Nicht jeder Absolvent des Medizinstudiums fühlt sich dazu berufen, als Arzt in Praxis und Klinik Patienten zu versorgen. Tatsächlich muss man als Medizinier nicht immer den kurativen Bereich wählen, um Karriere zu machen. Wie vielfältig die Berufsperspektiven sind, erfahren Sie im folgenden Beitrag.
Öffentlicher Gesundheitsdienst
Der öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) beschäftigt sich mit Fragen der Bevölkerungsmedizin mit dem Fokus auf Prävention.1 Die Aufgaben umfassen Beratungs- und Unterstützungsangeboten für Familien mit Kleinkindern, die Mütterberatungen, Kita- und Einschulungsuntersuchungen, Untersuchungen und Beratungen von Schwangeren, Kontroll- und Überwachungsaufgaben im Bereich der Krankenhaus-, Umwelt- und Seuchenhygiene.
Weitere Aufgaben sind die Beratungs- und Hilfsangebote für psychisch Kranke, chronisch Kranke sowie körperlich behinderte Menschen bis hin zur Erstellung amtsärztlicher Gutachten und Zeugnisse. Ein wichtiger Teil des ÖGD ist auch die Mitwirkung an der Gesundheitsberichterstattung und die Politikberatung.
Bezahlung lässt zu wünschen übrig Ärzte aus Krankenhäusern und insbesondere Fachärzte, die in den Öffentlichen Gesundheitsdienst wechseln möchten, müssen sich derzeit allerdings mit einer deutlich schlechteren Verügutung begrüngen: Sie erhalten dort den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD)-Ärzte oder den TV-L-Ärzte. Die ÖGD-Ärzte erhalten allein beim Grundgehalt im Schnitt 1000 Euro weniger im Monat, schreibt die Ärztezeitung.2
Bei Ärzten in Leitungsfunktionen im siebten oder achten Dienstjahr beträgt die Differenz über 2300 Euro oder 30 Prozent. Fachärzte, die aus der Klinik in ein Gesundheitsamt wechseln möchten, werden dort in etwa auf das Gehaltsniveau eines Berufsanfängers direkt nach Ablegen der ärztlichen Prüfung zurückgesetzt. Aus diesem Grund bleiben in den Gesundheitsämter viele Stellen unbesetzt. Der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes BVÖGD fordert deshalb bereits seit längerer Zeit eine einheitliche Vergütung für Ärzte im ÖGD und im Krankenhaus. Weitere Informationen auch zu den Tarifen erhalten Sie auf den Internetseiten des BVÖGD.1
Medizintechnik
Technikaffinen Medizinern steht der Weg in die Medizintechnik offen. Die neuen Entwicklungen in der medizinischen Technik bei Diagnostik und Therapie bietet Ärzten die Möglichkeit für Aufbaustudiengänge an verschiedenen Universitäten und Fachhochschulen und nach dem Studienabschluss einen guten und interessanten Arbeitsmarkt. Mediziner stellen hierbei die Schnittstelle zwischen Medizin, Management und Produktentwicklungen dar.3,4
Für dieses Berufsfeld ist betriebswirtschaftliches Verständnis sowie technisches Know-How vonnöten. Wichtig ist aber auch das Wissen darüber, zu welchen Komplikationen es bei dem Einsatz medizinischer Geräte kommen kann, daher wird eine praktische Erfahrung als Arzt in diesem Bereich gerne gesehen. Einige Hochschulen bieten entsprechende Weiterbildungen an.
Medizininformatik
Mediziner mit einer hohen Affinität zur Informatik, können eine Karriere in der Medizininformatik anstreben. Die Tätigkeitsfelder für Medizininformatik liegen in der medizintechnischen Industrie und im Gesundheitswesen. Sie beinhalten Entwicklung, Programmierung, Informationstechnik, Gesundheitsmanagement, Vertrieb, Kundendienst und Beratung. Allerdings ist eine Zusatzausbildung in der Regel Voraussetzung.
Mit der Zusatzqualifikation “medizinische Informatik” lernt man Grundlagen der Informatik kennen und beschäftigt sich mit gängigen Informationssystemen, der Biometrie und wissensbasierten Systemen. Fertige Mediziner finden bei der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. Informationen zu Studiengängen und Weiterbildungsadressen
Medizinjournalismus
Das wachsende Interesse der Bevölkerung am Erhalt der eigenen Gesundheit führt zu einer großen Präsenz der Medizin in den Medien. Damit steigt der Bedarf an aktuellem medizinischem Hintergrundwissen in einer allgemeinverständlichen Sprache. Aufgabe eines Medizinjournalisten ist es interessante Themen zu recherchieren und für ein breites Publikum aufzubereiten. Wie bei den meisten Beschäftigten der Kreativbranche, sieht es allerdings was die Bezahlung angeht auch bei Medizinjournalisten oft nicht rosig aus.1
Sie können sich zwar über mehr Freiheiten bei der Arbeit und eine zumeist freiere Zeiteinteilung freuen, verdienen dafür aber auch vergleichsweise wenig. Voraussetzungen sind ein abgeschlossenes Studium, eine gute Allgemeinbildung und Fremdsprachenkenntnisse. Der Zugang in diesen Beruf kann über ein viersemestriges Aufbaustudium im Fachbereich Journalismus/Medienwissenschaften oder über Volontariate/Praktika in Verlagen, Redaktionen oder Presseagenturen erfolgen. Die Ärztekammer Berlin verweist auf weiterführende Links zum Berufsbild und über Ausbildungswege, Berufschancen & Bewerbertipps. 2
Karriere in der Pharmaindustrie Die klassische Alternative zur kurativen Medizin bietet die Pharma-Industrie mit einem aktuellen Bedarf an qualifizierten Ärzten. Zu den Einsatzfeldern zählen die präklinische und klinische Forschung und Entwicklung, die Arzneimittelsicherheit und Pharmakovigilanz, die Zulassung und der sogenannte Market Access mit Aufgaben im Health Technology Assessment, wo es etwal um die Nutzenbewertung geht, erläuterte Dr. Thor Voigt, Medizinischer Direktor Deutschland von Boehringer Ingelheim auf dem diesjährigen Medizinischen Fakultätentag in Mainz laut einem Bericht der Ärztezeitung.3
Hinzu kämen die medizinisch-wissenschaftlichen Abteilungen (Medical Affairs) sowie der Bereich Marketing und Vertrieb. Die 42 Pharmaunternehmen in Deutschland, die dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) angehören, haben rund 125.000 Mitarbeiter, darunter 2300 Mediziner.
Allerdings stellt die pharmazeutische Industrie auch hohe Anforderungen an die Mediziner. Die Voraussetzungen für eine Karriere in der pharmazeutischen Industrie sind, trotz der Vielfalt an Arbeitsfeldern, aber dennoch hoch. Zu den Voraussetzungen zählen:
Fundierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse,
einige Jahre klinische Erfahrungen bis hin zur Facharztqualifikation,
Zusatzqualifikationen von MBA bis Zweitstudium (insbesondere für Führungspositionen),
Englisch als Berufssprache,
Fähigkeit und Bereitschaft, mit unterschiedlichen naturwissenschaftlichen und kaufmännischen Disziplinen national und international zusammenzuarbeiten,
Bereitschaft, für viele Jahre ins Ausland zu gehen.
Arzt als Consultant
Die Erfahrungen aus Medizinstudium und Arztberuf in Verbindung mit analytischem Denken und Organisationsgeschick ermöglichen es, als Consultant zu gesundheitsbezogenen Projekten, Marketingstrategien, oder Produkten zu beraten. Weil die Klienten dabei immer unterschiedliche Voraussetzungen und Probleme mitbringen, eröffnet sich hier für Mediziner ein abwechslungsreiches Aufgabengebiet. Wer eine Karriere bei Beratungsfirmen in Betracht zieht, sollte Freude an Kundenkontakt, Präsentationen und direktem Feedback haben.2
Der Einstieg scheint dabei vergleichsweise einfach: Meist läuft die Bewerbung über ein Online-Portal, als passender Bewerber wird man zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und muss meist mehrere Runden durchlaufen. Für Quereinsteiger gibt es Crashkurse, in denen die Grundzüge der BWL und VWL und das Handwerkszeug in Excel und Powerpoint vermittelt werden. Das meiste Wissen wird heutzutage in der Praxis direkt erlernt. Allerdings haben schneller Aufstieg und großzügiges Gehalt auch seinen Preis. So gehören ähnlich wie in der Klinik lange Arbeitszeiten und Stress zum Alltag. Dazu kommen zahlreiche Geschäftsreisen und Auslandsaufenthalte.
Umstieg ins Klinik-Management
Wer sich nicht ganz aus dem Krankenhaus verabschieden möchte, dem steht es offen, ins Klinik-Management einzusteigen. So sind auch Kliniken heutzutage Wirtschaftsunternehmen, bei deren Weiterentwicklung es auf die perfekte Abstimmung zwischen betriebswirtschaftlichen und medizinischen Abläufen ankommt. Allerdings ist für den Einstieg ins Klinikmanagement anders als bei Unternehmensberatungen eine Weiterbildung oder sogar ein Aufbaustudium in dem Fachbereich Gesundheitsmanagement oder Krankenhaus-Betriebswirtschaft oft die Voraussetzung.2
Als Arzt in China: Keine Halbgötter in Weiß
10. August 2018 ·
Die ärztliche Tätigkeit bedeutet in China eine hohe Zahl an Patienten und besondere Krankheiten, ein überschaubares Einkommen, aber gute Forschungsmöglichkeiten. Erfahren Sie mehr über die Arbeitsbedingungen in Ostasien.
Im modernen China gelten Macht und Verdienst als Statussymbole, weshalb die meisten Ärzte wenig Ansehen genießen. Der Großteil arbeitet als Staatsbeamte in öffentlichen Kliniken und verdient dort relativ wenig. Ein Arzt aus Shanghai berichtet von einem monatlichen Einkommen von umgerechnet rund 450 Euro für Berufseinsteiger, nach einigen Jahren Berufstätigkeit seien es etwa 1.500 Euro.
Die Reputation hängt jedoch auch vom familiären Hintergrund ab und ist höher, wenn mehrere Generationen ärztlich tätig gewesen sind. Außerdem tragen die Institution, an der man tätig ist, Auslandsaufenthalte, Forschungsergebnisse oder TV-Auftritte zum Ansehen bei.
Da die staatlichen Einkommen limitiert sind, versuchen viele Ärzte Zusatzeinkünfte zu generieren. Seit zwei Jahren ist es möglich, an mehreren Stellen gleichzeitig tätig zu sein. Über die Mitwirkung an Privatkliniken, Beratungstätigkeit oder Vorträge kann das Einkommen verbessert werden. Renommierte Ärzte können zudem höhere Honorare verlangen, welche jedoch zwischen ihnen und der Klinik aufgeteilt werden.
“Allrounder” sind selten anzutreffen
Aufgrund der hohen Patientenzahl ist ein effizienter, routinierter Ablauf in den Kliniken notwendig. Selbst innerhalb ihrer Fachdisziplin spezialisieren sich Ärzte auf ein spezielles Gebiet. Häufig ist ein Mitarbeiter nur für eine Art der Untersuchung oder Behandlung zuständig. “Allrounder” sind eher selten anzutreffen
"Meine Einsätze in China dauern 3 bis 4 Wochen"
In unserem Interview erzählt Dr. Karl-Heinz Doms, Facharzt für Innere Medizin, über seine Einsätze in China, Vorteile und Herausforderungen bei der Zusammenarbeit mit den chinesischen Kollegen.
Wie kamen Sie nach China? Können Sie uns über Ihre bisherige Karrierelaufbahn erzählen?
Dr. Doms: Als ich in Deutschland meinen Ruhestand angetreten habe, wollte ich weiterhin ärztlich tätig bleiben und gleichzeitig aber auch internationale Erfahrung sammeln. Zuerst habe ich in Afrika in einem Krankenhaus gearbeitet. Vor vier Jahren bin ich auf die Stiftung Senior Experten Service (SES) gestoßen und kam so zum ersten Mal als Arzt nach China.
Wie lang dauern Ihre Einsätze in der Regel?
Dr. Doms: Ich bin meistens einmal im Jahr für drei bis vier Wochen in China tätig. Meistens halte ich Vorlesungen in Bereichen der Inneren Medizin und Geriatrie. Parallel arbeite ich in der Klinik und mache auch Visiten.
Wenn man sich für China entschieden hat, was wäre dann der erste Schritt?
Dr. Doms: Ich bin mit dem SES nach China gegangen. Die Stiftung übernimmt die ganze Organisation: man wird sehr intensiv betreut, vom Botschaftsgang bis hin zur Abholung am Flughafen.
Für Kollegen, die an einer Universität tätig sind, gibt es auch wissenschaftliche Austauschprogramme zwischen deutschen und chinesischen Universitäten. Viele sind sehr empfehlenswert. Die Universität Heidelberg hat beispielsweise einen Austausch mit der Universität Wuhan. Die chinesischen Wissenschaftler sind sehr fleißig und meistens gut ausgebildet: Gerade in der biochemischen Forschung oder in der Krebsforschung sind sie oft weiter als wir.
Wenn man nicht in der Forschung tätig ist, dann wäre vielleicht der SES oder eine Entwicklungsgesellschaft eine gute Alternative. Für Spezialgebiete werden immer neue Leute benötigt, vor allem in technischen Fachgebieten, da dort überwiegend deutsche Technik und deutsche Geräte im Einsatz sind.
Wie lang dauert der Bewerbungsprozess?
Dr. Doms: Bis die Planung abgeschlossen und die Arbeitserlaubnis da ist, ungefähr drei bis sechs Monate. Die Krankenhäuser in China müssen zuerst eine Stelle bei der Regierung beantragen und erst dann dürfen sie Ärzte einstellen. Man bekommt die Einladung auch nicht direkt vom Krankenhaus, sondern wird offiziell von der chinesischen Regierung eingeladen.
Welche Qualifikation sollten Ärzte mitbringen, bevor sie sich in China bewerben?
Dr. Doms: Man sollte hervorragend Englisch sprechen. Ein Sprachtest ist zwar keine Voraussetzung, weil die meisten Krankenhäuser grundsätzlich einen Dolmetscher zur Verfügung stellen, die fachliche Qualität dieser Übersetzungen variiert jedoch sehr stark. Es ist daher auf jeden Fall besser, wenn man selbst sehr gute Englischkenntnisse vorweisen kann.
Man sollte außerdem sehr kritisch sein, da chinesische Ärzte im Vergleich zu deutschen Kollegen sehr gut ausgebildet und auch sehr kritisch sind. Das heißt, wenn man eine Vorlesung oder Untersuchung zu oberflächlich oder unkonkret gestaltet, werden die chinesischen Kollegen sofort fragen, warum etwas nicht logisch oder konsequent dargestellt wird. Chinesische Ärzte sind meiner Meinung nach viel kritischer als deutsche Ärzte.
Welche Fachrichtungen sind in China besonders gefragt?
Dr. Doms: Es sind meistens technische Fachrichtungen gefragt: Radiologie, Strahlenheilkunde, physikalische Medizin und auch chirurgische Spezialgebiete wie Gefäß- oder Herzchirurgie.
Wie hoch sind die Arztgehälter in China?
Dr. Doms: Fachärzte verdienen etwa 600 bis 700 US-Dollar monatlich als Nettogehalt, was für chinesische Verhältnisse schon ziemlich viel ist.
