanung sowie Änderungen und Abweichungen seien der Stadt Würzburg in jeder Woche umgehend mitzuteilen. Schutzmaterial sei „zielgerichtet und ressourcenschonend“ einzusetzen, lautet ein wenig hilfreicher Hinweis.

Als Begründung verweist die Stadt auf die eingetretene Katastrophenlage: „Da die ärztliche Versorgung der Bewohner in den Pflege- und/oder Behinderteneinrichtungen im Stadtgebiet Würzburg aufgrund der erhöhten Infektionsgefahr nicht auf andere Weise auch für die Zukunft sichergestellt ist, ist die Zuweisung von Ärzten an bestimmte Pflege- und/oder Behinderteneinrichtungen erforderlich. Eine mildere Maßnahme ist nicht ersichtlich. Auch ist die Angemessenheit aufgrund der Erreichbarkeitsregelung und der Möglichkeit eines Zusammenschlusses an den Wochenenden gegeben. Eine Leistung auf Grund freiwilliger vertraglicher Vereinbarung gegen angemessene Gegenleistung war nicht verhandelbar“, so die Stadt.

Daneben werde anderen Ärzten mit Allgemeinverfügung der Stadt Würzburg untersagt, Pflege- und/oder Behinderteneinrichtungen im Stadtgebiet zu betreten und dort lebende Bewohner zu behandeln. Ausgenommen seien der ärztliche Bereitschaftsdienst, die notärztliche Versorgung und Fachärzte, die bei Bedarf vom zugewiesenen Hausarzt hinzugezogen werden könnten.

Zum Thema Honorar heißt es lediglich: „Hinweise zur Abrechnung der kassenärztlichen Leistung erhalten Sie von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns.“ Widerspruch gegen den Bescheid könne nicht eingelegt werden. Gegen den Bescheid kann lediglich innerhalb eines Monats nach Zugang Klage erhoben werden.

KVB: Weitere Einzelfälle bekannt

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) wollte am Donnerstag nicht ausführlich Stellung zu dem Vorgang nehmen. „Wie Sie wissen, hat der Freistaat Bayern mit dem Ausrufen des Katastrophenfalles, dem bayerischen Infektionsschutzgesetz und dem daraus abgeleiteten Notfallplan Pandemie wesentliche Kompetenzen an sich gezogen“, betonte ein Sprecher gegenüber dem änd. Der KV seien Einzelfälle aus anderen bayerischen Landkreisen bekannt, in denen derzeit ebenso verfahren werde. „Eine lückenlose Aufstellung der entsprechenden Anordnungen haben wir aber nicht.“

09.04.2020 16:04:35, Autor: js

 

Dr. Günter Gerhardt schrieb 10 April 2020

KBV-Vorstand zur Zwangsverpflichtung

"Hat ein Freistaat ein solches Vorgehen nötig?“

Nach dem Bekanntwerden der ersten Zwangsverpflichtungen von Hausärzten in Würzburg aufgrund der neuen Corona-Notstandsgesetze, äußerte sich am Donnerstag auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in Berlin zu dem Vorgang. Es dürfe nicht sein, dass Ärzte quasi auf eigenes Risiko und ohne ausreichenden Schutz „abkommandiert“ werden.

Die KBV-Vorstände Dr. Stephan Hofmeister und Dr. Andreas Gassen (v.l.) lehnen Zwangsverpflichtungen wie in Würzburg energisch ab.
© änd-Archiv

„Unglaublich in Form und Inhalt ist die Zwangsverpflichtung eines niedergelassenen Hausarztes, der von der Stadt Würzburg einer Pflegeeinrichtung ‚zugeteilt’ wird – wie es in dem im schlimmsten Amtsdeutsch abgefassten Behördenbrief heißt – um dort die hausärztliche Versorgung zu sichern. Hätte man mir den reinen Brieftext ohne Absender gezeigt, hätte ich gedacht, so etwas kann nur aus der Feder eines Behördenvertreters eines Staates mit einem eher zentralistischen und nicht demokratischen Politikverständnis kommen“, kommentierte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) den „Vollzug des bayerischen Katastrophenschutzes“ (der änd berichtete).

