2016
Was zum Thema Upcoding derzeit abgeht, ist schon interessant liebe Kolleginnen und Kollegen.
Der Vorstandsvorsitzende der TK Jens Baas stellt uns als die schummelnden, nimmersatten Ärzte an den Pranger. Wir sind die Verursacher hoher Kosten, die durch den Wettbewerb der Kassen um einen möglichst großen Anteil aus dem Risikostrukturausgleich entstehen. Herr Baas erläutert das so: „Die Kassen bezahlen zum Beispiel Prämien von zehn Euro je Fall für Ärzte, wenn sie den Patienten auf dem Papier kränker machen… Sie bitten dabei um „Optimierung“ der Codierung…Dafür haben die Kassen seit 2014 eine Milliarde Euro ausgegeben. Die fehlt für die Behandlung der Patienten…“. Was er aber nicht sagt ist, dass wir Ärzte wie immer mit kleinsten Beträgen geködert werden. Außerdem verschweigt Herr Baas, dass mit einem Vertrag zwischen seiner TK und der KV RLP versucht werden soll, dass die TK in Zukunft nicht wie bisher Geld in den Risikostrukturausgleich einzahlen muss, sondern aus diesem Topf das große Geld zur TK fließt. Da sind die lächerlichen 6, 8 oder 12 Euro, die wir pro Fall pro Quartal bekommen, wenn wir, sofern wir es verantworten können, upcodieren mit Diagnosen aus Listen, die zu den Verträgen gehören. Mit diesen Diagnosen hoffen alle Kassen auf das große Geld aus dem Topf des Risikostrukturausgleiches.
Und wie verhält sich die KV RLP (2016 unter U.K.!)? Sie unterstützt ihre Mitglieder bei der richtigen Codierung und lässt deshalb ein ICD-Regelwerk über die Abrechnung laufen, um auf evtl. bessere Kodierungen in bestimmten Fällen aufmerksam zu machen. Der Arzt wird hoffentlich die bessere Codierung nur dann anwenden, wenn er dies verantworten kann. Trotzdem, ein mulmiges Gefühl beschleicht den Leser des Rundschreibens der KV vom Oktober2016 zur Prüfung der Diagnosenverschlüsselung schon.
Wir werden von den Kassen und der KV aufgefordert, Diagnosen zu ändern, um eine höhere Morbidität zu dokumentieren. Wenn wir, so die Meinung des Vorstands der KV RLP, eine entsprechende Änderung oder Ergänzung ebenfalls(!) für medizinisch zutreffend und notwendig halten, sollen wir den zutreffenden gesicherten ICD-Code (Zusatzkennzeichen“G“) hinter den Namen des Patienten setzen. Das „G“, so steht es im TK Vertrag, ist auch dann zu verwenden, wenn eine Verdachtsdiagnose nicht endgültig und nicht sachgerecht gesichert werden kann, aber eine sachgerechte und medizinisch stimmige spezifische Behandlung so erfolgt, als wäre diese Diagnose gesichert. Die Änderungen sollen wir möglichst umgehend, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen, auf der durch eine Unterschrift bestätigten FAX-Antwort und der ergänzten Patientenliste zurück an die KV senden. Die wird nach Erhalt der Antwort die von den Mitgliedern gewünschten (?) Änderungen in der Abrechnung vornehmen.
Vertritt die KV 2016 damit unsere Interessen, oder drohen uns mit diesen Empfehlungen schon wieder straf- zivil- und berufsrechtliche Konsequenzen?
Die KV 2016, die uns unsere Arbeit vergällt mit Anordnungen, Prüfungen, Regressen, Plausiverfahren und dem Staatsanwalt, schlägt uns ein Verhalten vor, was uns genau wieder die gleichen Probleme bescheren kann.
Und die Kassen versuchen uns ebenfalls - mit Almosen - vom Upcoding zu überzeugen, so dass uns doch fast nichts anderes übrig bleibt als zu funktionieren, sind es doch ein Berufsleben lang diese beiden Institutionen - KV und Kassen - , deren "Paragraphenbriefe" täglich in unseren Praxen ankommen und die viele Kolleginnen und Kollegen erst abends oder sogar erst am WE öffnen.