Wie ist die Reaktion auf deutsche Ärzte? Wie wird man von Kollegen und Patienten aufgenommen?
Dr. Doms: Ausgesprochen gut. Die Patienten vertrauen ausländischen Ärzten mehr als den eigenen, was z. T. auch durch finanzielle Aspekte erklärt werden kann. In China kommt man nur dann ins Krankenhaus rein, wenn man den Arzt persönlich kennt oder ihm finanzielle Zuwendungen verspricht. Europäische Ärzte machen dies natürlich nicht mit, wodurch das Ansehen der ausländischen Kollegen relativ hoch ist. Sie sind für viele Chinesen ein Garant für eine faire und nicht kommerziell bedingte Medizin.
Anm. der Red.: Etwa 95% der Chinesen haben eine Krankenversicherung, die allerdings nur für die stationäre Behandlung und die Behandlung schwerer chronischer Erkrankungen aufkommt. Die Kosten für ambulante Behandlungen müssen Patienten selbst tragen.
Welche kulturellen oder religiösen Besonderheiten sollte man beachten?
Dr. Doms: Im Prinzip spielen ethische Problemen in der Klinik keine Rolle, aber man sollte nicht verkennen, dass viele chinesischen Kollegen sehr gläubig sind. Daher spielt die Religion schon eine große Rolle.
In China gibt es keine klassische europäische Fächerkombination, sondern sehr viel traditionelle chinesische Medizin, wie Akkupunktur und Naturheilkunde. Diese mit westlicher Medizin zu kombinieren, ist oft schwierig. Es ist aus westlicher Medizinersicht oft schwer nachvollziehbar, dass eine ganze Krankenhausabteilung mit 40 bis 50 Akkupunkteuren oder traditionellen Medizinern in chinesischen Kliniken tägliche Realität ist.
Ein Problem ist auch die Hierarchie in China, in die man sich einfügen müsste. Diese ist nicht nur medizinisch, sondern zum Teil auch politisch bedingt. Ein Chefarzt muss nicht unbedingt ein besserer Mediziner, sondern kann einfach ein bekanntes Parteimitglied sein.
Noch ein interessanter Aspekt: In China gibt es keine niedergelassenen, sondern nur in den Kliniken angestellte Ärzte. Für Behandlungen, die in Deutschland beim Hausarzt oder Facharzt stattfinden, muss man in China ins Krankenhaus gehen. Entsprechend sind die Kliniken sehr viel größer als bei uns.
Anm. der Red.: Die staatlichen Krankenhäuser in China sind in drei Hauptkategorien eingeteilt: Primäre Krankenhäuser (bis 100 Betten) sind auf die Grundversorgung der Patienten spezialisiert. Sekundäre Krankenhäuser auf Landkreisebene mit bis zu 500 Betten nehmen Patienten mit ernsten Erkrankungen auf und führen auch komplizierte operative Eingriffe durch. Tertiäre Krankenhäuser in Großstädten (ab 500 Betten) bieten den höchsten Behandlungsstandard und nehmen Patienten mit schweren Erkrankungen auf.
Was sind aus Ihrer Sicht die Vor- und Nachteile eines Chinaaufenthalts?
Dr. Doms: Die Vorteile sind, dass man eine sehr arbeitsintensive Zeit dort verbringt. Die Chinesen sind sehr fleißig und kennen keine Arbeitszeiten wie wir sie kennen. Und man lernt sehr viel, da man sehr viele Patienten sieht. Ein Nachteil ist, dass man nicht viel verdient. Aber nach einem China-Aufenthalt (in erster Linie in der Forschung) ist man international sehr gerne gesehen und anerkannt.
Was ist Ihr Rat an alle Kollegen, die sich für China entscheiden?
Dr. Doms: Es lohnt sich in jedem Fall, dort hinzugehen. Es ist eine ganz andere Welt und man muss sich dort mit ganz anderen Problemen, vor allem nicht-schulmedizinischen Problemen, herumschlagen. Außerdem lernt man eine andere Sicht kennen. Nicht der Arzt oder der Patient, sondern die Familie entscheidet, welche Therapie angewandt wird und wie es mit dem Patienten weitergeht. Das ist allerdings auch ein sehr problematischer Aspekt.
Anm. der Red.: Die Angehörigen des Patienten in China übernehmen zudem viele Leistungen, die hierzulande standartgemäß vom Pflegepersonal im Krankenhaus ausgeführt werden: Dabei handelt es sich beispielsweise um die Hilfe bei der Körperhygiene, Kleidungswechsel und Nahrungsaufnahme.
Lungenkrebs & Leberschäden öfter als in Europa
Bestimmte Krankheiten kommen in China häufiger vor als in Europa. Aufgrund der Schadstoffbelastung der Luft in Städten und des weitverbreiteten Rauchens ist Lungenkrebs die häufigste Form von Krebserkrankungen. Ein weiterer Grund für Tumoren sind Formaldehyd-Lösungen, mit denen Gemüse eingesprüht werden, damit es frischer erscheint. Auch Niereninsuffizienzen und Leberschäden treten häufiger auf, Ursachen sind u.a. der Konsum giftiger Kräuter (Xi Xin), der Verzehr von Fischen aus belasteten Gewässern und die übermäßige Anwendung von Insektiziden.
Besonders in Großstädten kommt es oft zu verkehrsbedingten Verletzungen, zudem funktioniert das Notrufsystem nicht ausreichend und die Rettungswägen sind nicht immer entsprechend ausgestattet. Auch Arbeitsunfälle sind aufgrund unzureichender Arbeitsschutzvorkehrungen häufig
Klinikorganisation: Unbürokratische Effizienz
Erfahrungsberichten zufolge ist der bürokratische Aufwand in chinesischen Kliniken geringer als in Deutschland, da viele Aufgaben (z.B. die Dokumentation der erbrachten Leistungen) von Krankenschwestern und Arzthelfern übernommen werden. In anderen Bereichen, wie der Anamnese und Diagnose, herrscht aufgrund der hohen Patientenzahlen eine straffe Organisation, die Wert auf Effizienz und Effektivität legt.
In der Ambulanz besuchen Patienten üblicherweise nacheinander mehrere Tische:
Zunächst nehmen meist junge Ärzte die Beschwerden und Symptome auf und tragen sie in ein Heft ein,
am nächsten Tisch werden die Einträge durch Fach- oder Oberärzte kontrolliert und die Indikationen zur Therapie gestellt. Auch Termine für weitere Untersuchungen oder Eingriffe werden hier vergeben,
am dritten Tisch wird wiederum von Nachwuchsärzten den Patienten das Vorgehen erklärt.
An einem Sprechstundenvormittag werden regelmäßig 50-80 Patienten beraten, wobei eine volle Ambulanz als Zeichen für eine gute Klinik angesehen wird. Der durchgetaktete Arbeitsalltag wird von vielen chinesischen Ärzten als fachlich und persönlich befriedigend empfunden. Allerdings fehlt die Zeit für vertiefende Gespräche, insbesondere bei psychischen Erkrankungen.
Da es keine niedergelassenen Ärzte gibt, kommen Patienten auch mit leichten Beschwerden in die Klinik-Ambulanzen. In vielen Fällen wird bei minder schweren Erkrankungen nur eine Blickdiagnose durchgeführt, nur in spezielleren Fällen erfolgt eine weiterführende Diagnostik. Bei Erkältungssymptomen werden schnell Antibiotika verordnet, was zu Problemen mit multiresistenten Erregern in vielen Kliniken führt.
China in Zahlen und Fakten
Politisches System: Die Volksrepublik China ist ein Einparteienstaat unter der Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Höchstes Staatsorgan ist der Staatspräsident, seit 2013 Xi Jinping.
Sprache: Allgemeine Amtssprache ist Hochchinesisch, je nach Region sind weitere Sprachen wie Kantonesisch, Zhuang, Uigurisch, Mongolisch und Koreanisch offiziell anerkannt. In Hongkong ist zudem Englisch Amtssprache.
Währung: Die Landeswährung ist der Renminbi. Laut aktuellem Wechselkurs (August 2018) entsprechen 7,92 RMB einem Euro.
Klima: Das Klima in China ist sehr vielfältig, da innerhalb des Landes 18 verschiedene Klimazonen bestehen. Im Nordosten herrscht kontinentales Klima, in anderen Regionen herrscht trockenes Wüstenklima, Monsunklima oder tropisches Klima.
Gesundheitssektor: 2017 gab es rund 28.000 Krankenhäuser, knapp 34.000 örtliche Gesundheitsstationen und über 195.000 Ambulanzen. Insgesamt waren über 11 Millionen Menschen im Gesundheitswesen beschäftigt.
Bevölkerung: Mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern ist China das bevölkerungsreichste Land der Welt. Der Großteil der Menschen lebt in den Metropolen im Osten des Landes. Es existieren 15 Megastädte, mit insgesamt 260 Millionen Einwohnern und mehr als 150 Städte, in denen über eine Million Menschen lebt.
Religion: Die fünf wichtigsten Religionen des Landes sind der Buddhismus, der Taoismus, der Islam, der Katholizismus und der Protestantismus. Es herrscht eine strenge Trennung von Religion und Staat.
Verkehrsmittel: In die Infrastruktur in China werden hohe Summen investiert, insbesondere in den Straßenbau, Eisenbahnlinien und neue Flughäfen. In den Ballungsräumen gibt es gut ausgebaute Verkehrswege. China ist das Land mit den meisten Verkehrstoten.
Flugverbindung von Deutschland: Es bestehen Direktverbindungen in die größten chinesischen Städte. Die Flugdauer von Frankfurt nach Peking beträgt etwas über 9 Stunden.
Kommunikation: Viele Internet- und Messenger-Anwendungen funktionieren in China nicht. Es sind u.a. alle Google Dienste, Skype, YouTube, WhatsApp, Facebook-Messenger und Dropbox.
Forschung: Exzellente Bedingungen, Skepsis bei Ergebnissen
Insbesondere an Universitätskliniken wird Forschungstätigkeit von Ärzten vorausgesetzt und die Ausstattung mit Laboren und Geräten ist meist hervorragend, ebenso die Unterstützung durch Fachpersonal. Publikationen und das Einwerben von Forschungsgeldern sind wichtige Faktoren bei der Leistungsmessung und der Besetzung höherer Positionen.
Aufgrund der hohen Fallzahlen können Studien in größeren Dimensionen durchgeführt werden. Zudem besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit auch seltenen Erkrankungen zu begegnen. Insbesondere in ländlichen Regionen kommen Patienten oftmals erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien in die Klinik. Diese Krankheitsgrade können in Europa kaum untersucht werden.
Doch nicht immer werden die Standards guter wissenschaftlicher Praxis eingehalten und die Forschungsergebnisse chinesischer Wissenschaftler sind nicht reproduzierbar oder Publikationen müssen zurückgerufen werden. Es muss sich dabei nicht um absichtliche Manipulation handeln, häufig sind entsprechende Qualitätskriterien nicht etabliert oder werden an Universitäten nicht vermittelt.
Das Buch schildert die systembedingten und kulturellen Hintergründe des Umgangs mit Gesundheit und Krankheit in China. Das Buch zeigt Medizinern, wie der chinesische Gesundheitsmarkt „tickt“, worauf sie sich einstellen müssen und was chinesische Kollegen anders machen.
Erfahrungsberichte und Praxistipps machen das Buch zu einem wertvollen Ratgeber für alle, die mit chinesischen Gesundheitspartnern oder Kunden verhandeln bzw. mit Patienten kommunizieren.
Als Arzt nach Dubai: Nicht alles Gold, was glänzt?
10. August 2018 ·
Lukrative Gehälter, attraktives Steuersystem und die neueste Medizintechnik – Dubai ist nach wie vor ein beliebtes Auswandererziel für deutsche Ärzte, die sich im Ausland beruflich verwirklichen wollen. Doch in den letzten Jahren haben immer wieder spektakuläre Prozesse gegen Ärzte für Aufsehen gesorgt. Auch kulturelle und religiöse Besonderheiten der Vereinigten Arabischen Emirate lassen viele Kollegen an einem beruflichen Aufenthalt in Dubai zweifeln. Was ist an diesen Mythen dran?
"Deutsche Ärzte werden sehr geschätzt, weil sie eine exzellente Qualifikation haben"
Dr. Thomas Seidler ist Facharzt für Allgemeine Zahnheilkunde und ist seit acht Jahren als Zahnarzt im Mittleren Osten tätig, nachdem er zwanzig Jahre lang seine eigene Praxis in Deutschland betrieben hat.
Was waren Ihre Beweggründe, aus Deutschland wegzuziehen?
Dr. Seidler: Eindeutig die deutsche Fiskalpolitik. Ich war zwanzig Jahre lang als niedergelassener Zahnarzt mit der eigenen Praxis tätig. Aufgrund der deutschen Steuerpolitik hatte ich schon länger einen Weg gesucht, eventuell im Ausland zu arbeiten. Ich habe mich zunächst über England informiert. Leider fand ich die medizinischen Einrichtungen in der Zahnheilkunde qualitativ nicht zufriedenstellend. Danach habe ich die Schweiz besucht, die grundsätzlich für viele deutsche Ärzte eine gute Option darstellt. Ich fand jedoch, dass das Einkommen und die Lebenshaltungskosten in einem sehr fraglichen Verhältnis waren. Schließlich habe ich die Empfehlung bekommen, in den Mittleren Osten zu gehen. Mein erstes Land hier war Saudi-Arabien, ein Jahr später bin ich dann nach Dubai gekommen.
Sie betreiben auch die Internet-Plattform www.doctors4dubai.com. Worum genau handelt es sich dabei?
Dr. Seidler: Das ist im Prinzip ein Tool, das dazu dient, Ärzte weltweit zu suchen und sie auf Dubai aufmerksam zu machen. Mit diesem Service möchten wir zeigen, welche Möglichkeiten Dubai heute gerade im medizinischen Bereich bietet.
Kann man von einem akuten Ärztemangel in Dubai sprechen?
Dr. Seidler: Einerseits gibt es in Dubai Tausende von Ärzten. Viele davon kommen aus dem Ausland. Andererseits ist die Qualität der Ausbildung im medizinischen Bereich von Land zu Land sehr unterschiedlich. Die Krankenhäuser in Dubai sind stets bestrebt, die besten Ärzte für sich zu gewinnen. Dabei werden Kollegen aus Westeuropa und vor allem auch aus Deutschland sehr geschätzt, weil sie in der Regel eine exzellente Qualifikation vorweisen können.
Auch die Bevölkerungszahl in Dubai wächst stetig. Und somit natürlich auch der Bedarf an Ärztinnen und Ärzten. Aktuell werden beispielsweise drei neue große Krankenhäuser gebaut, die in den nächsten zwei bis drei Jahren eröffnen werden.
“Noch ein wichtiger Aspekt beim Thema Ärztebedarf in dieser Region: Es existiert ein sehr hoher Bedarf an weiblichen Ärztinnen.”
Gibt es Fachrichtungen, die besonders gefragt sind?
Dr. Seidler: Es werden Ärzte aller Fachrichtungen gesucht. Besonders akut werden vor allem Kinderärzte, Hautärzte, Neurochirurgen und Unfallchirurgen gebraucht. Ich kann allerdings keine Fachgebiete nennen, die maßlos überlaufen wären. Ein guter Facharzt findet in seinem Gebiet in Dubai immer eine Stelle. Dabei ist in erster Linie die Qualität der Ausbildung entscheidend.
