Unsere Themen: Zulassung zum Studium, Klageverfahren, Pflege

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  • Letzter Beitrag 29 Januar 2018
Dr. Günter Gerhardt schrieb 08 November 2017

Für die lebhafte Dikussion am 7.11.2017 im WPF MJ möchte ich mich bedanken. Da waren für mich ganz neue Denkansätze und Infos dabei, die ich als so wichtig erachte, dass sie hier zum Nachlesen gepostet werden sollten.

Ich poste mal hier einige Fragen und Ansätze und bitte um Antworten, Erklärungen und Ergänzungen. 

Zulassung zum Medizinstudium
Rausschmiss nach 1. Semester, Reinklagen, NC belassen, Alternativen, mehr 1,0er als Studienplätze und dann?, warum so viele Studentinnen?, Kinderwunsch verständlich, nur mit Pause möglich?, Wünsche an die neue Bundesregierung?

Pflegenotstand, endlich in aller Munde, auch angestoßen von einem Azubi bei Angela Merkel im TV.
Gründe für den Mangel?, nur das Geld?, Altenpflege, Missstände im Krankenhaus, Überstundenproblematik, nur Häuptlinge, keine Indianer, Diskussion mit Ärzten auf Augenhöhe?, was müsste geändert werden? hat jemand eine Meinung zur Generalistik?, Wünsche an die neue Bundesregierung?
Ganz aktuell: Wirtschaftsweise sehen noch keinen Fachkräftemangel, mahnen nur einen Engpass an. 

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K.B. schrieb 09 November 2017

Im Grunde sind die aktuellen Vergabeverfahren (20-20-60-Schlüssel) nicht uneingeschränkt schlecht. Die Bewerber mit dem besten Abitur erhalten gesondert durch die Abiturbestenquote ihren Studienplatz. Bewerber mit weniger hohen Chancen mithilfe ihres Notendurchschnitts auf einen Studienplatz hoffen zu dürfen, konkurrieren somit nicht mit den „Überfliegern“ um den gleichen Studienplatz. Die Auswahl mit Einbezug der Abiturnote ist meiner Meinung nach berechtigt. Ohne Fleiß, Ehrgeiz und Durchhaltevermögen ist ein Abitur mit der Note sehr gut wohl schwierig zu erreichen. Dies sind Charaktereigenschaften, welche auch im Medizinstudium von Vorteil sind und dementsprechend auch im Vergabeverfahren berücksichtigt werden sollten. Eine beliebte Aussage ist, dass „1,0 im Abitur nichts über die Qualität eines künftigen Arztes aussagt“. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber auch nicht, dass jeder Einser Abiturient ein empathieloser Einzelkämpfer ist, welcher sich beruflich besser mit Büchern als mit Patienten befassen sollte.  

Idealerweise sollten Persönliche Motivation, berufliche Erfahrung und soziale Fähigkeiten im Vergabeverfahren auch eine Rolle spielen. Dementsprechend eignen sich Auswahlgespräche, um dem Bewerber welcher sich hinter Zeugnissen und bloßen Fakten verbirgt ein Gesicht zu geben. Wie sich das im Einzelnen umsetzen lässt ist jedoch schwierig zu beurteilen (hoher Zeitaufwand).

Das Auswahlverfahren der Hochschulen (AdH) ist viel zu kompliziert gestaltet. Obwohl Hochschulstart als zentrale Institution die Plätze verteilt, muss man sich als Bewerber erstmal durch die verschiedensten Auswahlkriterien der einzelnen Hochschulen kämpfen. Alleine die gewünschten Universitäten auf seine Prioritätenliste sinnvoll und mit dem größtmöglichen Erfolg zu setzten ist eine Kunst. Meiner Meinung nach sollten alle Hochschulen gleiche Kriterien für einen Bonus auf die Abiturnote haben. So sollte vereinheitlicht werden, dass eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein abgeleisteter BFD bzw. ein abgeleistetes FSJ überall positiven Einfluss auf das Vergabeverfahren nehmen.

 

Worin sich die Meisten einig sein sollten ist, dass die finanziellen Mittel des Einzelnen keine Rolle spielen. Inwiefern man durch eine Klage nun ein größeres Anrecht auf einen Studienplatz hat, ist mir unverständlich.