Der KBV-Chef bezweifelt, ob die zugrundeliegende Rechtsgrundlage wirklich hieb- und stichfest sei. „Nicht ohne Grund hat NRW diese Zwangsverpflichtung aus seinem Epidemiegesetz gestrichen“, erklärte Gassen. Zudem zeige das Vorgehen in anderen Bundesländern, wie es richtig funktionieren könne. „Auf Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit aller Beteiligten wird gemeinsam an einem Strang gezogen. Das Beispiel Heinsberg zeigt, wie erfolgreich eine solche Zusammenarbeit von Landrat, KV und allen anderen Beteiligten letztlich ist“, sagte Gassen. Als „zynisch“ empfand es Gassen, dass es in dem Schreiben heißt, Schutzmaterial sei „zielgerichtet und ressourcenschonend“ einzusetzen. „Ich gehe davon aus, dass die Stadt Würzburg über ausreichend Schutzmaterial verfügt, um die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen entsprechend auszustatten. Es darf nicht sein, dass Ärztinnen und Ärzte quasi auf eigenes Risiko ohne ausreichenden Schutz ‚abkommandiert’ werden. Nicht Landräte oder Behörden definieren, welcher Schutz notwendig ist, sondern hier gibt es klare Vorgaben des Arbeitsschutzes“, erklärte der KBV-Chef.

Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV, fragte: „Was geschieht mit den Patientinnen und Patienten der hausärztlichen Kollegen und was mit den Kolleginnen und Kollegen selbst? Der Kollege wird zu einer 7-Tage-Woche mit 5 Tagen zu je 14 Stunden und 2 Tagen zu je 11 Stunden verpflichtet! Offenbar gilt hier nicht einmal mehr ein Mindestmaß an Arbeitsschutz und Arbeitsrecht! Wohin sollen sich die chronisch Kranken wenden, die regelmäßig betreut werden müssen?“ Eine Behörde zwinge Ärzte dazu, mehr oder minder ihre Patienten im Stich zu lassen, um sich ab sofort in einem Pflegeheim um Menschen zu kümmern, die sie nicht kennen und die umgekehrt wiederum auch nicht die Ärzte kennen. „Das kann insbesondere bei der Behandlung chronisch kranker Patienten gefährlich sein. Dieses Vorgehen einer Zwangsverpflichtung ist aus medizinischer Sicht vorsichtig formuliert äußerst fragwürdig“, so Hofmeister. „Bayern hebt stets seine Rolle als Freistaat vor. Hat ein Freistaat ein solches Vorgehen nötig?“, fragte Hofmeister.

Beide Vorstände bewerteten das Vorgehen der Würzburger Behörde als „Offenbarungseid des Rechtsstaates“ und einen gefährlichen und unbotmäßigen Eingriff in die medizinische Versorgung wie er andernorts nicht denkbar und vor allem auch nicht nötig sei.

09.04.2020 16:35:43, Autor: js

 

Dr. Günter Gerhardt schrieb 14 April 2020

Söder: Deutsches Gesundheitssystem muss nach Corona reformiert werden

Donnerstag, 9. April 2020

 

 

Markus Söder (CSU) /picture alliance, Peter Kneffel

München − Nach den Erfahrungen aus der Coronakrise hält CSU-Chef Markus Söder eine grundlegende Reform des deutschen Gesundheitswesens für unverzichtbar.

Zwar glaube er, dass das deutsche Gesundheitssystem viel besser vorbereitet war als viele andere in der Welt. „Aber wir müssen nun noch einen deutlichen Zahn zulegen“, sagte der bayerische Ministerpräsident in einem Interview in München.

Deutschland brauche eine Notfallversorgung, wenn es um Medikamente, Material und Produktionskapazitäten im eigenen Land gehe sowie eine bessere Bezahlung im gesamten Medizinsektor, betonte Söder. „Dazu gehört auch eine bessere Krankenhausfinanzierung, um für Notfälle und Intensivmedizin besser ausgestattet zu werden.“

aerzteblatt.de

§  Söder deutet Verlängerung von Anti-Corona-Maßnahmen an

§  Pflege: Söder will Bonus für alle Kräfte in Bayern

§  Gesundheitssystem: Heil für Überprüfung nach Ende der Coronakrise

Söder zeigte sich zuversichtlich, dass sogar noch in der laufenden Legislaturperiode eine solch große Gesundheitsreform zu schaffen sei: „Wenn Sie sehen, was in den vergangenen Wochen alles geschafft wurde, lässt sich das sicherlich umsetzen.“

Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) denke auch darüber nach. „Er hat meine volle Unterstützung. Wir von der CSU werden das auch begleiten und voranbringen.“ © dpa/aerzteblatt.de

 

 

Heil für Überprüfung des Gesundheitssystems nach Ende der Coronakrise

Freitag, 3. April 2020

 

 

Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales (SPD). /picture alliance, AP Images

Düsseldorf − Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat für die Zeit nach der Corona­krise eine Überprüfung des deutschen Gesundheitssystems gefordert. „Wir müssen ein­fach darauf reagieren, dass Gesundheit kein rein marktwirtschaftliches Gut sein kann“, sagte Heil der Rheinischen Post von heute.

Über die Trägerstruktur von Krankenhäusern müsse in den Kommunen entschieden wer­den. Grundsätzlich gelte es aber, dass es eine staatliche Gewähr­leistungsverantwortung gebe. Heil verlangte, der öffentliche Bereich müsse gestärkt werden.

„Einige Krankenhäuser sind kaputtgespart worden.“ Es müsse darüber gesprochen wer­den, „ob wir nicht dauer­haft mehr für Gesundheit und Pflege ausgeben müssen.“ Die Ge­sellschaft müsse auch begreifen, dass Pfleger und auch Verkäuferinnen − die „jetzigen Helden des Alltags“ − besser bezahlt werden müssten.

aerzteblatt.de

§  Coronakrise: Regierung sieht keine Anzeichen für Lockerung von Maßnahmen

§  Coronakrise: Bundesregierung bringt Sozialpaket auf den Weg

§  SPD-Fraktion setzt Task Force gegen soziale Pandemie-Folgen ein

Für die Hochphase der Coronakrise lehnte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Heil eine Diskussion über den Vorstoß von Parteichefin Saskia Esken zu einer Vermögensabgabe für Reiche ab. „Jetzt geht es erst mal darum, die Schutzpakete umzusetzen, die wir gerade erst beschlossen haben.“

Über den Lastenausgleich werde nach der Krise zu reden sein. Auch hier sei Solidarität gefragt. Denn es werde hohe wirtschaftliche Verluste geben, Unternehmen würden Ge­winn- und Umsatzeinbrüche, Beschäftigte Lohneinbußen und der Staat weniger Ressour­cen haben, warnte Heil. © afp/aerzteblatt.de

 

Dr. Günter Gerhardt schrieb 24 Mai 2020

Niedersachsen

Auch Kammer warnt vor Regelung zur Zwangsverpflichtung

Die Landesregierung in Niedersachsen bastelt an neuen Pandemie-Vorschriften, mit deren Hilfe Ärzte zu Diensten zwangsverpflichtet werden können. Kritik an dem Vorhaben der SPD/CDU-Koalition im Land (der änd berichtete) kommt nun auch von der Ärztekammer.

Wenker: "Ich befürchte, dass die große Hilfsbereitschaft der Mediziner nachlassen wird."
© änd

Die Präsidentin der Kammer in Niedersachsen, Dr. Martina Wenker, warnt eindringlich vor einer solchen Neuregelung. „Ich befürchte, dass die große Hilfsbereitschaft der Mediziner, die wir bisher in Niedersachsen erlebt haben, dann nachlassen wird, wenn sie von einer zweiten Welle mit einer Zwangsrekrutierung rechnen müssen“, so Wenker gegenüber dem Politikjournal „Rundblick“.

Der Koalition könne nur geraten werden, von der Verpflichtung wieder abzurücken: „Nordrhein-Westfalen hatte ähnliches vorgehabt und davon wieder gelassen, nachdem massive Proteste laut geworden waren. Ich wünsche mir eine solche Entwicklung auch hierzulande“, so Wenker.

Die geplante Zwangsverpflichtung ist Bestandteil des „Corona-Gesetzes“, das im Innenministerium aus den Wünschen und Anmeldungen der verschiedenen Ressorts zusammengestellt worden war, heißt es. Die beiden Regierungsfraktionen wollen den Entwurf jetzt in den Landtag einbringen. Im Juni könnte über das Gesetz beraten und auch schon abschließend entschieden werden.

22.05.2020 14:57:57, Autor: js

 

Close