Noch ein wichtiger Aspekt beim Thema Ärztebedarf in dieser Region: Es existiert ein sehr hoher Bedarf an weiblichen Ärztinnen. Oft werden sie bevorzugt eingestellt. Der Grund dafür ist die hohe Anzahl an arabischen Patientinnen, die ausschließlich von Ärztinnen behandelt werden möchten.
Im Bereich der Gynäkologie und Frauenheilkunde werden in Dubai nur Frauen angestellt. Stimmt das?
Dr. Seidler: Nein, es gibt auch viele Männer. Diejenigen, die ambulant arbeiten, haben meist europäische Frauen als Patientinnen. Viele männlichen Gynäkologen arbeiten in Dubai auch rein chirurgisch, beispielsweise im Bereich der Tumorchirurgie.
Stichwort Ausbildung bzw. Qualifikation: Was sind die wichtigsten Kriterien für eine erfolgreiche Bewerbung?
Dr. Seidler: Die Facharztausbildung sollte auf jeden Fall abgeschlossen sein. Das ist die Grundvoraussetzung. Nach der deutschen Facharztprüfung können Ärzte ohne weitere Berufserfahrung eine Lizenz in Dubai bekommen. Wichtig sind außerdem solide Englischkenntnisse. Muttersprachniveau ist nicht gefordert, es sollte jedoch ein gutes Fachenglisch vorhanden sein. Arabisch hingegen ist keine Voraussetzung, weil die Amtssprache für alle nicht arabischen Bürger Englisch ist.
Ist ein Sprachtest notwendig?
Dr. Seidler: Ein Sprachtest kann ein Bestandteil der Anforderung beim Lizenzverfahren sein. Dies ist allerdings von dem Lebenslauf des jeweiligen Arztes abhängig. Die Sprachprüfung kann in Deutschland gemacht werden. Dabei ist der Level 6 im IELTS-Test oder das vergleichbare Niveau im TOEFL-Test ausreichend.
Vor der Aufnahme einer ärztlichen Tätigkeit in Dubai muss eine Lizenz beantragt werden. Ist diese mit der Approbation in Deutschland vergleichbar?
Dr. Seidler: Die Lizenz, über die wir die ganze Zeit sprechen, ist tatsächlich mit der Approbation in Deutschland vergleichbar. Dies ist die Grundvoraussetzung, um in Dubai ärztlich arbeiten zu dürfen.
Wie läuft das Lizenzverfahren genau ab?
Dr. Seidler: Grundsätzlich können Ärzte die Lizenz selbst beantragen. Über unsere Plattform können sich Kollegen jedoch auch bei uns melden. Wir beantworten alle möglichen Fragen und geben Auskünfte.
Anm. der Red.: Die für das Lizenzverfahren zuständige Behörde in Dubai ist die Dubai Health Authority (DHA) – alle Kontaktdaten finden Sie in unserer Infobox am Ende des Beitrags. Der Online-Service ist in englischer Sprache verfügbar. Der Lizenzprozess dauert in der Regel etwa 6 Monate.
Wie ist die Bezahlung, wie hoch sind die Gehälter im Schnitt?
Dr. Seidler: Die Gehälter in Dubai befinden sich generell auf einem sehr hohen Niveau im Vergleich zu Deutschland, sind jedoch von der Fachrichtung und der Berufserfahrung abhängig . Als Beispiel: Ein Facharzt mit einigen Jahren Berufserfahrung verdient zwischen 20.000 und 25.000 Euro im Monat. Und da es in Dubai keine direkten steuerlichen Abzüge vom Gehalt gibt, ist es prinzipiell ein Netto-Gehalt.
Als in der Klinik angestellter Arzt bekommt man außerdem vom Krankenhaus für sich selbst und für alle mitreisenden Familienangehörigen eine kostenlose Krankenversicherung. Zudem übernimmt der Arbeitgeber auch die Berufshaftpflichtversicherung.
Anm. der Red.: Tatsächlich gab es in den VAE und in Dubai bis 2018 keine Steuern. Seit dem 1. Januar 2018 gibt es eine Mehrwertsteuer in Höhe von 5% auf alle Produkte und Dienstleistungen (ausgenommen sind medizinische Dienstleistungen). Es gibt jedoch nach wie vor keine Besteuerung von Einkommen und Löhnen. Es sollten jedoch die oft hohen Abgaben in Form von Service Fees und permanente Gebühren für Arbeitserlaubnis, Visum, ID-Karte, etc. berücksichtigt werden.
Lebenshaltungskosten: Ist das Preisniveau grundsätzlich mit dem in Deutschland vergleichbar?
Dr. Seidler: Am teuersten in Dubai ist das Thema Wohnen. Eine Wohnung mit 100 bis 120 Quadratmetern liegt bei ungefähr 1.800 Euro Kaltmiete. Es gibt natürlich auch günstigere Optionen, aber auch wesentlich teurere. Dubai bietet auch eine große Zahl an sogenannten „Hotel-Apartments“. Sie beinhalten in der Regel ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer, ein Küche und ein Bad – alles voll ausgestattet und möbliert. Das wäre auf jeden Fall meine Empfehlung für die erste Zeit.
In arabischen Ländern ist eine 6-Tage-Woche oft die Realität. Wie ist die Regelarbeitszeit für Ärzte?
Dr. Seidler: Es gilt eine 5-Tage-Woche. Die Regelarbeitszeit ist jedoch immer individuell zu verhandeln. Die Krankenhäuser möchten gern, dass man sechs Tage pro Woche arbeitet, sie haben aber keinen Rechtsanspruch darauf. Bei der Unterzeichnung eines Arbeitsvertrags, ist es deshalb enorm wichtig, auf diesen Punkt zu achten.
Immer nur Festanstellung? Welche Arbeitsmodelle sind in Dubai außerdem noch möglich?
Dr. Seidler: Prinzipiell gibt es hier die gleichen Möglichkeiten wie auch in Deutschland.
Die sogenannten „Community Based Doctors“ (offizielle Bezeichnung nach „The Labour Law in The United Arab Emirates (UAE)“) sind mit den Honorarärzten in Deutschland vergleichbar. Sie arbeiten nicht auf der Grundlage eines gesetzlichen Arbeitsvertrages, sondern mit einem „Consultancy Agreement“. Sie können zusätzlich zu ihrer Anstellung im öffentlichen Sektor auch in privaten Krankenhäusern tätig sein.
„Visiting Doctors“ (bspw. 5 Tage im Monat) ist auch eins der weitverbreiteten Modelle. Mit diesem Modell kann man in Dubai anfangen, aber langfristig aus meiner Sicht eher keine Empfehlung. Ich kenne tatsächlich einige Kollegen, die im Rahmen der „Visiting-Tätigkeit“ angefangen haben, und dann in Dubai geblieben sind. Bei dieser Tätigkeit muss die Frage nach der Versteuerung des Einkommens auf jeden Fall abgeklärt werden, weil der Verdienst in Deutschland versteuert werden muss.
Und darüber hinaus gibt es natürlich auch die Möglichkeit, eine eigene Praxis zu gründen.
Dubai in Zahlen und Fakten
Dubai ist mit über 3.000.000 Einwohnern die größte Stadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und die Hauptstadt des Emirats Dubai. Die Stadt Dubai wird zur Abgrenzung vom Emirat Dubai auch als „Dubai-Stadt“ oder „Dubai-City“ bezeichnet.
Politisches System: Das Emirat Dubai ist eine absolutistische Monarchie. Dubai ist in die Föderation von sieben teilautonomen Emiraten eingebunden.
Sprache: Die offizielle Sprache der Stadt Dubai ist Arabisch. Doch auch Englisch ist im Alltag weit verbreitet.
Währung: Die Landeswährung ist der Dirham. Aktueller Wechselkurs: 0,23 VAE-Dirham zu einem Euro.
Klima: Dubai hat ein ausgeprägtes Wüstenklima: Über das ganze Jahr sehr trocken und heiß. Von Mai bis September liegt die Tagesdurchschnittstemperatur bei über 30 °C. Im Winter liegen die Tiefstwerte bei 15 °C. Tagsüber werden auch im Januar 24 °C erreicht.
Gesundheitssektor: Das Emirat Dubai hat 32 Kliniken (davon 26 im privaten Sektor) mit insgesamt ca. 4.172 Betten. 2016 waren insgesamt über 7.000 Ärzte und ca. 2.000 Zahnärzte im Gesundheitssektor von Dubai beschäftigt. (Quelle: Ministry of Health – Dubai Health Authority).
Bevölkerung: Etwa 85 % der Einwohner des Emirats Dubai sind Ausländer. Die meisten kommen aus dem südlichen Asien und den Philippinen. Aktuell leben etwa 8.000 Deutsche Staatsbürger in Dubai.
Religion: Der Islam ist die Staatsreligion von Dubai. Allerdings hat Dubai im Gegensatz zu Saudi-Arabien kein Religionsverbot. Es gibt auch katholische, evangelische und russisch-orthodoxe Kirchen sowie ein Hindu-Tempel.
Verkehrsmittel in Dubai: Dubai hat eine sehr gut funktionierende Metro. Auch Taxis liegen preislich weit unter dem deutschen Niveau. Der deutsche Führerschein wird in Dubai anerkannt.
Direktflüge von Deutschland: Von Deutschland liegt Dubai etwa 4500 Kilometer entfernt. Mehrere Fluggesellschaften bieten Direktflüge an. Dabei beträgt die Flugdauer ca. 6,5 Stunden.
Welche kulturellen und religiösen Besonderheiten sollte man in Dubai beachten?
Dr. Seidler: Mit Sicherheit ist der Islam in Dubai ein wichtiges Thema. Als Ausländer sollte man mit dieser Religion respektvoll umgehen. Anders als in Saudi-Arabien, gibt es in Dubai jedoch kein Religionsverbot und keine Religionspolizei. Hier gibt es beispielsweise auch christliche Kirchen und sogar einen Hindu-Tempel. In Kliniken gibt es getrennte Wartebereiche für Frauen und für Männer, sowie für Familien. Es gibt natürlich auch arabische Frauen, die nur von einer Ärztin behandelt werden möchten.
Anm. der Red.: Strafprozesse gegen Ärzte in Dubai sind immer wieder ein heißes Medienthema in Deutschland. In der Vergangenheit wurden tatsächlich einige spektakuläre Strafprozesse gegen ausländische Ärzte bekannt. Allerdings weisen die Statistiken immer noch geringere Verurteilungsraten als in Europa und vor allem auch in den USA aus. Diese Meinung vertritt auch Prof. Dr. Rolf Hartung, Facharzt für Chirurgie, in seinem ausführlichen Bericht über Dubai.
Wie ist die Reaktion auf deutsche Ärzte in Dubai?
Dr. Seidler: Deutsche Ärzte sind in Dubai bei Patienten sehr beliebt. Dies hängt auch damit zusammen, dass sie in der Regel eine gute Qualifikation aufweisen. Auch mit meinen Kollegen hatte ich persönlich noch nie Probleme. Ich habe jedoch auch von anderen Fällen gehört – ich glaube, bei diesem Punkt kann man keine pauschalen Aussagen treffen.
Für wen kommt KEINE Vermittlung in Frage?
Jemand, der kein Englisch kann
Jemand, der keine abgeschlossene Facharztausbildung hat
Ihr Rat an alle Kollegen, die sich für Dubai entscheiden wollen?
Dr. Seidler: Informieren Sie sich ausführlich im Vorfeld. Schauen Sie sich das Land am besten selbst an. Und bauen Sie Vorurteile ab.
Gesundheitswesen in Dubai
In den Vereinigten Arabischen Emiraten ist die Anzahl der Ärzte je 1000 Einwohner: 2,25 (In Deutschland: 3,73) und die Lebenserwartung: 73 Jahre bei Männern (in Deutschland: 76 Jahre) mit westlichen Industrienationen durchaus vergleichbar. Da in der Stadt Dubai viele Ärzte aus der ganzen Welt tätig sind, wird in Krankenhäusern und medizinischen Ausbildungsinstitutionen meistens Englisch gesprochen.
Die meisten Gesundheitsinstitutionen in Dubai unterliegen der Dubai Health Authority. Manche werden von dem Ministry of Health, welches in Abu Dhabi angesiedelt ist, verwaltet. Eine unabhängige Verwaltung hat die Freihandelszone Dubai Healthcare City (DHCC) – ein Stadtteil in der Stadt Dubai, der sich gänzlich auf die medizinische Betreuung, Forschung und Ausbildung spezialisiert hat. Die Emirates Medical Association (EMA) ist die Schirmherrin aller Fachdisziplinen, hat jedoch weit weniger Befugnisse als die Bundesärztekammer (BÄK) in Deutschland.
Das Emirat Dubai verfügt über sechs Krankenhäuser im öffentlichen Sektor (davon vier in der Stadt Dubai) und 26 Kliniken in privater Trägerschaft. Alle öffentlichen und die meisten privaten Krankenhäuser in Dubai sind durch die Joint Commission International (JCI) aus den USA zertifiziert. Finden Sie hier eine Übersicht mit den wichtigsten Daten rund um die vier öffentlichen Krankenhäuser in der Dubai-City:
Rashid Hospital: Das Rashid Hospital ist vor allem durch sein hochmodernes Notfall- und Traumazentrum bekannt und bietet ein regionales Kompetenzzentrum für Notfall- und Traumaversorgung in Dubai. Es ist mit über 700 Betten (Stand: 2016) eines der größten und am stärksten frequentierten Krankenhäuser in der Region.
Dubai Hospital: Das Dubai Hospital mit knapp 700 Betten (Stand: 2016) ist durch internistische und allgemeinchirurgische Behandlungsschwerpunkte charakterisiert. Das Krankenhaus umfasst rund 26 medizinische und chirurgische Abteilungen mit zahlreichen spezialisierten Zentren, u.a. Kardiologie, Onkologie und Nierenerkrankungen.
Latifa Hospital: Das Latifa Hospital ist mit knapp 500 Betten (Stand: 2016) eines der größten Geburts- und Kinderkrankenhäuser in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Latifa Hospital ist auf Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie neonatale Medizin, pädiatrische und neonatale Chirurgie spezialisiert. Zudem stellen genetische und metabolische Erkrankungen einen der Behandlungsschwerpunkte dar.
Hatta Hospital: Das Hatta Hospital ist ein multidisziplinäres Krankenhaus mit ca. 120 Betten (Stand: 2016). Das moderne zweistöckige Gesundheitszentrum mit einer Fläche von 10.430 Quadratmetern befindet sich in der Stadt Hatta ca. 100 Kilometer südöstlich der Stadt Dubai.
Als Arzt nach Österreich: Längst keine Gehaltslücke mehr
10. August 2018 ·
Österreich ist für viele ein beliebtes Urlaubsziel – doch für einen beruflichen Wechsel war das Land unter anderem auch aufgrund der niedrigeren Gehälter für deutsche Ärzte bisher nicht besonders attraktiv.
Doch die Zeiten ändern sich: österreichische Behörden sprechen von einem eklatanten strukturellen Mangel im Gesundheitsbereich und locken mit attraktiven Arbeitsbedingungen, die in Kombination mit einem breiten Freizeitangebot und überschaubaren bürokratischen Aufwand für viele Ärzte eine lohnenswerte Option darstellen.
"Die österreichische Ärztekammer spricht von einem eklatanten strukturellen Mangel"
Dr. Thomas Wendel ist Geschäftsführer der Personalberatung tw.con. Das Unternehmen vermittelt Ärzte aus dem europäischen Ausland nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz.