GBrand schrieb 10 November 2017

Natürlich ist unser jetziges System nicht uneingeschränkt schlecht, jedoch gibt es viele Schwachpunkte die ausgebügelt werden müssen wenn der Bewerbungsprozess wirklich fair und sinnvoll sein soll. Meiner Meinung nach sollte z.B. das Bewerbungsgespräch für jede Universität im Bewerbungsprozess zur Pflicht werden. In England ist dies der Fall, und die Abiturnote ist dadurch nur einer von vielen Faktoren (u.a. Personal Statement, Medizinertest und Interview) geworden. Natürlich sollte eine herausragende schulische Leistung belohnt werden, aber dieses Kriterium alleine sollte meines Erfassens nach nicht zum Studienplatz genügen. Wenn wir (wie es z.B. in Greifswald und Göttingen schon gehandhabt wird) die Abiturnote als EIN Kriterium für die Einladung zum Vorstellungsgespräch werten, bekommen diese "Überflieger" immer noch eine höhere Chance auf einen Studienplatz ohne andere außenvor zu lassen. Wenn die Universitäten von Anfang an die richtige Anzahl Studienplätze anbietet entsteht dieses Problem des Einklagens garnicht! In anderen Ländern funktioniert es auch, warum hier nicht?

Hier kommt natürlich auch die Frage des allgemeinen Bewerbungsprozesses auf. Wenn wir unser "Dreiklassen"-System (AdH, Abibestnotenquote und Wartezeit) abändern und nur noch ein zentrales AdH wie vorhin beschrieben mit einer Wartezeitquote (Die sich, wenn sie weiterhin bei 14/15 Semestern liegt, auch ehrlichweise der Sinnfrage stellen muss) haben, erleichtert sich so der ganze Prozess.

Im Punkt Hochschulstart gebe ich dir völlig Recht, diese Platform ist katastrophal schlecht aufgebaut und müsste einmal komplett überarbeitet werden. Startups wie wostudiereich.de helfen schon sich einen Überblick zu verschaffen, die zentrale Vergabestelle müsste aber über Auswahlkriterien etc. informieren, wenn sie schon nicht überall gleich sind.

Auch stimme ich dir zu, dass finanzielle Mittel im normalen Verfahren keine Rolle spielen sollte, beim Punkt Studienplatzklage muss ich dir jedoch widersprechen. Eine Klage ist nichts weiteres als ein Einwand gegen die Entscheidung im Bewerbungsprozess, ein Recht welches alle haben. Hierzu müssen teure Anwälte nicht herangezogen werden, jeder kann sich vor Gericht auch selber vertreten (Obwohl das zugegebenermaßen für einen juristischen Laien doch etwas zu viel gefragt ist) Der Kläger geht also sein eigenes finanzielles Risiko ein, wenn das Gericht gegen Ihn entscheidet hat er verloren. Wenn jedoch das Gericht zum Entschluss kommt, dass die Universität zu wenig Plätze vergeben hat, war sein Einwand doch völlig berechtigt. Wenn mehrere dahingehend Einwand einlegen wird der/die Studienplatz(e) notariell beaufsichtigt unter den Klägern verlost. Die Kläger sind nicht nur ihr eigenes Risiko eingegangen, sondern sind auch der einzige Grund dafür, dass das fuschen der Universität aufgedeckt wurde. Ohne Sie wären die zu wenig vergebenen Plätze nicht aufgefallen, frei nach dem Prinzip "Wo kein Richter, da kein Henker".

LenB schrieb 14 November 2017

Also ich würde gerne mal auf das andere Thema eingehen: 