Seit Monaten berichten Medien von einem eklatanten Ärztemangel in der Schweiz. Wie sieht die Situation in Österreich aus?
Dr. Wendel: Die österreichische Ärztekammer spricht selber von einem eklatanten strukturellen Mangel. Die Gründe sind meiner Meinung nach ähnlich wie in Deutschland: Einmal der demographische Wandel; zudem gab es in Österreich (wie in Deutschland vor 10 Jahren auch) ein EU-Urteil zur Einordnung von Nachtdiensten, indem diese fast wie normale Arbeitszeit behandelt werden müssen. Dies hat in beiden Ländern zu einer Bedarfsexplosion besonders an Assistenzärzten geführt.
Gibt es regionale Unterschiede?
Dr. Wendel: Da die Haupteinwanderergruppen weiterhin die Ost- und Mitteleuropäer sind, gibt es dementsprechend auch ein West-Ost-Gefälle. So haben Gegenden wie Wien oder das Burgenland weniger Probleme als beispielsweise Orte an der deutschen Grenze. Vorarlberg und Tirol stehen auch noch in Konkurrenz zu den hohen Gehältern in der Schweiz und sind daher für viele Ärzte weniger attraktiv. Neben dem West-Ost-Gefälle sollte natürlich auch das Stadt-Land-Gefälle berücksichtigt werden: Der Bedarf an ausländischen Ärzten in Großstädten ist naturgemäß wesentlich geringer als in den ländlichen Gegenden.
Welche Fachrichtungen sind in Österreich besonders gefragt?
Dr. Wendel: Ich würde sagen, die Situation ist mit der in Deutschland vergleichbar. Besonders gefragte Fachrichtungen sind zum Beispiel Anästhesie und Innere Medizin. Hier herrschen die größten Mängel. Zum Teil auch Hausärzte, wenn auch nicht so eklatant wie in Deutschland. Überlaufen hingegen sind chirurgische Fächer, also Chirurgie oder Urologie. Da kann man fast von einem Überangebot an Kandidaten sprechen.
“Einen Anerkennungsprozess bzw. eine Beantragung der Approbation gibt es in Österreich nicht.”
Welche Voraussetzungen sollten Ärzte mitbringen, bevor sie sich in Österreich bewerben?
Dr. Wendel: Auch hier sind ähnliche Kriterien wie in Deutschland wichtig: Berufserfahrung und Qualifikation haben eine entscheidende Auswirkung auf das Gehalt. Aber gesucht werden alle – vom Berufsanfänger über Absolventen bis hin zum hoch qualifizierten Spezialisten. Da viele ausländischen Ärzte Ost- und Mitteleuropäer sind, ist auch die deutsche Sprache eine zentrale Voraussetzung.
Noch ein wichtiger Punkt für die Absolventen des Medizinstudiums aus Deutschland: in Österreich muss man erstmal eine 9-monatige Basisausbildung machen. Erst dann kann man die eigentliche Assistenzarztausbildung antreten.
Anm. der Red.:Laut den uns vorliegenden Informationen der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) müssen alle Personen, die erstmals nach dem 31. Mai 2015 eine Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder Facharzt nach der ÄAO 2015 in Österreich beginnen, eine Basisausbildung absolvieren. Diese dauert mindestens 9 Monate und dient dem Erwerb der klinischen Basiskompetenz in chirurgischen und konservativen Fächern in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner und zum Facharzt aller Sonderfächer, ausgenommen dem Fach Anatomie. Die Basisausbildung kann in allen allgemeinen Krankenanstalten nach § 2a KAKuG und von der ÖÄK anerkannten Sonderkrankenanstalten (§ 6a Abs 3 ÄrzteG) absolviert werden. Dabei sollte sie an mehreren Abteilungen erfolgen. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der entsprechenden Webseite der ÖÄK.
Was ist der erste Schritt für diejenigen, die sich für eine ärztliche Tätigkeit in Österreich bereits entschieden haben?
Dr. Wendel: Für deutsche Ärzte ist es sehr einfach: Einen Anerkennungsprozess bzw. eine Beantragung der Approbation ist in Österreich nicht notwendig. Zuerst muss man sich bei der lokalen Ärztekammer in die Ärzteliste eintragen, indem man das Diplom zusammen mit einigen weiteren Dokumenten einreicht. Dort werden dann alle Unterlagen nach der Richtlinie 36/2005, die die automatische Anerkennung von Abschlüssen in der EU regelt, geprüft.
Ärzte, die ihr Medizinstudium außerhalb des deutschsprachigen Raums absolviert haben, müssten dann noch einen Fach-Sprachtest ablegen, der zentral in Wien stattfindet und aktuell ca. 800-900 Euro kostet.
Der Anerkennungsprozess ist ja das eine, das andere ist die Frage nach einer passenden Stelle in Kliniken oder Praxen. Wie sollte man bei der Suche am besten vorgehen?
Dr. Wendel: Es gibt entweder spezialisierte Webseiten, die Krankenhausseiten selbst oder man nimmt sich eine Personalvermittlung, die die Stellensuche übernimmt.
Anm. der Red.:Eine gute Übersicht der aktuellen Stellen im Klinik- und niedergelassenen Bereich sowie Ausbildungsstellen bietet z. B. das Karriereportal www.arztjobs.at – eine Kooperation zwischen der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und der Österreichischen Ärztezeitung. Hier finden Sie eine Liste der Stellenplattformen der Ärztekammern.
Könnte man sich auch an Sie wenden, um solche Stellen anzufragen? Haben Sie eine entsprechende Datenbank?
Dr. Wendel: Ja, definitiv. Wir sind gerade dabei, unser Netzwerk an potenziellen Kunden in Österreich zu vergrößern. Im medizinischen Bereich werden die Stellen oft angeboten, bevor sie überhaupt ausgeschrieben werden. Dies ist natürlich ein großer Vorteil bei den meisten Personalvermittlungen. Für Chirurgen und Urologen ist zwar im Moment keine Marktnachfrage da, aber auch in diesen Bereichen kann es mal einen Glückstreffer geben.
Wie hoch sind die Arztgehälter und die Lebenshaltungskosten im Vergleich zu Deutschland?
Dr. Wendel: Hier kann man nur relative Angaben machen. Die Gehälter sind stark angestiegen, das haben die österreichischen Gewerkschaften gut verhandelt. Österreich war ehemals finanziell sehr unattraktiv, was bis vor ein bis zwei Jahren das Haupthindernis für viele deutsche Ärzte war.
Inzwischen gibt es noch regionale Unterschiede, aber die Bruttogehälter sind aktuell etwas höher als in Deutschland, auch wenn man in Österreich nur Jahresgehälter vergleichen kann, da es 14 Monatsgehälter gibt, wovon zwei steuerlich begünstigt sind. Man muss daher erst einmal die Jahresgehälter (brutto) vergleichen und dann schauen, wie viel Netto davon übrigbleibt, was ja auch stark vom Steuersystem und den Absetzmöglichkeiten abhängt. Wir sagen, als Single ist das Nettogehalt in Österreich leicht höher als in Deutschland, als verheiratetes Paar, bei dem ein Partner nicht voll arbeitet, ist das Nettogehalt etwas niedriger. In Österreich gibt es im Gegensatz zu Deutschland keine Unterschiede bei der Besteuerung von Singles und Ehepaaren, bei denen ein Partner wesentlich mehr verdient als der andere.
Anm. der Red.:Laut einer Auswertung von KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Deutschem Krankenhausinstitut (DKI) beträgt das Durchschnittsgehalt als Einsteiger 45.000 bis 55.000 Euro. Das Durchschnittsgehalt in leitender Position wird von 66.000 bis 135.000 Euro angegeben.
“Kein deutscher Arzt wandert wegen des Geldes nach Österreich aus, sondern eher wegen der weichen Aspekten”
Die Lebenshaltungskosten in Österreich sind außerhalb Wiens rund 20 Prozent höher als in Deutschland, d.h. es ist gehaltlich kein großer Vorteil, nach Österreich zu gehen. Aber es ist eine erhebliche Verbesserung im Vergleich zu der früheren Situation, als eine Auswanderung noch ein finanzieller Abstieg war.
Man sollte sich vor allem über die weichen Aspekte Gedanken machen: Ich würde sagen, kein deutscher Arzt wandert wegen des Geldes nach Österreich aus, sondern eher wegen der weichen Aspekte: Wie ist die Art der Arbeit? Habe ich weniger Stress? Erhalte ich mehr Anerkennung? Dies hängt natürlich auch sehr stark von den individuellen Krankenhäusern ab. Auch das Thema Kinderbetreuung könnte relevant sein.
tw.con. ist eine in Bergisch Gladbach ansässige Personalberatung. Seit dem Jahr 2002 berät tw.con. deutschsprachige Unternehmen bei der Internationalisierung und der internationalen Personalbeschaffung. tw.con. vermittelt hochqualifizierte Mitarbeiter aus den Bereichen Gesundheitswesen, IT und Engineering aus dem europäischen Ausland nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz.
Österreich in Zahlen und Fakten
Politisches System: Die Republik Österreich besteht aus neun Bundesländern. Staatsoberhaupt ist der Bundespräsident, seit 2017 Alexander Van der Bellen. Regierungschef der Bundeskanzler, seit 2017 Sebastian Kurz.
Sprache: Amtssprache ist Deutsch, allerdings unterscheidet sich das österreichische Deutsch in Wortschatz und grammatikalischen Besonderheiten vom Hochdeutschen.
Währung: Die Landeswährung ist der Euro.
Klima: Österreich liegt in der feucht-kühlgemäßigten Zone. Zudem ist es stark von der alpinen Topografie geprägt.
Gesundheitssektor: Es besteht ein solidarisches Krankenversicherungssystem. Es besteht derzeit eine Überversorgung im Klinikbereich. Im europäischen Vergleich hat Österreich hat die höchste Anzahl an stationären Aufenthalten pro 100 Einwohner.
Bevölkerung: Derzeit leben über 8,4 Millionen Menschen in Österreich. Etwa jeder Fünfte hat einen Migrationshintergrund. Die größte Gruppe an Ausländern stammt aus Deutschland.
Religion: Mit Abstand größte Religionsgemeinschaft ist die römisch-katholische Kirche (58,8%). Es folgen der Islam (4,3%) und evangelische Kirchen (3,4%).
Verkehrsmittel: Österreich ist ein Transitland und aufgrund der geografischen Lage bestehen viele Tunnel- und Brückenbauten. Auf Autobahnen und Schnellstraßen sind Mautvignetten erforderlich.
Flugverbindung von Deutschland: Wichtigster Flughafen ist Wien-Schwechat, daneben gibt es Flughäfen in fünf weiteren Städten.
Wichtige Links und Ansprechpartner
Informationen zur Arbeit als Arzt in Österreich können Sie unter diesen Links finden:
Deutscher Arzt in Schweden: Erfahrungen im hohen Norden
10. August 2018 ·
Der deutsche Arzt Frank Moryäner ist vor elf Jahren mit seiner Partnerin nach Schweden ausgewandert. An eine Rückkehr denkt er nicht. Hier erzählt er über das Leben im hohen Norden und schildert seine Erfahrungen als angestellter Arzt in einem Gesundheitszentrum in Südlappland.
Herr Dr. Moryäner, weshalb haben Sie Deutschland verlassen?
Dr. Moryäner: Meine Partnerin und ich sind beide Ärzte. Anfangs haben wir beide in der Inneren Medizin an einem Krankenhaus in Norddeutschland gearbeitet. Aber als Paar ist es nicht ganz optimal, da man vergleichsweise viele Dienste hat und die Freizeitplanung schwierig ist. Von Schweden erwarteten wir uns weniger Dienste, aber auch weniger Hierarchien. Zudem fanden wir den Gedanken, sich selber niederzulassen aufgrund des finanziellen Risikos als abschreckend. Eben sowenig wollten wir nicht so viel mit der Führung und Verwaltung einer eigenen Praxis zu tun haben.
Ihre Wahl fiel dann auf Schweden, wieso?
Dr. Moryäner: Meine Freundin und ich waren vorher bereits Schwedenfans und hatten viel Gutes über die Arbeitsbedingungen in Schweden gehört. Im November 2006 besuchten wir in Hamburg eine Veranstaltung der Ärztekammer, auf der verschiedene Repräsentanten einzelner Krankenhäuser aus Schweden waren und Ärzte als Verstärkung für den in Schweden herrschenden Ärztemangel suchten. Die Vertreter aus Västerbotten suchten unter anderem Allgemeinärzte für ihre medizinische Versorgungszentren, sogenannte Sjukstuga. Dabei wurden wir prompt nach Lappland eingeladen, damit wir uns vor Ort informieren konnten. Wir nutzten die Gelegenheit und verbrachten eine Woche in Nordschweden, um verschiedene Gesundheitszentren und Krankenhäuser zu besichtigen.
Sjukstuga:: In Schweden unterhalten Provinziallandtage im Norden des Landes Allgemeinmedizinische Praxen mit erweiterter Ausstattung wie z.B. Röntgen, Labor und Rettungswagen, sowie eigener Bettenstation unter allgemeinmedizinischer Führung.
Wurden Ihre Erwartungen erfüllt?
Dr. Moryäner: Ja, größtenteils. Wir arbeiten jetzt an einem medizinischen Versorgungszentrum in Åsele, Südlappland. Neben meiner Freundin und mir arbeiten hier noch zwei Kollegen in Teilzeit (je ca 20%). Darüberhinaus haben wir manchmal noch Ärzte in der Ausbildung. Das heißt, wir beiden sind feste Ärzte und können unseren Arbeitsalltag auch entsprechend beeinflussen. Dienste am Wochenende oder nachts sind selten, etwa 10-15 mal im Jahr und werden großzügig in Freizeit ausgeglichen.
Wir nehmen unseren Urlaub in der Regel gleichzeitig und in der Zeit stellt die Geschäftsführerin einen Honorararzt an. Wir leben jetzt ein schönes Leben als Arzt in einem sehr dünn besiedelten Gebiet, haben eine geregelte Arbeitszeit von 8-17 Uhr. Außerdem werden die Dienste großzügig vergütet und eine Hierarchie gibt es hier im Prinzip nicht.
Wo mussten Sie zurückstecken?
Dr. Moryäner: Das Leben auf dem Lande gefällt uns sehr gut, allerdings kann man nicht erwarten, dass man mit Kollegen mal abends auf die Schnelle in den Pub gehen kann. Unsere Arztkollegen sind entweder 50, 70 oder noch mehr Kilometer entfernt in den Nachbarorten Dorotea, Vilhelmina und Lycksele, der soziale Kontakt mit ihnen ist ensprechend spärlicher. Man sieht ich aber dennoch regelmässig bei Kursen und Fortbildungen.
Gab es sprachliche Barrieren?
Dr. Moryäner: Nicht wirklich. Wir haben die ersten fünf Monate einen vom Arbeitgeber bezahlten Sprachkus besucht und dabei auch schon unser Gehalt bekommen. Erst mit dem Erreichen eines bestimmten Niveaus hat man uns auf die Patienten losgelassen. In Schweden wird mittlerweile ein Sprachniveau der Stufe C1 gefordet, um als Arzt arbeiten zu dürfen.
Wie haben Ihre schwedischen Kollegen und Patienten auf Sie reagiert?
Dr. Moryäner: Wir hatten von Anfang an den Eindruck, dass wir sehr willkommen waren. In Nordschweden ist es nicht ungewöhnlich, dass hier Ärzte aus dem Ausland arbeiten. Die Kultur ist auch sehr ähnlich, so dass es keine grösseren Probleme gab. Hier in Norschwedens Inland gibt es sehr viele vakante Allgemeinarztstellen, die häufig mit "Leihärzten" besetzt werden. Die Patienten haben uns entsprechend positiv aufgenommen und waren froh, dass der Ort endlich wieder "feste" Ärzte hatte.
Wie ist die Lebensqualität in Schweden?
Dr. Moryäner: Die Lebensqualität in Lappland würde ich als hoch beschreiben. Auch ist die Gesellschaft sehr familienfreundlich. Das Leben verläuft ohne grossen Stress in einem genügsamen Tempo. Hier gibt es eine atemberaubene Natur, in der sich viele Freizeitaktivitäten verwirklichen lassen. Wer möchte, kann wandern, Boot fahren, klettern, jagen, sammeln und vieles mehr.
Worin unterscheidet sich das schwedische Gesundheitssystem vom deutschen?
Dr. Moryäner: In internationalen Vergleichen ist das Outcome für schwedische Patienten ungefähr vergleichbar mit anderen europäischen Ländern. Allerdings scheint es hier erheblich längere Wartezeiten für geplante Eingriffe zu geben. Mein Eindruck ist, dass es in Südschweden ähnlich zu geht wie in Deutschland. Die Unterschiede werden jedoch grösser, je mehr man sich in Richtung Norden bewegt.
Um auch im dünnbesiedeltem Lappland eine adäquate Patientversorgung zu gewährleisten, hat man hier sogenannte ”Sjukstuga” gebaut. Neben mir und meinen ärztlichen Kollegen haben wir hier ein Team von fast 30 Mitarbeitern. Zum Team gehören Krankenschwestern, Pfleger, Rettungsdienstpersonal, Röntgenpersonal, Laborpersonal, Hebamme, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Gesprächstherapeuten, technisches und administratives Personal bis hin zum Geschäftsführer.
Da wir fast hundert Kilometer zum nächstem Krankenhaus haben, hantieren wir viele Akutfälle selbst. Deshalb ist die ärztliche Arbeit weit abwechslungsreicher als in dichter besiedelten Gegenden. Einfache Frakturen, die nicht operiert werden müssen können wir hier z.B. Röntgen, reponieren und gipsen, ohne dass der Patient ins Krankenhaus eingewiesen werden muss. Wir übernehmen auch einen Teil der Kindervorsorgeuntersuchungen. Ebenso kümmern wir uns um ”normale” allgemeinmedizinische Patienten und betreuen Patienten auf unserer Bettenabteilung. Hierzu zählen etwa Patienten mit Infektionen oder nach einer Operation zur Rehabilitation. Zudem versorgen wir auch Palliativpatienten, z.B. mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen.
“Man muss seine Patienten von der Geburt bis zum Tode begleiten. Von Kindervorsorgeuntersuchungen, akuten Eingriffen, Rehabilitation bis Palliation ist alles dabei.”
Wie unterscheidet sich der Klinikalltag vom dem in Deutschland?
Dr. Moryäner: Wie ich schon eingangs erwähnte, arbeite ich, wie in Schweden üblich als angestellter Arzt ohne ökonomische Verantwortung für den laufenden Betrieb und ohne Personalverantwortung, die liegt beim Geschäftsführer. So kann ich mich viel mehr auf die medizinische Arbeit konzentrieren.
Ein anderer Unterschied ist die Geographie. In Lappland haben wir sehr große Abstände, 50km zum Nachbarort, 90km zum nächstem Akutkrankenhaus. Man muss also immer mit Notfällen rechnen. Da andere Fachärzte am Krankenhaus in 90km Entfernung arbeiten, ist es unsere Aufgabe, den Patienten primär zu versorgen und gegebenenfalls für den Transport zu stabilisieren. Wir haben entsprechende Weiter- und Zusatzausbildungen durchlaufen. Da allerdings nur ca. 3000 Einwohner in der Gegend wohnen, ist das Auftreten von wirklich akut kranken Patienten aber doch relativ selten.
Nicht akut erkrankte Patienten erhalten in der Regel mindestens 30 Minuten Sprechzeit mit dem Arzt. Dafür treffen wir unsere Patienten aber auch nur 1-2 Mal im Jahr. Das hängt zum einen mit den großen Abständen zusammen, aber auch damit, dass wir hier spezialisierte Krankenschwestern haben, die einen Großteil an Patientkontakten übernehmen.
Viele Arzt-Patientenkontakte finden darüberhinaus auch über Telefon oder Video statt. Telemedizin spielt ohnehin eine große Rolle in Nordschweden. Wir sind komplett digital vernetzt mit dem nächstem Akutkrankenhaus in Lycksele, aber auch mit der Uniklinik in Umeå. Wir können digital auf die Patientenakten auch im Krankenhaus zugreifen. Durch die Digitalisierung und Vernetzung können sich aber auch Krankenhausärzte bei uns durchgeführte Untersuchungen in Realzeit anschauen.
So führen wir zum Beispiel digitale Teledermatoskopieuntersuchungen durch, die sich ein Hautarzt aus der Ferne anschauen kann. EKGs, die hier oder im Rettungswagen geschrieben werden, können bei Bedarf direkt vom Internisten im Krankenhaus begutachtet werden. Bei uns durchgeführte Röntgenuntersuchungen werden vom Radiologen in Lycksele befundet etc.
Ich selbst empfinde die Arbeitsbedingungen als sehr angenehm. Ich mag die Arbeit im Team und finde die große Variation der Arbeitsaufgaben sehr gut.
Schweden in Zahlen und Fakten
Politisches System: Schweden ist eine parlamentarisch-demokratische Monarchie. Staatsoberhaupt ist seit 1973 König Carl XVI. Gustaf. Regierungschef ist seit 2014 Ministerpräsident Stefan Löfven (Sozialdemokratische Arbeiterpartei Schwedens).
Sprache: Amtssprache ist Schwedisch, in manchen Regionen zudem Finnisch, Meänkieli und Samisch. Fast 80% der Bevölkerung sprechen Englisch als Fremdsprache.
Währung: Die Landeswährung ist die schwedische Krone (SEK). Der aktuelle Wechselkurs (August 2018) liegt für einen Euro bei 10,32 SEK.
Klima: Das Klima ist für die geographische Lage mild und wird durch den Atlantik und den Golfstrom geprägt. Es herrscht ein feuchtes Klima mit reichlich Niederschlag. Aufgrund der Lage am Polarkreisgibt es viel Tageslicht im Sommer und lange Nächte im Winter.
Gesundheitssektor: Zuständig für das Gesundheitswesen und die Krankenpflege sind die Provinziallandtage (Landsting). Die Finanzierung erfolgt über die Einkommenssteuer. Pro Krankenhaustag wird eine Patientengebühr erhoben.
Bevölkerung: Seit 2017 hat Schweden erstmals über 10 Millionen Einwohner. Die Mehrheit sind ethnische Schweden, wobei es eine größere Minderheit von Schwedenfinnen gibt. Eine weitere Minderheit sind die Samen (Lappen).
Religion: Über viele Jahrhunderte war die evangelisch-lutherische Schwedische Kirche Staatskirche. Ihr gehören mehr als 61% der Bevölkerung an. Die zweitgrößte Religion ist der Islam.
Verkehrsmittel: Das Eisenbahnnetz ist gut ausgebaut, vor allem zwischen den größeren Städten. Autobahnen verbinden die Ballungsräume Stockholm, Göteborg und Malmö. Ein beliebtes Reisemittel sind Überlandbusse.
Flugverbindung von Deutschland: Es bestehen Flugverbindungen in alle Regionen des Landes, welche von Deutschland aus in etwa 2 Stunden erreicht werden können.
Welche Voraussetzungen sollten Ärzte mitbringen, die nach Schweden auswandern möchten?
Dr. Moryäner: Die Arbeit in dünnbesiedelten Gebieten Schweden erfordert ein gewissen Grad an Eigenständigkeit. Man kann nicht mal schnell einen Kollegen fragen, oder den Patienten "mal eben" einweisen. Zudem kann es vorkommen, dass man Akutfälle eigenverantwortlich behandeln muss. Man kann nicht darauf bauen, dass innerhalb von wenigen Minuten der Notarztwagen zur Hilfe kommt. Selbst der Rettungshubschrauber braucht in unserem Fall mindestens 35 Minuten bis zur Ankunft. In anderen Gegenden ist die Zeit noch deutlich länger. Und nicht immer kann der Hubschrauber wetterbedingt fliegen.
Auch Flexibilität ist gefragt. Man muss seine Patienten von der Geburt bis zum Tode begleiten. Das Spektrum lässt sich kaum abgenzen. Von Kindervorsorgeuntersuchung, präventiven Untersuchungen, akuten Eingriffen, Rehabilitation bis Palliation ist alles dabei.
Als Arzt in den dünner besiedelten Regionen sollte man damit rechnen, dass hier abends die Bürgersteige hochgeklappt werden. Ein Bierchen im Pub ist im Prinzip nicht möglich. Oper- und Theaterbesuche setzten fast immer voraus, dass man in die nächste grössere Stadt fährt (in meinem Fall über 170 km nach Umeå ).
Gibt es einen Bedarf für ausländische Ärzte in Schweden, bzw. welche Fachrichtungen werden gesucht?
Dr. Moryäner: Ja, es mangelt besonders an Pathologen, Psychiatern und Allgemeinärzten. Der Bedarf ist besonders groß in den dünner besiedelten Gebieten, fernab der großen Städte.
Tipps von Frank Moryäner zum Übersiedeln
Vielerorts hat man es aufgegeben, Stellenanzeigen zu veröffentlichen, da die Erfolgsaussichten zu gering sind. Die Chancen eine freie Arztstelle im Internet zu finden, sind deshalb vergleichsweise gering. Das heisst aber nicht, dass es keine freien Stellen gibt. Ich würde empfehlen, dass man sich direkt an einer Hälsocentrale oder Sjukstuga bewirbt und sein Schreiben direkt an den Verksamhetschef (=Geschäftsführer) schickt.
die schwedische Personennummer: Diese wird stets gebraucht um z.B. Verträge abzuschliessen, Häuser zu kaufen oder um Konten zu eröffnen.
die schwedische Legitimation: also die Erlaubnis in Schweden einen Heilberuf auszuüben. Man muss seine Approbation und evtl. Facharztzeugnisse anerkennen lassen. Zuständig ist die Gesundheitsbehörde Socialstyrelsen.
die schwedische Sprache: der Arbeitgeber ist in der Regel behilflich beim Sprachkurs, bezahlt diesen auch und man bekommt i.d.R. auch schon sein Gehalt während der Sprachausbildung. Um als Arzt arbeiten zu dürfen und um die schwedische Legitimation zu bekommen braucht man Sprachkenntnisse auf Niveau C1.
Wie viel verdienen Ärzte in Schweden?
Dr. Moryäner: Die Grundgehälter sind verschieden. In der Regel geringer in den Städten und höher auf dem Lande. Häufig niedriger im Krankenhaus als in der Praxis. Hat man dann noch Bereitschaftsdienste kann man dass Gehalt noch ordentlich aufstocken oder auch in Freizeit vergüten lassen. Für meine Arbeit als angestellter Facharzt in Lappland bekomme ich monatlich ein Nettogrundgehalt von fast 50.000 Schwedischen Kronen (SEK; ca. 4830 Euro) bei einer 40 Stunden-Woche ausbezahlt. Ich habe 31 Urlaubstage, aber deutlich mehr frei, da man seine Bereitschaftsdienste in Freizeit kompensieren kann. In den 50.000 SEK sind alle Abgaben inkl. Krankenversicherung und Altersvorsorge schon abgerechnet.
Wie hoch sind die Lebenshaltungskosten in Schweden?
Dr. Moryäner: Generell sind die Lebensmittelkosten hier auf dem Land leicht höher als im Discounter in den größeren Städten, wegen der langen Transportwege und fehlender Konkurrenz. Zudem muss man ein Auto haben, da es hier auf dem Lande im Prinzip keinen funktionierenden öffentlichen Nahverkehr gibt. Andererseits sind die Kosten für Wohneigentum deutlich geringer als anderswo. Unser erstes Haus in Åsele z.B. war eine bezugsfähige Villa ohne Renovierungsbedarf mit 125 qm und 1000 qm Grundstück mitten im Ort. Dieses kostet uns damals 56.000 Euro und mittlerweile liegen die Preise noch deutlich darunter.
Als Arzt in die Schweiz: Viele Vorteile – doch wo ist der Haken?
10. August 2018 · Lesedauer: 12 Minuten
Attraktive Vergütung, hohe Klinikbudgets, flache Hierarchien, geregelter Freizeitausgleich bei Überstunden und weniger administrativen Aufwand – die Schweiz bietet Ärzten viele Vorteile. Zudem könnte der in den letzten Jahren herrschende Ärztemangel in der Schweiz für deutsche Ärzte ganz neue Perspektiven eröffnen.
Es häufen sich jedoch auch kritische Stimmen, die einige Nachteile des hoch gelobten Schweizer Abrechnungssystems nennen oder über die Unaufgeschlossenheit und gewisse Kälte der Schweizer Kollegen und Patienten gegenüber Deutschen berichten. Doch wie sieht die aktuelle Situation wirklich aus?
Seit Monaten berichten Medien von einem Ärztemangel in der Schweiz. Wie sieht die aktuelle Situation aus?
M. Kranz: Wir sehen tatsächlich vor allem in der Grundversorgung – Hausärzte und Pädiater – einen massiven Mangel an qualifizierten Ärzten. Je nach Region sind natürlich auch andere Fachrichtungen betroffen. Die Schweizer Universitäten haben aktuell noch nicht die Kapazität, um genügend Ärzte auszubilden und sind daher dringend auf Ärzte aus dem Ausland angewiesen. Diese Situation wird sich wahrscheinlich so schnell auch nicht entschärfen.
“Wir sehen vor allem in der Grundversorgung einen massiven Mangel an qualifizierten Ärzten.”
Gibt es regionale Unterschiede?
M. Kranz: Es gibt durchaus regionale Unterschiede, insbesondere im ländlichen Bereich herrscht akuter Mangel bei den Grundversorgern. In Großstädten hingegen und vor allem auch in Zürich gibt es eine hohe Ärztedichte.
Welche Fachrichtungen sind in der Schweiz besonders gefragt?
M. Kranz: Die Nachfrage an Hausärzten und Pädiatern ist sehr groß. Auch Internisten, Gynäkologen und Geriater sind gefragt. Für Kliniken sind Spezialisten insbesondere im Bereich Intensivmedizin/Schmerztherapie und Onkologie interessant.
Die Schweiz hat allein schon durch ihre Größe wesentlich weniger hochspezialisierte Einrichtungen wie z.B. Deutschland. Daher ist die Nachfrage an sehr hochspezialisierten Ärzten nicht so hoch wie an den Generalisten.
Welche Voraussetzungen sollten Ärzte mitbringen, bevor sie sich in der Schweiz bewerben?
M. Kranz: Interessierte Kollegen sollten die Staatsbürgerschaft eines EU oder EFTA Mitgliedstaates besitzen und im Idealfall drei Jahre ärztliche Erfahrung in Vollzeit-Anstellung vorweisen können. Zudem, falls Deutsch nicht die Muttersprache ist, sollte das Sprachniveau auf Level B2 oder C1 des europäischen Referenzrahmens nachgewiesen werden.