Ich bin sicher in der Pflegenotstand wird nicht ausschließlich durch die Bezahlung ausgelöst. Allerdings muss man sehen, dass die Arbeitsumstände nicht einfach sind. Neben psychischer und körperlicher Belastung durch die Pflege der Patienten kommt noch die Belastung des Schichtdiensts. Wenn dann noch Überstunden quasi erwartet werden leinden nicht nur die Angestellten sondern auch die Patienten. Einige Belstungen könnten sicher reduziert werden, wenn der Pflegeschlüssel endlich angepasst wird. Und dies natürlich eine Frage des Geldes, das von den Trägern bereit gestellt wird.
Auch die Bezahlung ist für den Job einfach nicht angemessen. Diese Menschen kümmern sich um alle, die dies nicht mehr selbst tun können und stehen in schwierigen Situationen bei. Seien es Pfleger*innen auf Station, in der Notaufnahme oder in einem Altenheim. Diese Menschen verdienen einen viel größeren Respekt als er von unserer Gesellschaft anerkannt wird. Am einfachsten lässt sich dieser nunmal über angemessene Bezahlung ausdrücken. 
Dazu kommen nötige Verbesserungen im Arbeitsumfeld wie bezahlte Überstunden, Kinderbetreuung, Möglichkeiten zum Ausgleich wie Sport, regelmäßige Supervision oder bezahlbare, genießbare, gesunde Mitarbeiterverpflegung. 
Ein weiterer Teil von Respekt wäre endlich anzuerkennen, dass das Pflegepersonal nicht kategorisch unter den Ärzten*innen steht. Die geleistete Arbeit ist eine Säule des Gesundheitswesens, die neben der der Ärzte steht. Vielleicht weiß das ärztliche Personal besser welcher Therapieverlauf angezeigt ist allerdings können Pflegekräfte häufig besser beurteilen wie ein Patient sich entwickelt, welche Gewohnheiten er hat und wie sich das soziale Umfeld darstellt. Alle diese Punkte müssen in eine Therapie einbezogen werden und deswegen müssen Ärtze*innen die Meinung des Pflegepersonals mit einbeziehen. Das Pflegepersonal kann den Job des ärztlichen Personals natürlich nicht übernehmen aber andersrum können auch die Ärzte*innen die Arbeit der Pflege nicht leisten. 
Die Ausbildung durch ein Pflegestudium zu erstetzen sehe ich zweischneidig. Wobei man Studium erstmal definieren müsste. Ich meine hier nicht ein Studium zum Pflegemanagement sondern eins, das wie in den USA oder anderen Ländern die selben Inhalte wie eine Pflegeausbildung beinhaltet. Der Aufbau könnte dabei dem Medizinstudium ähneln, es wird erst eine theoretische Grundlage geschaffen und dann am Patienten gelernt. Das positive hieran wäre, dass einem akademischem Abschluss häufig ein größerer gesellschaftlicher Respekt entgegengebracht wird. Allerdings würde es auch zu einem geringeren Praxisbezug führen und zu der Problematik, dass nur noch junge Erwachsene mit einem Abitur sich für den Pflegeberuf entscheiden könnten.
Bevor man sich mit der Attraktivität der Ausbildung beschäftigt, sollte man jungen Menschen eine größere Weitsicht zutrauen und die Attraktivität des Berufs an sich verbessern. 

mp123 schrieb 21 November 2017

Meiner Meinung nach ist das Bewerbungsverfahren für Medizin, so wie es jetzt ist, ungerecht und vor allem relativ ungeeignet.

Die Abiturnote gibt einen viel zu großen Ausschlag bei der Auswahl der Studenten. Natürlich ist es einerseits fair, wenn Schüler, die sich anstrengen, ein gutes Abi zu schreiben, um danach Medizin studieren zu können, für ihre Mühe auch belohnt werden. Andererseits sagt die Abinote absolut nichts darüber aus, ob man später ein guter Arzt wird oder nicht. Was fürs Abi erwartet wird, hat nichts mit dem Medizinstudium und dem späteren Arebtisalltag als zu tun.

Die Aufteilung des Bewerbungsverfahrens in 3 Quoten ändert daran auch nicht viel, da die Abinote im Auswahlverfahren der Hochschulen immer noch den Ausschlag gibt bzw. manche Unis hier einfach weiter nur nach der Note gehen und keine sonstigen Kriterien gelten lassen.

Dabei haben so viele andere Dinge einen Einfluss darauf, ob man ein guter Arzt wird: soziale Kompetenz, Empathie, etc. Diese Qualitäten finden im jetzigen Bewerbungssystem viel zu wenig Berücksichtigung. An manchen Unis gibt es zwar Bewerbungsgespräche, einige prüfen sogar bestimmte soziale Kompetenzen in ihren Bewerbungsverfahren, doch den meisten Bewerbern bleibt die Chance verwehrt, sich hier zu beweisen, da die Plätze im Auswahlverfahren sehr beschränkt sind und selbst hier oft die Abinote eine große Rolle spielt.