Bei Assistenzärzten muss zudem geprüft werden, ob die Weiterbildungsinhalte in Deutschland anerkannt werden.
Ich möchte als Arzt in der Schweiz arbeiten: Was ist der erste Schritt?
M. Kranz: Zuerst sollte geklärt werden, ob man eine Arbeitsgenehmigung in der Schweiz erhalten kann. Entweder z.B. durch eine EU/EFTA Staatsbürgerschaft, oder durch einen Familiennachzug.
Für eine Tätigkeit in der Schweiz benötigen Ärzte eine Gleichwertigkeitsanerkennung (die sogenannte MEBEKO Anerkennung). Je nachdem, ob die medizinische Ausbildung in der EU / EFTA oder in einem anderen Staat absolviert wurde, gibt es ein bestimmtes Antragsverfahren. Besitzt ein Arzt die Anerkennung bereits zu Beginn des Bewerbungsverfahrens, kann dies die Chancen auf eine Stelle erhöhen.
M. Kranz: Nicht alle Fachrichtungen und Zusatzbezeichnungen, die in Deutschland gängig sind, lassen sich in das Schweizer System übertragen. Man sollte sich vorher darüber genau informieren.
Der generelle Bewerbungsprozess ähnelt dem in Deutschland: Die vollständigen Bewerbungsunterlagen werden beim potentiellen Arbeitgeber eingereicht, es gibt Vorstellungsgespräche und gegebenenfalls ein Probearbeiten. Je nach Tätigkeitsbereich muss zudem beim Kantonsärztlichen Dienst eine Berufsausübungsbewilligung beantragt werden.
Wie lang dauert der ganze Prozess in der Regel?
M. Kranz: Der Anerkennungsprozess der Diplome kann unter Umständen bis zu 3 Monate dauern und kostet ca. 800 bis 1000 CHF pro Urkunde. Wer also noch keine MEBEKO Anerkennung hat, sollte mit 3-6 Monaten vom Tag der Bewerbung bis zum ersten Arbeitstag rechnen.
Wie hoch sind die Arztgehälter in der Schweiz?
M. Kranz: Es gibt kantonale Unterschiede und die Höhe des Gehalts hängt auch von der Fachrichtung, der Berufserfahrung, sowie der Größe der Klinik ab. Eine 36-jährige Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit 2-jähriger Erfahrung als Oberärztin kann beispielsweise im Kanton Zürich an einer kleinen Klinik mit einem Jahresbruttolohn von ca. CHF 146.000 rechnen (bei einem Beschäftigungsgrad von 100%).
Allerdings müssen auch die höheren Lebenshaltungskosten berücksichtigt werden. Lebensmittel sind oft deutlich teurer als in Deutschland und auch die Mieten sind in der Regel recht hoch. In Zürich beispielsweise bekommt man für CHF 1.000 nur ein kleines Einzimmerapartment oder vielleicht sogar nur ein WG-Zimmer. Man sollte schon allein für die Miete mindestens CHF 2.000 bis 3.000 einkalkulieren. Auch die Kosten für einen Telefonanschluss oder Handyverträge sind deutlich höher als in Deutschland.
Schweizer Gesundheitssystem: Was ist besser und was vielleicht schlechter als in Deutschland?
M. Kranz: Aus der Perspektive der Ärzte hat das Schweizer Gesundheitssystem auf jeden Fall viele Vorteile: höhere Klinikbudgets, hoher Personalschlüssel, vergleichsweise flache Hierarchien und weniger administrativen Aufwand.
“Je nach Position kommt mit dem Wechsel erst einmal ein Karriere-Downgrade.”
Eine Hürde könnte der Positionswechsel bzw. ein gewisser Positionsabstieg in der Schweiz im Vergleich zu Deutschland sein: Als deutscher Chefarzt kann man in der Schweiz nicht unbedingt direkt in eine Chefarztposition starten. Ein Chefarzt könnte hier beispielweise zuerst als leitender Arzt anfangen und dann nach drei bis vier Jahren auf die Position kommen, die er in Deutschland bereits hatte.
Auch der häufige Stellenwechsel im Lebenslauf ist in der Schweiz nicht gerne gesehen. Nach zwei Jahren die Stelle zu wechseln, ist hier nicht so üblich und wenn man anstrebt, seine Karriere voranzutreiben, dann ist es empfehlenswert, langfristig an einer Klinik zu bleiben. Auch die Einstufung im Lohn hängt sehr stark damit zusammen. Folgende Situation erleben wir sehr häufig z. B. bei Honorarärzten: bei einer Festanstellung werden nicht die vielen Jahre Berufserfahrung angerechnet, sondern wirklich nur der Teil, in dem man Vollzeit gearbeitet hat. Wenn jemand zum Beispiel temporär nur zu 60% an einer Klinik tätig war, werden die Monate nur anteilig angerechnet, was die Berufserfahrung zusammenschrumpfen lässt und sich natürlich auch negativ auf das Gehalt auswirkt.
Also für jemanden, der kurzfristig in die Schweiz kommen und reinschnuppern möchte, empfehle ich die Honorartätigkeit mit temporären Einsätzen, um zu sehen, wie das Gesundheitssystem hier funktioniert. Aber wer den Schritt wagen möchte, in der Schweiz eine Festanstellung anzutreten, der sollte zuerst fünf bis zehn Jahre an einer Klinik einplanen. Dann kann man in der Schweiz eine steile Karriere hinlegen.
Stichwort Steuern: Wie sieht die steuerliche Situation für Ärzte in der Schweiz aus?
M. Kranz: Jeder Kanton regelt seine Besteuerung anders, hierbei kann es zu teilweise massiven Unterschieden kommen. An den Spitzensteuersatz in Deutschland von über 40% kommen Sie jedoch nicht ran. Nach allen Abzügen haben Sie in der Schweiz mehr übrig als in einer vergleichbaren Position in Deutschland. Es ist zwar schwer zu vergleichen, aber man hat in der Schweiz ein bis zu 30% höheres Netto-Einkommen als in Deutschland.
Wie ist die Reaktion auf deutsche Ärzte? Wie werden sie von Kollegen aufgenommen?
M. Kranz: Da mittlerweile ca. ein Drittel aller Ärzte in der Schweiz aus dem Ausland kommen, ist eine Zusammenarbeit an den meisten Kliniken zur Normalität geworden. Erfahrungsgemäß finden die Kollegen, die offen auf ihre Schweizer Mitbürger zugehen, schnell Anschluss.
Welche kulturellen Besonderheiten sollte man auf jeden Fall beachten?
M. Kranz: Schweizer sind sehr stolz auf ihre sprachliche Vielfalt und Kultur. Gerade die Schweizerdeutschen Dialekte sind ein Ausdruck dieser Kultur und man sollte nicht automatisch davon ausgehen oder erwarten, dass Unterhaltungen auf Hochdeutsch (in der Schweiz „Schriftdeutsch“ genannt) geführt werden.
Es gibt auch gewisse Mentalitätsunterschiede, beispielsweise ist es eine landestypische Gepflogenheit, dass man nicht gerne über Geld oder Gehälter redet. Auch wenn man Bekannte fragt, was sie aktuell verdienen, kann man schon mal auf Granit beißen, weil es sich einfach nicht gehört, über Geld zu sprechen.
In unserem kurzen Skype-Interview beantwortet Maximilian Kranz folgende Fragen:
Was sind die häufigsten Hürden für deutsche Ärzte in der Schweiz?
Ihr Rat an alle Ärzte, die in der Schweiz arbeiten möchten?
Über doctari
Die Firma doctari wurde 2008 in Berlin gegründet. Seit 2012 vermittelt doctari Fachkräfte aus allen Gesundheitsberufen sowohl an Kliniken als auch an Praxen in der Schweiz. Seit 2016 wird zudem medizinisches Fachpersonal auch bei doctari fest angestellt. Das Angebot umfasst sowohl die Vermittlung von temporären Einsätzen als auch von Festanstellungen und ist für Ärzte und Pflegepersonal kostenfrei. Interessierte Kolleginnen und Kollegen können sich telefonisch unter +41 61 485 14 80 oder per E-Mail an team@doctari.ch melden.
Zwei deutsche Ärztinnen entscheiden sich vor knapp zehn Jahren, dem Heimatland den Rücken zu kehren und wagen den beruflichen Schritt in die benachbarte Schweiz. Lesen Sie hier zwei Berichte, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Die Kinderärztin Elke K. übernimmt eine Praxis im ländlichen Raum im Kanton Luzern. Ihre Kollegin Michaela S., Ärztin für Allgemeinmedizin entscheidet sich dagegen für eine Großstadt und zieht nach Zürich um.
Warum gerade die Schweiz?
Bei der Antwort auf diese Frage sind sich beide Ärztinnen einig: Von der ärztlichen Tätigkeit in der Schweiz erhofften Sie sich ein “freies Arbeiten ohne KV Deckelung und Leistungsbegrenzung sowie weniger Verwaltungskram” und mehr Zeit für Patienten.
Wie war die Reaktion auf eine deutsche Ärztin?
Kinderärztin Elke K.: „Die Reaktion der Patienten war sehr gut. Vor allem hier in der deutschsprachigen Schweiz, wo viele Ausländer arbeiten, sind die Patienten oft froh, bei jemandem Verständnis zu finden, der auch selber Nichtschweizer ist. Auch die Arzt-Patient Beziehung ist in der Schweiz anders als in Deutschland: Sie ist hier intensiver, persönlicher, und familiärer. Zudem haben die Patienten mehr Respekt vor dem Arzt. “
Allgemeinärztin Michaela S.: „Ein deutscher Arzt wird hier nur dann akzeptiert, wenn er eine gute Leistung bringt. Ich fühle hier in Zürich eine gewisse Kälte und Unaufgeschlossenheit gegenüber Deutschen. Allerdings gebe ich zu, dass die Arbeit des Arztes hier mehr geschätzt wird und die Patienten sind wirklich dankbar, wenn man ihnen helfen konnte.“
Gab es sprachliche Barrieren?
Kinderärztin Elke K.: „Es gab absolut keine sprachlichen Barrieren.“
Allgemeinärztin Michaela S.: „Da ich selbst aus Süddeutschland komme und da auch studiert habe, kann ich Schweizerdeutsch sehr gut verstehen. Bei Patienten habe ich allerdings das Gefühl, sie hätten lieber einen Arzt, der Schweizerdeutsch spricht.“
“Es geht mir oft so, dass ich angelächelt werde, aber sobald ich dann Hochdeutsch spreche, ist es vorbei mit der vordergründlichen Freundlichkeit.”
Fühlen Sie sich unter den Kollegen willkommen?
Kinderärztin Elke K.: „Da in der Schweiz nach wie vor Ärztemangel herrscht, sind die Ärzte für jeden Kollegen dankbar, der ihnen hilft, die Patienten zu behandeln. Man pflegt hier eine kollegiale Gemeinsamkeit.“
Allgemeinärztin Michaela S.: „Hier in Zürich muss man zwischen Ausländern und Deutschen unterscheiden. Es ist schwerer für einen Deutschen, sich in Zürich zu integrieren, als für einen Franzosen. Es geht mir oft so, dass ich angelächelt werde, aber sobald ich dann Hochdeutsch spreche, ist es vorbei mit der vordergründlichen Freundlichkeit.“
Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile des Abrechnungssystems?
Kinderärztin Elke K.: „Das Abrechnungssystem in der Schweiz ist sehr gut und einfach zu handhaben. Es wird – wie bei Privatpatienten in Deutschland – eine Rechnung beispielsweise einmal monatlich erstellt, welche dann von den Krankenkassen bezahlt wird. Es wird im Wesentlichen nach Zeit abgerechnet und die elektronische Übermittlung erfolgt wöchentlich über eine Abrechnungsfirma. Die elektronische Praxisführung, die Agenda und das Patientendossier sind sehr benutzerfreundlich.“
Allgemeinärztin Michaela S.: „Bin mit meiner Kollegin in diesem Punkt völlig d’accord!“
Kinderärztin Elke K.: „Ich habe meine Praxis über eine Internet-Plattform gefunden und bin mit meiner Wahl sehr zufrieden. Da ich allerdings bald in Ruhestand gehe, suche ich jetzt einen Praxisnachfolger zum Ende 2017 oder Anfang 2018. Alle Interessierten können sich gerne bei B-Plus Project AG diesbezüglich melden.“
Allgemeinärztin Michaela S.: „Auch ich habe meine Praxis über das Internet gefunden. In der Schweiz muss man allerdings furchtbar aufpassen: Unerfahrene Ausländer werden oft einfach ausgenommen. Die Gesetzte sind zum Teil viel verschwommener als in Deutschland. Ein Anwalt kostet in Zürich mindestens 400 CHF pro Stunde. Die Praxis, die ich übernommen habe, hat nicht mit den vertraglich zugesicherten Eigenschaften übereingestimmt.“
“Man muss mindestens vier Mal mehr verdienen als in Deutschland, um den Lebensstandard hier in Zürich zu halten.”
Wie viel verdient man in der Schweiz?
Kinderärztin Elke K.: „Man verdient hier sehr gut. Allerdings sind auch die Lebenshaltungskosten in der Schweiz deutlich höher. Das muss man auf jeden Fall in Kauf nehmen.“
Allgemeinärztin Michaela S.: „Man muss mindestens vier Mal mehr verdienen als in Deutschland, um den Lebensstandard hier in Zürich zu halten. Die Unkosten sind sehr hoch. Eine Praxisassistentin verdient hier beispielsweise zwischen 4000 und 6000 CHF im Monat. Auch die Miete für meine Praxisräumlichkeiten ist sehr hoch. Zudem sind die Lebensunterhaltungskosten in Zürich unheimlich teuer. Eine Pizza Margerita kostet hier ungefähr 24 CHF, ein normales Tagesgericht in einem Lokal zwischen 28 und 45 CHF. Ich wohne aktuell in einer kleinen 1-Zimmerwohnung ohne Badewanne und bezahle mehr als 1200 CHF. Manchmal denke ich, dass ich zu Studentenzeiten besser gelebt habe.“
Anm. der Red.: Das durchschnittliche Einkommen der privat praktizierenden Ärzte in der Schweiz kann anhand der Alters- und Hinterbliebenenversicherung ermittelt werden. Es beträgt danach zwischen 214.500 EUR und 224.000 EUR jährlich. Diese Zahl beinhaltet nicht den Verkauf von Medikamenten, berücksichtigt jedoch die in der Praxis durchgeführten Laboranalysen. Ärzte in der Schweiz können ihr Einkommen durch folgende zusätzliche Tätigkeiten aufbessern:
Praxiseigene Apotheke: In einigen Kantonen ist es Ärzten erlaubt, selbst Medikamente zu verkaufen. Durchschnittlich verkauft ein Arzt Medikamente für 290.000 EUR. Nach Berechnungssimulationen beliefen sich die Betriebskosten inklusive der Gehälter von Praxismitarbeitern und Labor auf 25.000 EUR. Abzüglich der Kosten für den Erwerb erwirtschaftet der Arzt im Durchschnitt einen Reingewinn von 53.000 EUR, was 7.50 EUR pro Medikament entspricht.
Laboranalysen: Viele Ärzte führen die Analysen in ihren Praxen durch. Da aber Umsatz und Einkommen bei dieser Tätigkeit allerdings eher sinken, beauftragen viele Ärzte immer häufiger spezialisierte Labore. Quelle: Vermittlungsfirma B-Plus Project AG.
Rat an alle Kollegen, die übersiedeln wollen
In diesem letzten Punkt sind sich beide Ärztinnen einig: Unabhängig davon, wie schön die Schweizer Natur ist und wie zufrieden man mit seinem Beruf ist, vermissen die Beiden doch die Heimat und vor allem Familie und Freunde. Elke K. rät deswegen allen Ärzten, die kommen möchten, auch Kollegen zu „akquirieren“ und sie mit in die schöne Schweiz zu holen.
Die Schweiz in Zahlen und Fakten
Politisches System: Die Schweiz ist ein republikanischer, föderaler Bundesstaat mit 26 Kantonen. Eine Besonderheit sind die starken Elemente der direkten Demokratie. Über Initiativen und Referenden kann die Bevölkerung direkten Einfluss auf die Regierung nehmen.
Sprache: Offizielle Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. Welche Sprache Amtssprache ist, wird von den Kantonen bestimmt. Die meistverbreitete Sprache ist Deutsch (65%), gefolgt von Französisch (22,6%) und Italienisch (8,3%). Rätoromanisch wird nur von 0,5% der Bevölkerung gesprochen.
Währung: Die Landeswährung ist der Schweizer Franken (CHF). Ein Franken wird in 100 Rappen unterteilt. Der aktuelle Wechselkurs (August 2018) liegt für einen Euro bei 1,15 CHF.
Klima: Das Klima ist abhängig von der Höhenlage, nördlich der Alpen herrscht ein mitteleuropäisches Klima, südlich ein mediterranes.
Gesundheitssektor: Jeder Bürger ist obligatorisch krankenversichert. Krankenversicherungen sind private Unternehmen. Das Gesundheitssystem ist traditionell föderalistisch aufgebaut, mit Unterschieden zwischen den Kantonen.
Bevölkerung: Etwa 8,4 Millionen Menschen leben in der Schweiz, davon 2,1 Millionen ohne Schweizer Staatsangehörigkeit. Größte Ausländergruppen sind Italiener, Deutsche und Portugiesen.
Religion: 75% der Bevölkerung bezeichnen sich als Christen, wovon die Mehrheit römisch-katholisch ist. Im Vergleich mit anderen Ländern Europas ist der Buddhismus stärker vertreten.
Verkehrsmittel: Die Schweiz hat das dichteste Eisenbahnnetz der Welt und befördert über 300 Millionen Passagiere im Jahr. Für die Nutzung der Autobahnen ist eine Vignette erforderlich.
Flugverbindung von Deutschland: Die größten Flughäfen sind in Zürich, Genf und Basel. Außerdem gibt es weitere Regionalflugplätze.
Wichtige Links und Ansprechpartner
Die Genehmigungen für Ärzte zu praktizieren und die Leistungen den Krankenversicherungen in Rechnung zu stellen, werden von den jeweiligen Kantonen einmalig und lebenslang erteilt.
Bessere Lebensqualität und die Hoffnung auf ein höheres Einkommen locken viele deutsche Ärzte in die USA. Doch für die meisten Europäer ist das amerikanische Gesundheitswesen unbekanntes Terrain. Es ist vielfältig, zum Teil unübersichtlich und es gibt keinen Zwang zur Krankenversicherung. Doch wie genau ist dieses System aufgebaut? Was verdienen Ärzte in den USA wirklich? Und für wen lohnt sich der Wechsel?
"Wenn ich zurückkehren würde, wäre das primär der Kultur wegen..."
Dr. Peter Niemann, Facharzt für Innere Medizin und Geriatrie, kam vor etwa 10 Jahren in die USA, nachdem er in Deutschland und Frankreich als Assistenzarzt gearbeitet hatte. Seit 2017 ist Dr. Niemann im Gesundheitssystem der Mayo Clinic (La Crosse, WI) angestellt
Warum haben Sie sich dazu entschlossen, Deutschland den Rücken zu kehren?
Dr. Niemann: Zunächst war der wichtigste Beweggrund, dass ich einfach die bestmögliche Arzt-Ausbildung haben wollte. Da bekanntermaßen viele Nobelpreise in die USA gehen und weil ich vor zehn Jahren in französischen und deutschen Krankenhäusern nicht unbedingt die beste Medizin kennen gelernt hatte.
Gibt es aktuell einen Ärztemangel in den USA?
Dr. Niemann: Ja, es gibt fast in jedem Fachgebiet einen Fachärztemangel. Dabei ist die Situation bei den Hausärzten besonders kritisch. Dies ist vor allem auch durch den geringen Verdienst bedingt.
Wenn man eine Hierarchie nach dem Verdienst vornimmt, dann wäre die Dermatologie wahrscheinlich an erster Stelle, gefolgt von der Neurochirurgie, der interventionellen Radiologie und der Orthopädie. Das sind in den USA wahrscheinlich die begehrtesten Fachrichtungen und da kommt man als Ausländer nur sehr schwer rein. Ich würde also den Kollegen, die vorhaben, in die USA zu gehen, wirklich davon abraten, sich auf eine Dermatologie-Position zu bewerben.
Wenn wir schon bei dem finanziellen Aspekt sind: Was verdienen Ärzte im Schnitt in den USA?
Dr. Niemann: Es gibt jährlich genaue Zahlen zum ärztlichen Einkommen in den USA. Der Medscape-Verlag ermittelt diese, indem er Ärzte in den USA anschreibt und via Internetanfrage um Informationen zu ihrem Einkommen bittet. Auch ich nehme regelmäßig an diesen Befragungen teil, kann also ihre Authentizität aus erster Hand bestätigen.
US-Arztgehälter nach Fachrichtungen im Überblick
Dr. Niemann: Im Zeitraum Dezember 2016 bis März 2017 fand die jüngste dieser Umfragen statt, an der 19.270 Ärzte (von knapp 860.000 aktiv arbeitenden Ärzten in den USA) teilnahmen. Die Umfrageergebnisse decken sich auch mit meinen persönlichen Erfahrungen:
Orthopädie: 418.000 Euro
Plastische Chirurgie: 376.000 Euro
Kardiologie: 350.000 Euro
Urologie: 342.000 Euro
HNO-Arzt: 340.000 Euro
Radiologie: 338.000 Euro
Gastroenterologie: 334.000 Euro
Dermatologie: 330.000 Euro
Anästhesie: 311.000 Euro
Allgemeinchirurgie: 301.000 Euro
Augenheilkunde: 295.000 Euro
Notfallmedizin: 290.000 Euro
Hämatologie/Onkologie: 282.000 Euro
Intensivmedizin: 277.000 Euro
Pulmologie: 265.000 Euro
Pathologie: 250.000 Euro
Frauen- und Geburtsheilkunde: 244.000 Euro
Nephrologie: 239.000 Euro
Allergologie & Immunologie: 220.000 Euro
Neurologie: 213.000 Euro
Rheumatologie: 201.000 Euro
Psychiatrie: 201.000 Euro
Infektiologie: 195.000 Euro
Innere Medizin: 192.000 Euro
Endokrinologie: 188.000 Euro
Allgemeinmedizin: 179.000 Euro
Kinderheilkunde: 173.000 Euro
Natürlich gibt es auch in den USA regionale Unterschiede, so dass zwischen manchen Regionen bis zu 15 Prozent Gehaltsunterschiede bestehen können. So verdient man an der Ostküste weniger als im Landesinnern, im Süden weniger als im Norden. Weiterhin bestehen Unterschiede zwischen angestellten und selbständigen Ärzten, so dass ein Arzt mit eigener Praxis durchschnittlich 20 Prozent mehr verdient als ein in der Klinik angestellter Arzt. Allerdings haben die meisten Praxisinhaber längere Arbeitszeiten als ihre Kollegen in der Klinik.
Assistenzärzte verdienen vom Staat festgelegte Gehälter, die sich zwischen 45.000 und 55.000 Euro jährlich bewegen.
Wie hoch sind die Lebenshaltungskosten im Vergleich zu Deutschland?
Dr. Niemann: Die Lebenshaltungskosten sind deutlich höher als in Deutschland. So kosten beispielsweise 250 g Käse oder 500 ml Joghurt drei Dollar. Ein Restaurantbesuch zu zweit kann schnell 50 Dollar übersteigen, ein vernünftiges Hotelzimmer geht erst ab 100 Dollar los und gute Handwerker verlangen immer häufiger dreistellige Stundensätze.
In den USA gibt es viele Regionen, in denen ein Haus vielleicht nur 10.000 bis 50. 000 US-Dollar kostet. Doch in den besseren Nachbarschaften gibt man schnell einmal eine halbe Million oder mehr für ein durchschnittliches Haus aus. Meine internistische Kollegin hat als Budget bis zu einer Million einkalkuliert, und das in einer mittelgroßen und wenig bekannten Stadt im Mittleren Westen!
US-Gesundheitssystem: Wo sehen Sie die wichtigsten Schwachstellen?
Dr. Niemann: Ich mag am US-Gesundheitssystem nicht, dass man für alles einen Spezialisten gleich hinzuzieht. Der Arzt nimmt nicht das Blut ab, das macht ein Phlebologe. Er legt keine Zugänge, dafür wird dann ein „Zugangskrankenpfleger“ gerufen. Dann gibt es die Atmungs-, die Physio-, die Sprach- und die Ergotherapeuten in jedem Krankenhaus, dazu gesellen sich verschiedene Krankenschwesterhierarchien und Pflegeassistenzen – gerade in kritischen Situationen verliere ich manchmal den Überblick angesichts von zehn bis 15 anwesenden Personen im Patientenzimmer.
Noch dazu konsultiert man in den USA bei fast jedem Patienten Ärzte aus anderen Fachrichtungen – gestern nahm ich eine Frau mit Schwindel auf, und sie bestand darauf, auch den Neurologen zu sehen. Vorgestern wollte ein Patient, der mit Diabetesentgleisung aufgenommen wurde, einen Kardiologen hinzugezogen wissen, weil er an einer für sich nur leichten Herzunregelmäßigkeit leide. Zu viele Köche verderben den Brei, meine ich.
Klagen gegen Ärzte: Wie groß ist das Problem in den USA tatsächlich?
Das juristische System in den USA ist schon etwas anders als in Deutschland. Hier kann man wegen allem verklagt werden. Tatsächlich wird knapp jeder zweite Arzt im Laufe seiner Karriere mindestens einmal verklagt. Zudem kann man bis zu zwei Jahre nach Behandlung belangt werden, in schweren Fällen sogar noch länger. Meistens scheitern jedoch die Patienten mit der Klage. Des Weiteren wird die Haftpflichtversicherung fast immer vom Arbeitgeber bezahlt, deswegen mache ich mir über solche Dinge, wie viele andere Kollegen auch, keine Gedanken.
Welche Anstellungsmodelle neben der klassischen Festanstellung sind aus Ihrer Sicht außerdem noch empfehlenswert?
Dr. Niemann: Das häufigste Modell ist die Festanstellung. Ich vermute, etwa zwei Drittel aller Ärzte sind fest angestellt. Dann gibt es, wie in Deutschland auch, das Selbstständigen-Modell mit einer eigenen Praxis. Wenn man jedoch etwas risikoaffiner ist, kann man auch ein eigenes kleines Institut aufmachen und weitere Ärzte einstellen.
Dann gibt es noch die Möglichkeit, als Vertragsarzt in einem oder mehreren Krankenhäusern zu arbeiten. Das sind die Hauptmodelle, aber es gibt auch viele kreative Zwischenschritte.
Wie ist die Reaktion auf deutsche Ärzte in den USA?
Dr. Niemann: In den USA wird man sehr schnell aufgenommen. Dabei ist es egal, ob man Deutscher, Australier, Asiate, Norweger oder Afrikaner ist. Man wird immer gut an- und aufgenommen. Die Bedingung hierfür ist natürlich, dass man gut Englisch spricht und sich kulturell halbwegs anpasst. Ich lebe ja schon ziemlich lang hier, fühle mich sehr wohl und bin auch als Deutscher sehr gut akzeptiert. Die Amerikaner fragen nicht „Ah, du bist Deutscher, wann gehst du zurück?“, sondern: „Ah, du bist Deutscher, warum bleibst du nicht hier?“
Es gibt jedoch auch Ausnahmen. Einige Male bin ich schon in der Öffentlichkeit darum gebeten worden, nicht Deutsch, sondern Englisch zu sprechen und ich erinnere mich auch gerade daran, dass vor allem ältere Amerikaner einem reserviert gegenüber sind. Außerdem stört es mich, dass man als Deutscher vor allem auf Mercedes, Bier, Oktoberfest und Pünktlichkeit reduziert wird.
Gibt es bestimmte Punkte, die man beachten sollte, wenn Familienangehörige mit auswandern? Wie schnell finden Ehepartner in den USA Arbeit und wie sieht es mit der Kinderbetreuung aus?
Dr. Niemann: In Amerika ist es gang und gäbe, dass Frauen bis kurz vor der Entbindung arbeiten und dann sechs Wochen nach der Geburt wieder einsteigen. Dies ist für viele Europäer undenkbar, zeigt aber, dass die Struktur der Kitas in den USA sehr gut aufgestellt ist. Allerdings sind Kitas und Kindergärten hier auch sehr teuer: Ein Kindergartenplatz, der in Europa 200-300 Euro monatlich kosten würde, kostet in den USA 1000 bis 1500 Dollar.
Mit der Visavergabe für die mitreisenden Angehörigen gibt es meistens keine Probleme. Wenn ein Ehepartner ein J-Visum oder ein B-Visum bekommt, bekommt der Partner automatisch auch ein Visum, mit dem man dann zum Teil auch gleich arbeiten oder studieren kann. Ob der Ehepartner dann auch gleich einen Job findet, hängt natürlich von vielen Faktoren ab – es ist jedoch meistens etwas einfacher als in Europa.
Denken Sie manchmal darüber nach, nach Deutschland zurückzukehren?
Dr. Niemann: Ja, ich denke fast jeden Tag darüber nach, was bei mir aber eher sentimental-kulturelle Gründe hat. Für mich wäre es finanziell und beruflich gesehen ein Abstieg, wenn ich nach Deutschland zurückkehren würde. Ich habe mich auch an das System hier gewöhnt und täte mich mit dem ressourcenverknappenden staatlichen System in Deutschland etwas schwer. Wenn ich zurückkehren würde, wäre das primär der Kultur wegen, weil ich natürlich Deutschland als meine Heimat betrachte und da auch sehr gerne bin. Das ist aber eine sehr schwierige private Frage, mit der ich selbst jeden Tag hadere.
Ärzte, die nicht in den USA studiert haben, müssen einen anderen Weg bestreiten – und dies unabhängig davon, ob man gerade das Medizinstudium absolviert hat oder als Facharzt oder gar Professor bereits seit Jahren tätig ist.
Schritt 1: Nachweis der Gleichwertigkeit des nicht-amerikanischen Medizinstudiums
Zunächst steht der Nachweis der Gleichwertigkeit des nicht-amerikanischen Medizinstudiums an. Dies beinhaltet zwei Schritte und kann sich über mehrere Jahre hinziehen. Für die Anerkennung des deutschen Medizindiploms sollten diverse Universitätsdokumente eigereicht und zudem drei amerikanische Staatsexamina (United States Medical Licensing Examination Step I, II (USMLE I, II); Clinical Knowledge (CK) und II Clinical Skills (II CS)) bestanden werden. Für diese beiden Schritte ist die Educational Commission for Foreign Medical Graduates (ECFMG)verantwortlich.