So werden viele Bewerber, die vielleicht hervorragende Ärzte werden würden, entmutigt.

Auch wer eine Berufsausbildung im medizinischen Bereich abgeschlossen hat, ein FSJ o.ä. absolviert hat, und somit offensichtlich motiviert und entschlossen ist, Medizin zu studieren, muss teilweise 7 Jahre auf seinen Studienplatz warten, weil die Abinote 'zu schlecht' ist. Und das ist ja bereits im 1,x-Bereich der Fall.

 

Ich finde, das Bewerbungsverfahren gehört überarbeitet. Die Abiturnote darf nicht den Ausschlag geben bei der Auswahl der zukünftigen Ärzte. Denn nur weil man kein Abi von 1,0 hat, heißt das bei weitem nicht, dass man das Studium nicht schafft. So aber haben viele motivierte Bewerber mindestens 7 Jahre lang keine Chance, einen Studienplatz zu bekommen.

Stattdessen sollte mehr Wert auf die sozialen Kompetenzen, Empathie, Motivation, Durchhaltevermögen etc gelegt werden, zum Beispiel durch mehr Bewerbungsgespräche im Auswahlverfahren (was zugegebenermaßen sehr zeitaufwendig ist). So würde es mehr jungen Menschen möglich, das Medizinstudium überhaupt zu beginnen. Ob sie den Anforderungen des Studiums dann gerecht werden, lässt sich nicht von vornherein an ihrer Abinote ablesen. Und dich denke, dass dadurch sogar mehr Studenten das Studium abschließen würden, da dadurch mehr Leute die Chance zu studieren bekommen würden, die auch wirklich fest entschlossen sind, Arzt zu werden und wissen, worauf sie sich mit diesem Studium einlassen.

maja schrieb 29 Januar 2018

 

Größtenteils stimme ich der hier vorherrschenden Meinung zu. Eine zeitgemäße Anpassung des Zulassungsverfahrens, welches die individuelle Eignung über den NC hinaus berücksichtig war nötig und überfällig.

 

Darüber hinaus sollte allerdings noch erwähnt werden, dass die Frage bleibt, ob überhaupt jemand direkt nach dem Abitur sofort anfangen sollte, Medizin zu studieren.

 

Denn kann jemand, der 18 Jahre alt ist und bisher vermutlich „nichts anderes“ getan hat als in die Schule zu gehen (womit man natürlich durchaus ausgelastet ist, vor allem wenn einem ein Schnitt von 1,0 gelingen soll) und eventuell einen kleinen Nebenverdienst durch Zeitungsaustragen oder ähnliches hatte, überhaupt beurteilen ob er Arzt werden möchte?

 

Hat man in diesem Alter eine Vorstellung davon, was auf einen zukommt, wenn man Arzt wird?

 

Ist man sich über mögliche physische und psychische Belastungen im Klaren? Kann man denn so früh einfach schon annehmen, dass man diesen standhalten wird?

 

Natürlich könne man jetzt sagen, es gäbe viele verschiedene Fachrichtungen und Möglichkeiten, welche man nach einem Medizinstudium einschlagen könnte. Dennoch (abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen) bleibt die Medizin, zumindest erstmal, ein Beruf in dem man viel mit anderen Menschen zu tun hat, sowohl das Arbeiten im Team als auch die Behandlung der Patienten oder die Betreuung der Angehörigen. Auch gibt es Strukturen, denen man sich unterordnen muss und Bereiche in denen man Anleiten muss.

 

Eine 18-jährige Person besitzt nicht unbedingt die notwendige Voraussicht um einen derartig komplexen Beruf richtig einschätzen zu können. (auch hier gibt es natürlich Ausnahemen)

 

Darum benötigt man eine vielmehr gereifte sowie ausdifferenzierte Persönlichkeit, um zu wissen ob ein Medizinstudium bzw. der Arztberuf mit der persönlichen Einstellung übereinstimmt.

 

Somit würden vielleicht eher Menschen zugelassen, die nicht nur wirklich Arzt werden wollen, sondern auch ein wenig mehr Ahnung der Tragweite dessen haben. Dies sollte dann später einmal dazu beitragen, dass man mehr ausgeglichene, zufriedene, gute und sozial kompetente Ärzte hat, die mit ihrem Beruf einfach glücklich sind.

 

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