USMLE: Das erste amerikanische Staatsexamen entspricht in etwa dem Wissensstand eines deutschen Medizinstudenten im siebten oder achten Fachsemester und fragt vor allem die Fächer Anatomie, Psychologie, Mikrobiologie, Pathologie, Pharmakologie, Statistik und Physiologie ab. Es ist eine computerbasierte Prüfung, die einen vollen Tag dauert und in den meisten Ländern an bestimmten von der ECFMG zugelassenen Orten geschrieben werden kann. Die Prüfungsgebühren liegen derzeit bei 910 US-Dollar, werden jedoch stetig erhöht.
CK: Das zweite Staatsexamen entspricht dem Wissensstand eines Medizinstudenten am Ende seines Studiums. Wie der Name schon sagt, wird hier das theoretische Wissen abgefragt. Die Prüfung ist ebenfalls computerbasiert und kann an vielen Orten weltweit geschrieben werden (Kosten aktuell: 910 US-Dollar).
CS: Das ist eine mündliche Prüfung und muss in den USA vor Ort abgelegt werden. Hierfür werden zwölf 15-minütige Video-Praxissimulierungen abgefragt: Man muss die „Patienten“ befragen, untersuchen und dann über das weitere Vorgehen aufklären. Diese Prüfung kostet aktuell 1.565 US-Dollar und ist ebenfalls eintägig.
Schritt 2: Bewerbungsgespräche & Wahl des Weiterbildungsprogramms
Nachdem alle Prüfungen bestanden wurden, erhält man von der ECFMG das Äquivalenzdiplom und den Zugang zum elektronischen Weiterbildungsprogramm (Electronic Residency Application Service).Auch hier müssen Gebühren bezahlt und diverse Dokumente eingereicht werden: u.a. die Prüfungsergebnisse, der Lebenslauf, ein Empfehlungsschreiben, diverse Universitätsdokumente und natürlich auch das ECFMG-Diplom.
Dann beginnt der Bewerbungsprozess, der jedes Jahr nach einem bestimmten Zeitmuster abläuft. Im August verschickt man – gegen eine Gebühr von zwischen 10 und 26 US-Dollar pro Bewerbungsgesuch – elektronische Bewerbungen an die Weiterbildungsprogramme seiner Wahl. In den folgenden Monaten werden Ab- oder Zusagen rausgeschickt. Die Bewerbungsgespräche finden dann zwischen Oktober und Februar statt. Ziel ist das gegenseitige Kennenlernen und Einschätzen des Bewerbers wie auch des Weiterbildungsprogramms, denn im Februar wird eine Prioritätenliste eingereicht. Jeder Bewerber und jedes Programm listet in absteigender Reihenfolge seine Wunschkandidaten. Abschließend werden Bewerber und Programme einander zugeteilt, was Mitte März bekannt gegeben wird.
Schritt 3: Weiterbildung zum Facharzt (3-7Jahre)
Zum 1. Juli tritt man dann diese Stelle an, durchläuft hiernach die ärztliche Weiterbildung und ist nach drei bis sieben Jahren Facharzt.
Der Weg ist nicht ganz leicht und erfordert neben sehr guten Noten und ausreichenden Finanzen auch einen langen Atem. Dieses Jahr entfielen von 30.232 Stellen 3.962 auf nicht-amerikanische Ärzte. Zwischen 100 und 150 Deutsche, Österreicher, Schweizer und Luxemburger (die exakten Zahlen sind noch nicht veröffentlicht) zieht es jedes Jahr neu nach Amerika. Sie alle haben den obigen Weg durchlaufen.
Anmerkung des Autors: Es gibt viele Nuancen und Feinheiten, wie man als Arzt in den USA tätig werden kann und natürlich ändern sich stets die Bedingungen. Deshalb können in einem einzelnen Artikel diverse Aspekte nur grob angesprochen werden. Bei weitergehenden Fragen verweise ich auf einige der von mir angegebenen Internetseiten oder kann auch per E-Mail kontaktiert werden unter: peterniemann@hotmail.de
In den USA kann man sich in einem Jahr für eine Krankenversicherung und im nächsten gegen sie entscheiden. Es gibt auch eine nicht unwesentliche Gruppe an Menschen, die eine Krankenversicherung gerne haben würden, sie sich aber nicht leisten können. Insgesamt 10,4% der Gesamtbevölkerung, also 28,2 Millionen Amerikaner unter 65 Jahren waren im Jahr 2016 nicht versichert, was übrigens eine der niedrigsten Quoten seit Jahrzehnten darstellt.
Die meisten US-Amerikaner privat versichert
Knapp 65 Prozent der Bevölkerung ist Mitglied in einer privaten Krankenversicherung. Diese wird in den meisten Fällen vom Arbeitgeber deutlich subventioniert und der Restbetrag vom Arbeitnehmer bezahlt. Weiterhin wird anstatt eines bestimmten Prozentsatzes des Einkommens ein fester monatlicher Beitrag abgezogen, der sich oft in der Spannbreite zwischen 50 und 200 US-Dollar bei alleinstehenden Personen und zwischen 100 und 500 US-Dollar bei Familien bewegt, wobei es leider auch Einzelfälle gibt, bei denen die monatlichen Beiträge für eine Familie mangels Arbeitgebersubvention die 1000 US-Dollar Grenze überschreiten können.
Es gibt verschiedene Versicherungsmodelle mit unterschiedlichen individuellen Zuzahlungen, unter denen man als Arbeitnehmer aussuchen kann. Wenn der Arbeitgeber eine bestimmte Krankenversicherung wie z.B. Mayo Clinic Basic oder Allina Gold anbietet, dann sind diese im Regelfall von ihm subventioniert und günstig für den Arbeitnehmer. Doch prinzipiell kann man sich auch eine andere Versicherung aussuchen, wobei die Krankenversicherungsfirmen sehr vielfältig sind und es sollen pars pro toto einige aufgezählt werden: Aetna, United Health, Blue Cross Blue Shield, Kaiser Permanente, Allina Health etc.
Staatliche Krankenversicherung: “Die großen Drei”
Der Rest der Bevölkerung, immerhin knapp ein Drittel, ist in staatlichen Krankenversicherungen Mitglied. Hierbei gibt es drei große Gruppen:
Medicaid
Medicare
das Veteranensystem (Veterans Health Administration, kurz: VA)
Man kann in mehreren dieser Systemen überlappend, wie auch durch private (mit-)versichert sein.
Medicaid: Die „Armen-Versicherung“
Medicaid ist mit knapp 74 Millionen Versicherten die mitgliederstärkste staatliche Krankenversicherung. Sie ist vor allem auf ärmere Amerikaner zugeschnitten und wird durch eine Mischfinanzierung bezahlt: aus dem amerikanischen Budget und aus den regionalen (d.h. vom einzelnen Bundesstaat) Budgets. Man darf bei Medicaid versichert sein, wenn man weniger als 133% dessen verdient, was als Armutsgrenze gilt.
Konkretes Beispiel: In vielen Bundesstaaten dürfte ein Einpersonenhaushalt Medicaid nicht erhalten. In Kalifornien oder Minnesota hingegen wäre er bei unter 1300 US-Dollar monatlichem Einkommen versicherungsberechtigt. Ein Vierpersonenhaushalt mit einem monatlichen Einkommen von weniger als 2690 US-Dollar dürfte Medicaid bekommen und die monatlichen Beiträge sind dann sehr niedrig oder es gibt sogar gar keine. Die Jahreskosten für Meicaid beliefen sich allein für das Jahr 2016 auf knapp 550 Milliarden US-Dollar.
Medicare: Die „Älteren-Versicherung“
Bei Medicare dürfen alle US-Bürger über 64 Jahre versichert sein bzw. schon in jüngeren Jahren, wenn sie eine dauerhafte und schwere Behinderung vorweisen. Medicare umfasst knapp 57 Millionen Versicherte und das Jahresbudget belief sich für das Jahr 2016 auf 678,7 Milliarden US-Dollar, also mehr als die Bundeshaushalte aller deutschsprachigen Länder (Deutschland, Österreich, Schweiz, Luxemburg und Liechtenstein) zusammen. Finanziert wird es von direkt hierfür vom Lohn entnommenen Steuergeldern (Lohnabzug ca. 2,9%) und aus dem amerikanischen Regierungshaushalt. Viele Medicare-Versicherte zahlen monatliche Beiträge zwischen 100 und 400 US-Dollar.
Veteranensystem: Die „Militär-Versicherung“
Das Veteranensystem (VA-System) besteht seit dem Ende des amerikanischen Bürgerkriegs und hat sein eigenes Ministerium in der US-Regierung. Es betreibt in den USA und im Ausland (u.a. auch in Deutschland) eigene Arztpraxen und Krankenhäuser mit jeweils eigenem Personal (Anfang 2018 waren es insgesamt 1.243 solcher Einrichtungen). Die etwa 300.000 Angestellten werden als Beamte der amerikanischen Regierung mit allen Privilegien und Pflichten behandelt.
Behandeln lassen dürfen sich entweder aktive Mitglieder des Militärs oder diejenigen, die bestimmte Voraussetzungen nach ihrer regulären Entlassung aus der Truppe erfüllen. Immerhin sind es knapp 9 Millionen Amerikaner und das Budget umfasst 65 Milliarden US-Dollar, wobei das Geld direkt aus dem amerikanischen Haushalt stammt.
Allein schon nach dieser Darstellung wird offensichtlich, wie vielfältig das amerikanische Gesundheitswesen ist. Dass manche Bundesstaaten die illegalen Zuwanderer versichern, während andere das nicht tun, dass man doppelt und dreifach versichert sein kann und trotzdem hohe eigene Zuzahlungen im Krankheitsfall leisten muss – diese und andere Nuancen werden erst nach einer längeren Aufenthaltsdauer in den USA offenkundig.
Es gibt eindeutig Verbesserungsbedarf und Ungerechtigkeiten, doch auch europäische, meist staatliche Versicherungsmodelle weisen viele Defizite auf. Ein perfektes System muss erst noch gefunden werden, und in den USA weiß man, dass es das eigene auf alle Fälle nicht ist.
Die USA in Zahlen und Fakten
Politisches System: Die Vereinigten Staaten von Amerika besteht aus 50 Bundesstaaten, die eine föderale Republik bilden. Staatsoberhaupt ist der Präsident, seit der Wahl 2016 Donald Trump.
Sprache: Amtssprache ist de facto Englisch, auch wenn die Festlegung den Bundesstaaten unterliegt. Etwa 37 Millionen Einwohner sprechen spanisch, vor allem Einwanderer aus Lateinamerika.
Währung: Die Landeswährung ist der US-Dollar. Nach aktuellem Wechselkurs (August 2018) entspricht ein Euro 1,15 USD.
Klima: Aufgrund ihrer Größe herrschen in den USA mehrere Klimazonen, die beispielsweise Tropenklima, Hochgebirgsklima, Wüstenklima und Kontinentalklima umfassen.
Gesundheitssektor: In der allgemeinen Patienten- und Versicherungsversorgung bestehen teilweise, auch wenn hohe Summen in das Gesundheitssystem investiert werden. Etwa 16& der US-Amerikaner sind nicht krankenversichert. In der medizinischen Forschung sind die USA in vielen Gebieten führend.
Bevölkerung: Derzeit leben über 327 Millionen Menschen in den Vereinigten Staaten. Die größte Gruppe bilden die Amerikaner mit europäischen Vorfahren (72,4%), gefolgt von Latinos (16,3%) und Afroamerikanern (12,6%).
Religion: 73% der Einwohner sind Christen, wobei protestantische Strömungen, wie Evangelikale, überwiegen, gefolgt von Katholiken und Mormonen. Größte nicht-christliche Religion ist das Judentum (2,1%)
Verkehrsmittel: Das Verkehrssystem (Straße, Schiene, Flugverbindungen) ist polyzentrisch strukturiert und verbindet vor allem die Ballungsräume und Großstädte. Die USA haben das längste Straßensystem der Welt.
Flugverbindung von Deutschland: Direktverbindungen in die USA bestehen von mehreren deutschen Flughäfen. Für die Strecke Frankfurt – New York werden etwa 9 Stunden benötigt.
Arztgehälter in den USA: Lohnt sich der Gang ins Ausland?
Bessere Lebensqualität und die Hoffnung auf ein höheres Einkommen locken viele deutsche Ärzte ins Ausland. Dabei sind vor allem die USA hoch im Kurs. Doch was verdienen Kollegen aus Ihrer Fachrichtung in den USA wirklich? Und für wen lohnt sich der Wechsel? Die Antworten auf diese und andere Fragen gibt Ihr Kollege Dr. Peter Niemann, der den Umzug in die USA vor acht Jahren gewagt hat.(Lesedauer: 2 Minuten)
Am Anfang spielte das Einkommen keine Rolle
Seit nunmehr acht Jahren arbeite ich in den USA, zunächst als Assistenz-, mittlerweile als Facharzt für Innere Medizin und Geriatrie. Finanzielle Gründe waren zwar nicht die Ursache meines beruflichen Umzugs in die USA, spielen aber eine Rolle, warum ich weiterhin in den USA lebe und als Arzt sehr zufrieden bin.
Als ich mich vor vielen Jahren für den Arztberuf entschloss, spielte das Einkommen keine Rolle, wie übrigens bei den meisten Medizinstudenten in Deutschland.1 Ich war von der medizinischen Wissenschaft fasziniert, wollte den menschlichen Körper und damit Gesundheit und Krankheit verstehen und ja, Menschen helfen.
Gründe für den Wechsel: Arbeitszeiten, Bürokratie & Co.
Doch die meisten Menschen werden pragmatischer, wenn sie älter werden und Lebenserfahrung sammeln. Als ich täglich 12 oder 14 Stunden arbeitete, 24- oder 36-Stunden-Dienste hatte, Kontakt mit Krankheit und Tod nicht nur mich forderten, sondern zu Frustration und Wut bei Patienten und Angehörigen führten, ich mit z.T. hohen bürokratischen Hürden und Hierarchien konfrontiert war, wurde mir bewusst, dass ein Arzt wichtige Aufgaben erfüllt, vieles hierfür aufgibt und gerade deshalb seine Bedürfnisse nicht vernachlässigt werden sollten.
Neun Euro Stundenlohn, mein Anfangslohn als Assistenzarzt in Frankreich und später dann 23-24 Euro Stundenlohn als Stationsarzt in Weiterbildung in Deutschland, waren zwar ausreichend, aber schienen mir nicht üppig angesichts hoher Anforderungen.
Das verdienen Ihre Kollegen in den USA: Arztgehälter nach Fachrichtungen
Es gibt jährlich genaue Zahlen zum ärztlichen Einkommen in den USA. Der Medscape-Verlag ermittelt diese, indem er Ärzte in den USA anschreibt und via Internetanfrage um Informationen zu ihrem Einkommen bittet. Auch ich nehme regelmäßig an diesen Befragungen teil, kann also ihre Authentizität aus erster Hand bestätigen.
Im Zeitraum Dezember 2016 bis März 2017 fand die jüngste dieser Umfragen statt, an der 19.270 Ärzte (von knapp 860.000 aktiv arbeitenden Ärzten in den USA) teilnahmen. Die Umfrageergebnisse decken sich auch mit meinen persönlichen Erfahrungen. Die Durchschnittsgehälter der meisten Fachrichtungen finden Sie in der folgenden Tabelle.